Blitzblank desinfiziert Wohnen ist ungesund

Zum Sortiment von Supermärkten und Drogerien zählen zahlreiche Desinfektionsmittel für den privaten Gebrauch, vom Händedesinfektionsgel bis zu antibakteriellen Putzschwämmen und Hygienespülern. Gesund ist dieser Trend nicht: die aggressiven Mittel können der Gesundheit und der Natur schaden.

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Falsches Desinfizieren stärkt Keime

„Desinfektionsmittel sollen gefährliche Keime und somit lebende Zellen rasch töten“, erklärt Marion Jaros von der Wiener Umweltanwaltschaft. In hygienischen Riskobereichen wie Pflegeheimen oder Krankenhäusern werden sie eingesetzt, um Krankheitserreger zu beseitigen. Eigens geschultes Personal ist für die Anwendung verantwortlich und achtet auf die richtige Dosierung und die korrekte Einwirkzeit.

Im Haushalt ist vorbeugendes Desinfizieren unnötig, so die Wiener Umweltanwaltschaft. Der weit verbreitete Einsatz von Desinfektionsmitteln ist gefährlich, weil Keime durch den Kontakt mit zu niedrigen Konzentrationen widerstandsfähiger oder gegen Wirkstoffe resistent werden.

Zu viel Hygiene schadet Mensch und Umwelt

„Desinfektionswirkstoffe töten alle Mikroorganismen.“, so die Biotechnologin Jaros: Krankheitserreger ebenso wie Bakterien, die für den menschlichen Organismus essentiel sind, wie die Mikroorganismen der Haut- oder Darmflora. So haben Desinfektionswirkstoffe unterschiedliche Nebenwirkungen: manche reizen Haut und Atemwege, andere begünstigen Allergien oder stehen unter Verdacht krebserregend oder hormonaktiv zu sein.

Hand unter laufendem Wasser

dpa/dpaweb/dpa-Zentralbild/Z1022 Patrick Pleul

Reicht völlig: Wasser und Seife

Gelangen die Reinigungsmittel nach der Anwendung ins Abwasser, schaden sie auch den Mikroorganismen in den Kläranlagen und schlussendlich den Wasserlebewesen in den Oberflächengewässern, erläutert Jaros.

Hygiene-Spüler haften an der Kleidung

„Regelmäßiges Händewaschen mit gewöhnlicher Seife und Wäschewaschen mit 60 Grad reduzieren in der Regel vorhandene Krankheitserreger auf ein ungefährliches, nicht-infektiöses Maß“, so Jaros. Einer Studie aus dem Jahr 2017 zufolge, sind besonders Hygienespüler problematisch. Sie enthalten hohe Dosen der Wirkstoffe, wie zum Beispiel Benzalkoniumchlorid oder Didecyldimethylammoniumchlorid (DDAC), . Diese haften auch nach dem Waschvorgang noch an den Textilfasern, stehen so ständig in Kontakt mit der Haut und können zu Hautirritationen führen.

„Gerade bei Kleidung von Kindern oder Babys sollte man Hygienespüler nicht verwenden“, so Jaros. Eine Wäsche-Desinfektion sei nur nur notwendig, wenn delikate Wäsche mit Krankheitserregern oder Pilzsporen kontaminiert ist. Für den punktuellen Einsatz benötigt man nur eine kleine Menge des Mittels - die große Packungseinheit sei übertrieben, so Jaros.

Nur im Ernstfall sprühen

Die Werbung suggeriert, dass Sauberkeit nur mit Desinfektionsmitteln möglich ist. Das sei laut Jaros nicht der Fall: keine Studie bestätige, dass Menschen seltener krank werden, wenn sie ihre Umgebung regelmäßig desinfizieren. Routinemäßiges, präventives Desinfizieren empfiehlt die Wiener Umweltanwaltschaft nicht.

Handdesinfektion im Krankenhaus

APA/dpa/Maja Hitij

Desinfektionsmittel sind nur bei Krankheit und Immunschwäche sinnvoll

Der Einsatz von Desinfektionsmitteln sei sinnvoll, wenn ein Familienmitglied krank sei oder an einer Immunschwäche leide. Um in diesen Fällen ein wirksames Präparat zu finden und dieses auch richtig anzuwenden, rät Jaros, sich beim Arzt zu informieren. Die Wiener Umweltanwaltschaft tritt dafür ein, dass desinfizierende Haushaltsreiniger kleiner verpackt in Apotheken verkauft werden; mit fachkundiger Beratung.

Johanna Steiner, help.ORF.at

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