„Open Banking“ erlaubt Zugriff auf Bankdaten

Ab dem kommenden Jahr müssen Banken die Kontodaten ihrer Kunden an Dritt-Unternehmen weitergeben, sofern diese das wünschen. Man spricht von Open Banking. Auf diese Weise könnten dann Zahlungen schneller direkt vom Dritt-Anbieter abgewickelt werden. Aus Sicht des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) sollten Konsumenten aber genau darauf achten, wem sie ihre Daten zur Verfügung stellen.

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Man stelle sich vor, Google, Facebook und Co. würden alle finanziellen Angelegenheiten ihrer Kunden regeln: Sie würden Zahlungen leisten, den günstigsten Stromanbieter wählen, Theater- oder Konzertkarten beschaffen und vor dem Urlaub noch schnell eine Reiseversicherung abschließen. Noch ist das Zukunftsmusik - all diese Möglichkeiten sollen jedoch nach Ansicht des Unternehmensberaters A.T. Kearney in der Idee des „Open Banking“ stecken. Voraussetzung für diese Zukunftsvision ist, dass die Banken die Kontodaten ihrer Kunden an Dritte weitergeben. Dritt-Unternehmer knüpfen beim „Open Banking“ an das Internetbanking der Hausbank an und können dann etwa mittels Smartphone-App Kontoinformationsdienste oder alternative Zahlungsmöglichkeiten anbieten.

Steigen Amazon und Google ins Bankgeschäft ein?

Solche Dritt-Anbieter seien meist kleinere Unternehmen oder Start-ups, so genannte Fintechs (Abk. für Financial Technology), die sich im Bereich Finanzdienstleistungen spezialisiert haben. Es sei aber nicht auszuschließen, dass sich auch größere Unternehmen, etwa Onlineshops wie Amazon oder Suchmaschinen wie Google, in näherer Zukunft in diesem Segment engagieren werden, meint der Jurist Joachim Kogelmann, er ist beim Verein für Konsumenteninformation (VKI) für Finanzdienstleistungen zuständig.

Eine Person hält ein Smartphone mit virtueller Bankomatkarte über ein Karten-Lesegerät.

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Moderne Technik ändert den Zahlungsverkehr grundlegend

Angeregt durch die modernen Innovationen im elektronischen Zahlungsverkehr wie die elektronische Geldbörse oder das Bezahlen via Smartphone-App, drängen Fintechs in letzter Zeit verstärkt auf den Markt. Damit diese ihre Dienste leichter an potentielle Kunden bringen können, hat die EU-Kommission im Rahmen der zweiten EU-Zahlungsdiensterichtlinie (PSD II) eine entsprechende Grundlage geschaffen. Ab dem kommenden Jahr müssen Banken ihre Kundendaten, beispielsweise Kontostände oder Zahlungsein- oder -ausgänge, mit Drittanbietern teilen, sofern der Kunde das wünscht.

Kundenzustimmung zur Datenweitergabe erforderlich

Die neuen Regelungen bieten aus Sicht des VKI-Juristen den Vorteil, dass sie auch mehr Rechtssicherheit für Konsumentinnen und Konsumenten schaffen. So seien diese Drittanbieter nun erstmals auch aufsichtsrechtlich und haftungsrechtlich erfasst. Bislang seien sie in einem regulatorischen Graubereich tätig gewesen, so Kogelmann.

Die Freigabe der Bankdaten ist wie erwähnt nur dann möglich, wenn Kunden ihre Zustimmung erteilen und die Bank vom Bankgeheimnis entbinden. In welcher Form diese Entbindung stattfinden soll, sei noch nicht restlos geklärt und dürfte in näherer Zukunft noch Anlass für Debatten liefern. Sind die Daten einmal freigegeben, dann kann ein Unternehmen Finanzdienste beispielsweise über eine App anbieten. Ein Fintech könnte dann etwa eine App programmieren, mit der sich Konsumenten fünf Konten in einer Übersicht anzeigen lassen können. Darüber hinaus kann das Unternehmen auch Zahlungen durchführen. Etwa dann, wenn der Kunde im Internet einkauft und über keine Kreditkarte verfügt.

Kreditkarten

ORF.at/Christian Öser

„Open Banking“ erleichtert Onlinezahlungen ohne Kreditkarte

Daten könnten bei Partnerunternehmen landen

Die Sache hat aber auch einen Haken. Bankdaten sagen eine Menge über die Kontobesitzer aus. Wer etwa einen Kontoinformationsdienst beauftragt, um via App eine bessere Übersicht über seine Konten zu erhalten, der müsse damit rechnen, dass Kontostände und Kontobewegungen abgefragt und auch gespeichert werden. Dies kann unter anderem sowohl eingehende als auch ausgehende Zahlungen betreffen. Auf diese Daten hätte das Unternehmen dann Zugriff, so Kogelmann.

Zwar kann man eine Zustimmung zur Datenfreigabe widerrufen, dies gelte aber nicht rückwirkend. Und selbst wenn man eine Löschung der Daten beantragt, was rechtlich möglich ist, dann müssen Verbraucher davon ausgehen, dass gewisse Daten etwa aus steuerrechtlichen Gründen oder um Klagen abzuwehren weiter gespeichert bleiben. Darüber hinaus könne nicht ausgeschlossen werden, dass die freigegebenen Kontodaten gemäß der jeweiligen AGB-Richtlinien auch an Partnerunternehmen weitergegeben werden können. Dies sei gemäß der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zwar nur unter streng geregelten Voraussetzungen möglich, so Kogelmann, könnte dem Verbraucher aber ein aufwändiges Studium diverser Datenschutzbestimmungen abverlangen, um zu verhindern, dass etwa Kontostände bei einer Vielzahl von Partnerunternehmen landen.

WKO-Vertreter Rudorfer sieht Angelegenheit „sportlich“

Ob sich die Vision des Unternehmensberaters A.T. Kearney vom „Open Banking“ als Finanzberatung in allen Lebenslagen durchsetzen wird, wird nicht zuletzt vom Kundenvertrauen abhängen, das die Konsumenten dieser neuen Möglichkeit entgegenbringen. Einer aktuellen Studie von A.T. Kearney zufolge sind Österreicherinnen und Österreicher derzeit eher skeptisch. Nur 24 Prozent wären bereit, Drittanbietern Zugriff auf ihre Bankkonten zu gewähren.

Franz Rudorfer, Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), sieht die Sache, wie er gegenüber help.ORF.at bestätigt, „sportlich“. Klar gebe es durch „Open Banking“ eine zusätzliche Konkurrenz für den heimischen Bankensektor, er gehe aber davon aus, dass die Kunden in Fragen der Datensicherheit ihr Vertrauen auch weiterhin in ihre Hausbank setzen werden. VKI-Jurist Kogelmann ergänzt: „Verbraucher haben die Datenhoheit und sollten daher auch gut überlegen, wem sie die Daten geben. Ob sie die Daten einer App anvertrauen oder der Hausbank. Verbraucher sollten sich auch bewusst sein, dass sie bei Verwendung einer derartigen App noch eine Spur gläserner werden.“

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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