Tatort Onlinemarktplatz: Gefälschte Hardware auf eBay

Das deutsche Computermagazin „c’t“ hat Grafikkarten auf eBay gekauft. Die Erkenntnis: Auf der Onlineplattform werden haufenweise gefälschte Produkte angeboten. Außerdem habe der eBay-Käuferschutz erst dann funktioniert, als sich die Testkäufer als Journalisten zu erkennen gegeben hatten. Wie man gefälschte Komponenten erkennen kann und was man darüber hinaus beim Hardwarekauf beachten sollte.

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Probleme mit gefälschter Hardware gibt es schon länger. Vor 10 Jahren wurden gefälschte USB-Speichersticks sogar im Fachhandel angeboten. Dies komme heute nicht mehr vor, sagt Christof Windeck, Hardwarespezialist bei „c’t“, dem Magazin für Computertechnik. Abseits des Internets habe der Handel dazugelernt. Gefälschte Hardware finde sich jedoch nach wie vor im Onlinehandel. Konkret gehe es da um Onlineshoppingkanäle, auf denen man Komponenten direkt aus China beziehen könne, so Windeck.

Vorsicht auf Online-Marktplätzen

Die Rede ist vom Online-Marketplace. Auf den Marktplätzen großer Onlineplattformen wie Amazon oder Ebay können Händler Waren aller Art anbieten. Auf diese Weise gelangen auch Produktfälschungen in die Angebotspalette seriöser Onlineunternehmen. Vielen Konsumenten sei oft gar nicht bewusst, dass sie bei einem Partnerhändler einkaufen, so Windeck. Da beispielsweise Amazon die digitale Infrastruktur des Onlineshops bereitstellt, seien etliche Kunden der Meinung, direkt bei Amazon einzukaufen.

Geforce Grafikkarte

AP/Marketwire

Das vermeintliche Top-Modell entpuppte sich als veralteter Elektronikschrott

Amazon nutze hier eine Regulierungslücke innerhalb der Europäischen Union (EU) und sehe sich in so einem Fall nur als Vermittler. Der eigentliche Kaufvertrag werde aber nicht mit Amazon abgeschlossen, sondern mit dem Partnerhändler, der seinen Sitz überall auf der Welt haben könne. Im Fall von gefälschter Hardware seien diese Partnerhändler meist in fernöstlichen Ländern wie China ansässig. Probleme mit dem Amazon-Marktplatz gebe es dennoch kaum, meint der Experte. Gefälschte Hardware, die über den Amazon-Marktplatz bezogen wird, werde in der Regel anstandslos zurückgenommen.

Veraltete Grafikkarten als Top-Modelle angeboten

Anders sei das bei eBay gewesen, so Windeck. Die „c’t“ Redaktion hat über den Onlinemarktplatz zu Testzwecken NVIDEA Grafikkarten bezogen. Ausgewiesen waren diese als Modell GTX-1060, die Preise bewegten sich zwischen knapp 54 und 80 Euro. Ein erstaunlich günstiges Angebot, denn eine GTX-1060 kostet regulär nach wie vor etwa 220 Euro. Die gelieferten Karten erwiesen sich allesamt als Fälschungen, genauere Untersuchungen ergaben, dass die Spezifikationen eher einer GTX-450 entsprachen. Ein wesentlich älteres Modell, die GeForce-400er Serie, kam Ende 2009 auf den Markt. Mit aktuellen Computerspielen kommt so ein Bauteil keinesfalls klar, auch 80 Euro wäre so eine Karte heute wohl keinesfalls wert.

eBay gewährte Käuferschutz nur unter Vorbehalt

Um in der Folge das angewiesene Geld zurückzubekommen, mussten sich die Testkäufer nicht nur mit unseriösen Verkäufern herumschlagen, auch der eBay-Käuferschutz sei nur widerwillig eingeräumt worden. Ein professionelles Gutachten habe eBay zwar nicht verlangt, so Windeck, es sei aber die Bestätigung eines Fachmanns gefordert worden, der nachweist, dass es sich bei der erworbenen Grafikkarte um eine Fälschung handelt. eBay sei zwar bereit gewesen, auch die Expertise eines Computerhändlers zu akzeptieren, jedoch sei der eBay-Käuferschutz erst nach Vorlage dieser Bestätigung aktiviert worden. Außerdem habe eBay verlangt, dass die Karte auf eigene Kosten nach China zu retournieren sei. So eine Rücksendung koste mindestens 16 Euro. Addiert man dazu die 50 Euro, die wohl selbst ein günstiges Gutachten mindestens kostet, entwerte das den als einfach und bequem beworbenen Käuferschutz beträchtlich, so „c’t“. Vor allem, wenn man bedenkt, dass eBay ja lediglich den Kaufpreis rückerstattet.

Micro-SD Speicherkarte

Reuters/Paul Hanna

Gefälschte Speicherkarten haben wesentlich weniger Kapazität als angegeben

Gefälschte Hardware sorgt für reichlich Ärger

Wer gefälschte Hardware verwendet, hat mit unliebsamen Begleiterscheinungen zu rechnen. Das neue Computerspiel wird mit einem Grafikkartenimitat sicher nicht laufen, und gefälschte Mikro-SD-Karten für Kameras werden in der Regel eine wesentlich geringere Speicherkapazität aufweisen als angegeben. Daher würden auch wesentlich weniger Fotos gespeichert als man glaubt. Ohne, dass die Konsumenten das zunächst bemerken, so Hardwarespezialist Windeck, denn auch die Kamera könne nicht erkennen, dass es sich bei der Speicherkarte um eine Fälschung handelt. Der Apparat mache also vermeintlich weiter Aufnahmen, die dann aber nicht gesichert werden. Auch könne man von solchen Medien keine Daten retten, da sie ja nie wirklich geschrieben worden sind.

Gefälschte Akkus können gefährlich werden

Besonders gefährlich ist die Situation bei gefälschten Akkus. Diese können ein nicht zu unterschätzendes Sicherheitsrisiko darstellen. Bei einem explodierenden Smartphone-Akku mag dieses noch überschaubar sein, bei größeren Geräten wie etwa bei E-Bike-Akkus sieht das anders aus. Erst kürzlich ist wegen eines defekten E-Bike-Akkus ein Einfamilienhaus in Deutschland vollständig ausgebrannt. Hier gelte es besonders darauf zu achten, dass nur Originalzubehör zum Einsatz komme, so Windeck.

Bei No-Name-Geräten sei es darüber hinaus schwer, sichere Ratschläge zu geben, meint der Experte. Vor einigen Jahren habe die „c’t“-Redaktion über Amazon zwölf Austauschakkus für Samsung-Smartphones von verschiedenen Verkäufern bezogen. Darunter seien sowohl Händler aus China gewesen als auch Händler, die in Deutschland ansässig waren. Bei keinem der zwölf Akkus habe es sich um Originalware gehandelt, so Windeck. Dies sei auch von Samsung auf Anfrage bestätigt worden.

Günstiger Preis oft zu gut um wahr zu sein

Für den Laien seien gefälschte Bauteile nicht so ohne weiteres zu erkennen. Zwar gebe es Software, die die Leistung von Grafikkarten messen kann, auch Software, um die Speicherkapazität von USB-Sticks und Speicherkarten zu testen, sei verfügbar, so Windeck, dafür müsse man die gefälschten Produkte aber bereits besitzen, und grundsätzlich sollte ja schon der Erwerb gefälschter Hardware-Komponenten vermieden werden.

Konsumenten sollten daher im Zweifelsfall eher auf Originalbauteile der Hersteller zurückgreifen und nur bei garantiert seriösen Onlinehändlern oder im Fachhandel kaufen, rät der Hardwareexperte. Außerdem sollte man sich, bevor man bei einem auffällig günstigen Angebot zuschlägt, darüber informieren, wie viel das entsprechende Produkt im normalen Handel kostet. Hier ist es beispielsweise lohnend, den empfohlenen Richtpreis zu überprüfen. Ein Preisabschlag von mehr als 70 Prozent sei in jedem Fall schon sehr ungewöhnlich, so Windeck.

„Plattformen tun zu wenig gegen unseriöse Händler“

Dass gefälschte Hardware nach wie vor in so hoher Zahl auf den Marktplätzen großer Onlinegesellschaften zu finden ist, kann Windeck eigentlich nicht nachvollziehen. Schon aufgrund manch unseriöser Versprechen müssten die Handelsplattformen eigentlich hellhörig werden. Beispielsweise sei eine Micro-SD-Karte mit einem Terrabyte Kapazität schlichtweg nicht existent. Eigentlich wäre es also mit einem Computer sehr leicht möglich, solche Angebote zu filtern. Der „c’t“-Experte sieht hier die Onlineportale in der Verantwortung: „Nach unserer Meinung und unserer Einschätzung unternehmen diese großen Handelsplattformen viel zu wenig, um seriöse und nicht seriöse Anbieter voneinander zu unterscheiden und die unseriösen auch zu bestrafen.“

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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