"Gold-Plating-"Liste: Verbraucherschutz betroffen

Die seit gestern heiß debattierte „Gold-Plating“-Liste von Wirtschaftsinteressensvertretern betrifft offenbar in 70 Punkten auch den Verbraucherschutz. So sollen Bankomatgebühren von Drittanbietern wieder verrechnet werden dürfen und Verbandsklagen gegen unverständliche Vertragsklauseln unmöglich gemacht werden.

Die vollständige „Gold-Plating“-Liste hat der neu gegründete „Verbraucherschutzverein“ des Konsumentenschützers und ehemaligen Liste-Pilz-Abgeordneten Peter Kolba online veröffentlicht. Darin sind insgesamt 489 Punkte gelistet, in denen europäische Vorgaben aus Sicht der Wirtschaft in Österreich übererfüllt werden und korrigiert werden sollten. Das Papier sei echt, so Kolba gegenüber help.ORF.at, und beinhalte 70 Änderungswünsche, die Verbraucherschutzbestimmungen betreffen.

Wirtschaft möchte Transparenzgebot für Vertragsklauseln abschaffen lassen

Als „ärgste Änderung“ bezeichnete Kolba den Wunsch, unverständliche Vertragsklauseln nicht mehr mittels Verbandsklage bekämpfen zu lassen. Gegenwärtig kann so etwa der Verein für Konsumenteninformation (VKI) gegen unverständliche Klauseln vorgehen. Bekommt der VKI recht, sind diese Klauseln unwirksam (nichtig). Diese sogenannte Nichtigkeitssanktion soll nach Wunsch von Wirtschaftsvertretern abgeschafft werden. Die Folge, so Kolba, langjähriger Chef-Jurist des VKI: Die Möglichkeit der Verbandsklage wäre nicht mehr gegeben, betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher könnten beispielsweise wegen unverständlicher Verträge zu viel gezahlte Gebühren nicht mehr zurückfordern.

Zentrale Bedeutung hatte die Nichtigkeitssanktion etwa in einer Klage des VKI gegen die Grazer Einkaufsgemeinschaft Lyoness. Der Oberste Gerichtshof (OGH) erklärte im Juli 2017 61 Klauseln der Geschäftsbedingungen von Lyoness für gesetzwidrig, weil undurchsichtig und unnötig schwer verständlich formuliert. Der VKI startete daraufhin eine Sammelaktion für betroffene Kunden.

Banken hätten Bankomatgebühr gerne wieder

Ebenfalls betroffen ist laut Kolba die erst seit Jahresbeginn verbotene Verrechnung von Bankomatgebühren. Verlangt ein Drittanbieter für die Verwendung seiner Automaten ein Entgelt, darf die eigene Bank diese Gebühren in den meisten Fällen nicht verrechnen. Zulässig ist das nur bei Kontoverträgen, in denen Einzelverrechnung für Bankomatbehebungen vereinbart wurde. Diese Bestimmung möchten Wirtschaftsvertreter als unnötiges „Gold-Plating“ abschaffen lassen. Weitere Änderungwünsche betreffen ebenfalls Bank- und Kreditgeschäfte. So soll die Verpflichtung, Basiskonten einzurichten, reduziert werden und das Limit für Entschädigungsforderungen der Bank bei vorzeitiger Rückzahlung eines Verbraucherkredits fallen.

Justizministerium: Ampelsystem bei „Gold-Plating“-Projekt

Das zuständige Justizministerium (BMVRDJ) hat gestern auf die Diskussion rund um die „Gold-Plating“-Liste reagiert. Beim „Gold-Plating“-Projekt des Ministeriums, das zum Ziel hat, „Übererfüllung von EU-Rechtsvorschriften zurückzunehmen“, gebe es ein Ampelsystem: „Grün bedeutet: Gold-Plating, das sofort zurückgenommen werden kann. Gelb bedeutet: eventuell Gold-Plating; muss näher geprüft werden; Wenn Zurücknahme, dann mittelfristig. Rot bedeutet: kein Gold-Plating, wird auf keinen Fall zurückgenommen. Hier fallen soziale Schutzstandards hinein“, heißt es in einer Aussendung. Die Frage, in welche dieser Kategorien die betroffenen Verbraucherschutzbestimmungen fallen, ließ das Ministerium gegenüber help.ORF.at auch auf mehrmaliges Nachfragen unbeantwortet.

Link:

Mehr zum Thema: