Latex oder Federkern? Matratzen im Test

Laut Umfrage schlafen Österreicherinnen und Österreicher im Schnitt 7,2 Stunden pro Tag. Hochgerechnet auf eine Lebenszeit von 81 Jahren verbringen wir also stolze 24,3 Jahre in Ruhestellung. Dementsprechend groß ist die Auswahl an Produkten, die ein gesundes und angenehmes Schlaferlebnis versprechen. Worauf Konsumenten bei der Wahl der richtigen Matratze achten sollten.

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Matratzen gibt es für alle Gewichtsklassen und jeden Körperbau. Moderne Bettsysteme bieten vielfältige Einstellungsmöglichkeiten und versprechen, die Wirbelsäule optimal zu stützen. Die Begeisterung über einen justierbaren Lattenrost hält sich bei Hans Peter Brix, seit über 20 Jahren der Matratzenexperte bei der deutschen Stiftung Warentest, aber in Grenzen. Man habe festgestellt, dass bewegliche Lattenrostsysteme den Schlafenden zwar in der Seitenlage gut abstützen, sobald sich dieser aber dreht, hängt der Körper durch wie in einer Hängematte. Brix verweist darauf, dass Menschen ihre Schlafposition etwa dreißigmal pro Nacht wechseln. So liegen auch Rückenschläfer des Öfteren auf dem Bauch und Bauchschläfer befinden sich nicht selten in der Seitenlage.

Eine gute Matratze muss das Becken optimal stützen

Stiftung Warentest empfiehlt einen einfachen, starren Lattenrost. Die Hauptaufgabe der guten Abstützung des Körpers müsse allein die Matratze erledigen können, so der Experte. Diese sollte vor allem im Beckenbereich nicht nachgeben, da dies sonst den eben beschriebenen Hängematteneffekt auslösen würde. Brix empfiehlt, die Matratze erst einmal einige Zeit zu Hause auszuprobieren, bevor man sich zum Kauf entschließt. Manche Händler bieten dieses Service an. Ist das nicht möglich, sollte man die Entscheidung zumindest nicht alleine treffen.

Aufbau einer Federkernmatratze

Stiftung Warentest

Aufbau einer Federkernmatratze

Vorteilhaft sei es, zumindest noch eine zweite Person zum Kauf mitzunehmen. Diese könne dann beispielsweise überprüfen, ob die Wirbelsäule beim Probeliegen zwischen dem ersten beziehungsweise dem letzten Nackenwirbel und dem Steißbein wirklich eine gerade Linie bildet, so Brix. Sei dies der Fall, so befinde man sich zumindest schon einmal ergonomisch in einer optimalen Liegeposition.

Federkern für Schwitzer - Kaltschaum für Fröstler

Was das Material betrifft, haben Kunden in mehrfacher Hinsicht die Qual der Wahl. Soll es eine Federkernmatratze, eine Kaltschaummatratze oder eine Latexmatratze sein? Für Menschen, die in der Nacht stark schwitzen, sei Schaumstoff oder Latex wohl die falsche Wahl, so Brix. Der Experte rät in diesem Fall zu einer Federkern- oder im Optimalfall zu einer Taschenfederkernmatratze. Diese sei am Besten in der Lage, die ausströmende Wärme an die Umgebungsluft abzugeben.

Wer eher fröstelt, dem sei eine Kaltschaummatratze ans Herz gelegt. Diese sei auch für schwere Menschen gut geeignet, es können sich aber mit der Zeit Druckstellen bilden. Auch die eher teuren und schweren Latexmodelle seien in erster Linie für Fröstler empfehlenswert, sie versprechen ein angenehmes Liegegefühl, bleiben in der Form stabil und bieten lange Haltbarkeit, so Matratzenexperte Brix.

Harte Matratze hilft nicht bei Rückenschmerzen

Allzu euphorischen Gesundheitsversprechen solle man eher keinen Glauben schenken, meint Brix. Eine Matratze alleine könne etwa Rückenbeschwerden nicht wirklich wesentlich lindern und schon gar nicht heilen. Die These, dass man bei Rückenschmerzen in jedem Fall auf einer harten Matratze schlafen soll, sei mittlerweile überholt, auch Orthopäden seien von dieser Empfehlung mittlerweile abgerückt. Wie hart oder weich man liegen möchte, ist also letztlich eine reine Geschmacksfrage.

Partnermatratzen, die sich für ein Doppelbett eignen, können übrigens auch mit zwei verschiedenen Kernen angefertigt werden. Diese Kerne können unterschiedlich hart sein. Je nach Geschmack könne dann beispielsweise der schwerere Partner auf dem härteren Matratzenteil liegen und der Leichtere findet auf einer angenehm weichen Unterlage seine Ruhe. Es gebe sogar Systeme, bei denen man die zwei getrennten Matratzen über einen so genannten Partnerreißverschluss miteinander verbinden könne, so Brix: „Damit entfällt eben auch die Besucherritze, wo man sich gelegentlich vielleicht nicht wohlfühlt, wenn man in der Mitte der Matratze liegt.“

Preis sagt wenig über die Qualität aus

Die Preisunterschiede bei Matratzen sind beträchtlich. Von wenigen hundert bis mehreren tausend Euro reicht die Palette. Über die Qualität sage der Preis aber relativ wenig aus, meint Brix. Natürlich würden sehr teure Matratzen häufig aus teureren Materialien wie Baumwolle gefertigt, und sie seien vielleicht da und dort besser verarbeitet - auf die Stützeigenschaft und somit auf das wichtigste Kriterium bei der Qualitätsbewertung einer Matratze habe das Material aber kaum Einfluss. Eine gute Matratze könne man auch mit vergleichbar günstigen Rohstoffen produzieren, sagt der Experte.

Über 20 Jahre hat Hans Peter Brix für die Stiftung Warentest die Qualität von Matratzen beurteilt. Nun verabschiedet sich der erfahrene Prüfer in Richtung Pension. Aus diesem Anlass hat Stiftung Warentest noch einmal alle Testmodelle der vergangenen zehn Jahre unter die Lupe genommen. Testsieger ist erneut die Schaumstoffmatratze Bodyguard (Note 1,8 - Gut) des günstigen Onlineanbieters bett1.de. Sie ist ab 159 Euro erhältlich. Den zweiten Platz teilt sich die Taschenfederkernmatratze Malie Polar (Note 2,2 - Gut),die um etwa 170 Euro zu bekommen ist, mit der Novitesse Memolux 90, einer Schaumstoffmatratze, die allerdings nur in Deutschland bei Aldi-Nord erhältlich ist.

Industrie: Schwere Vorwürfe gegen Stiftung Warentest

Der Matratzentest 2018 von Stiftung Warentest hat übrigens für einige Aufregung gesorgt und raubt mittlerweile wohl so manchem Hersteller den Schlaf. Die Mitbewerber stört, dass die Bodyguard erneut zum Testsieger gekürt wurde, diese wird als „Antikartellmatratze“ beworben. In diesem Zusammenhang hat der deutsche Fachverband Matratzenindustrie der Stiftung Warentest unter anderem Irreführung der Konsumenten vorgeworfen. Der Test würde dem Markt und der Angebotsvielfalt schaden.

Einstweilige Verfügung gegen den Fachverband

Mittlerweile hat das Landgericht Köln mittels einstweiliger Verfügung angeordnet, dass der Industrieverband einige der per Presseaussendung gemachten Vorwürfe nicht mehr erheben darf. Stiftung Warentest beharrt jedenfalls auf ihren Ergebnissen. In einer Stellungnahme heißt es: „Die Body­guard-Matratze von bett1.de ist die beste bisher von uns untersuchte Matratze. Und wir haben das Ergebnis inzwischen auch mehrmals über­prüft; dafür wurde die Matratze immer neu anonym einge­kauft. Wir sehen uns hier gegen­über unseren Lesern und Internetnutzern in der Pflicht, auf dieses Produkt immer wieder hinzuweisen, zumal es mit etwa 200 Euro eher im unteren Preis­bereich angesiedelt ist."

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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