Schäden durch Dachausbau: Was Mieter tun können

Gründerzeithäuser gehören zum Kulturerbe Wiens. Wer an ihnen hinaufblickt, entdeckt häufig aufwendige Dachaufbauten. Dachwohnungen sind begehrt und für Hauseigentümer lukrativ. Für die betroffenen Altmieter kann so ein Dachausbau allerdings zur echten Tortur werden, wie der Fall einer Mieterin zeigt. Wassereinbruch und Schimmelbefall inklusive.

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In der Schulgasse 23 im 18. Wiener Gemeindebezirk ist ein Dachausbau im Gange. Es sei mit Lärm- und Staubbelästigungen zu rechnen, erfuhr eine dort ansässige Mieterin im November 2017 von ihrer Hausverwaltung, der CPI Hausverwaltung GmbH. Im vergangenen Jänner begannen die Bauarbeiten. Das Dach sei entfernt und nur notdürftig abgedichtet worden, erzählt die Mieterin. Seitdem komme es regelmäßig zu Wassereinbrüchen, ihre Wohnung sei mittlerweile de facto unbewohnbar.

Fünf Wassereinbrüche: Es floss von Decke und Wänden

Help.ORF.at war vor Ort. Das Haus befindet sich offensichtlich in keinem guten Zustand. Das Dach fehlt nach wie vor, an den Wänden klebt Schimmel, es riecht modrig wie in einem feuchten Kellerabteil. Auch in der betroffenen Wohnung sind Schimmelflecken zu sehen. Vieles ist abgedeckt – hinsetzen sollte man sich nicht, die Feuchtigkeit hat die Sitzmöbel durchzogen.

Wassereinbruch in Wohnung

Eigentum der Mieterin

Ohne Dach kommt es regelmäßig zu Wassereinbrüchen

Mittlerweile habe sie fünf große Wassereinbrüche gehabt, erzählt die betroffene Mieterin, wobei der letzte am ersten Septemberwochenende nun den Totalschaden ihrer Wohnung verursacht habe. Die Schäden lassen sich nur notdürftig beheben, gelegentlich werde der Schimmel von den Arbeitern von der Wand gekratzt. Doch jeder Regen bringe den nächsten Wassereinbruch, und die Probleme beginnen von vorn. Im Wohnzimmer und in der Küche sei das Wasser gestanden, es sei von der Decke und den Mauern geronnen.

Polstermöbel haben Schimmelgeruch angenommen

Möbel und Hausrat der gebürtigen Niederösterreicherin sind durch die derzeitigen Bedingungen stark in Mitleidenschaft gezogen. Auch ohne direkte Schäden haben vor allem die Polstermöbel einen modrigen Schimmelgeruch angenommen, wie man ihn aus feuchten Kellerabteilen kennt. Vor sechs Monaten habe sie sich erstmals an die Hausverwaltung gewandt, deren Unterstützung habe sich aber in Grenzen gehalten. Man habe lediglich angekündigt, dass man der zuständigen Baufirma Bericht erstatten werde. Zwar seien ihr Übergangswohnungen angeboten worden, die aber meist nicht adäquat und vor allem zu teuer gewesen seien, wie sie sagt.

Schimmelfleken an Wand

Eigentum der Mieterin

Großflächige Schimmelflecken an den Wänden der Mieterin

Die Hausverwaltung ist Teil der CPI-Immobilien GmbH. Laut firmeneigener Webseite ist diese „seit 20 Jahren ein verlässlicher Partner privater und institutioneller Investoren, die sich für eine Veranlagung in Wiener Wohnimmobilien entscheiden.“

Nur oberflächliche Stellungnahme der Hausverwaltung

Eine konkrete Stellungnahme zu dem Zustand des Hauses und der Art des Bauvorhabens haben wir trotz mehrmaliger Nachfrage nicht erhalten. In einem Schreiben des Geschäftsführers heißt es lediglich: „Es wurde rasch erfreulicherweise eine Lösung gefunden. Heute Abend besichtigt die Mieterin eine Übergangswohnung, und selbstverständlich übernimmt der Eigentümer sämtliche Kosten.“ Die Wohnungsmieterin bestätigt, dass ihr nach Intervention durch help.ORF.at nun eine Airbnb-Wohnung inklusive Parkplatz in der Nähe der Wirtschaftsuniversität (WU) zur Verfügung gestellt werde. Zunächst vorübergehend für sechs Wochen, wie sie sagt.

„Bei Dachausbau sind Unannehmlichkeiten die Regel“

Sechs Wochen mögen reichen, um die derzeitigen Schäden an der Wohnung in der Schulgasse kurzfristig zu beseitigen, dass das Objekt danach längerfristig bezogen werden kann, müsse allerdings bezweifelt werden, meint Walter Rosifka, Wohnrechtsexperte der Arbeiterkammer (AK) Wien. Wenn ein Dach entfernt werde, um aufzustocken und neuen Wohnraum zu schaffen, habe man es mit einem umfassenden Eingriff zu tun. Selbst der beste Baumeister könne nicht verhindern, dass die darunter wohnenden Mieter in Mitleidenschaft gezogen würden. Um weitere Wassereinbrüche zu vermeiden, müssten die Arbeiten zuerst komplett abgeschlossen sein und das Haus wieder über ein richtiges Dach anstelle des Provisoriums verfügen.

Haus Schulgasse 23 ohne dachstuhl

Eigentum der Mieterin

Dach und Dachstuhl der Schulgasse 23 wurden entfernt

Mietzinsbefreiung oder Übergangswohnung

Altmieter haben in solchen Situationen aber durchaus Rechte und sollten sich beispielsweise keineswegs aus Wohnungen vertreiben lassen. Bei wesentlichen Beeinträchtigungen könne man stets eine Entschädigung verlangen, so Rosifka. Sollte eine Wohnung durch Bauarbeiten tatsächlich unbewohnbar sein, sei man einerseits natürlich vom Mietzins befreit, auf der anderen Seite müsse der Vermieter in so einem Fall aber auch die Kosten einer Ersatzwohnung übernehmen.

Wer vom Vermieter kein Ersatzquartier zur Verfügung gestellt bekommt, der könne sich auch selbst eine Unterkunft suchen und die Kosten dem Vermieter in Rechnung stellen. Außerdem müsse dieser auch Lagerkosten ersetzen, die etwa durch das Einlagern von Möbeln anfallen können.

Wasser an Wänden und Decke nach Wassereinbruch in Wohnung

Eigentum der Mieterin

Nach dem Regen floss das Wasser von der Decke und den Wänden

„Erlittenes Ungemach“ muss kompensiert werden

Darüber hinaus sei man für das so genannte „erlittene Ungemach“ angemessen zu entschädigen, so Wohnrechtsexperte Rosifka. Man habe also gemäß Paragraph 8 des Mietrechtsgesetzes (MRG) eine sehr breite Anspruchsgrundlage, demgemäß alle Beeinträchtigungen, die durch Bauarbeiten entstehen, finanziell abgegolten werden müssen. Um seine Rechte durchzusetzen, könne man sich an ein Bezirksgericht oder, sofern vorhanden, an eine Schlichtungsstelle wenden. Schlichtungsstellen für wohnrechtliche Angelegenheiten gibt es in Ballungsräumen, in Wien ist beispielsweise die MA 50 zuständig. Sinnvoll sei auch die Mitgliedschaft bei einer Mieterorganisation, um in solchen Fällen eine entsprechende Rechtsberatung und Unterstützung zu erhalten, so Rosifka.

Bei Problemen hilft die staatliche Schlichtungsstelle

Für den Fall, dass sich ein Hauseigentümer entschließt, einen Altbau abzureißen, statt ihn zu sanieren, verlieren die Mietverträge der Altmieter allerdings ihre Gültigkeit. In so einem Fall müsse der Hauseigentümer zwar ein Ersatzquartier zur Verfügung stellen, dieses müsse sich aber nicht zwangsläufig in derselben Gegend oder gar derselben Straße befinden. Auch könne es sein, dass die Miete des neuen Objekts teurer ausfällt. Der neue Mietzins müsse aber angemessen sein und dürfe die finanziellen Möglichkeiten des betroffenen Mieters nicht überfordern. Ob dies der Fall sei, und wie hoch der neue Mietzins ausfallen darf, sei im Zweifelsfall von einem Gericht zu entscheiden.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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