Teure Rückkehr von günstigen „Bildungsreisen“

Mit günstigen Preisen wirbt der Veranstalter Reise Service Deutschland (RSD) für Rundreisen auf Kreta. Teil dieser „Studienreisen“ ist der Besuch von Handwerksbetrieben, wo Teppiche und Schmuck verkauft werden. Die dort erstandenen Souvenirs können teuer kommen, ein Rücktritt vom Kaufvertrag ist schwierig. Das Europäische Verbraucherzentrum Österreich (EVZ) rät zu Vorsicht.

Es klang verlockend: Eine achttägige Rundreise auf Kreta mit Ausflügen zu Sehenswürdigkeiten, Flug und Unterkunft in Vier- und Fünf-Sterne-Hotels inbegriffen, zum Preis von ungefähr 500 Euro. Im Pauschalangebot des Veranstalters RSD auch mit dabei: Besuche bei Schmuckgeschäften und Teppichhändlern, „um die Handwerkstradition kennen zu lernen“ wie es im Prospekt hieß.

Urlauber zum Kauf von Schmuck gedrängt

„Die Werkstättenbesuche sind jedoch oft wie eine Verkaufsveranstaltung“, so Andreas Herrmann, Jurist beim EVZ. Teilnehmer solcher Reisen hätten sich bei den Konsumentenschützern beschwert, dass dabei Druck auf sie ausgeübt worden sei, etwas zu kaufen. „Wir wurden getrennt und jeder einzelne von uns in einen eigenen Raum geleitet, wo ein Verkaufsgespräch begann“, so die Schilderungen. Dabei sei mehrfach darauf hingewiesen worden, dass die Preise nur heute gelten würden und die anderen Teilnehmer der Reisegruppe ihre Käufe bereits erledigt hätten.

Die antiken Statuen von Karyatis im Erehtheio der Akropolis in Athen

EPA/Orestis Panagiozou dpa

Studienreisen versprechen Einblicke in Kultur und Handwerkstraditionen

Eine Konsumentin ließ sich so zum Kauf von Schmuck überreden, für den sie nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub 17.000 Euro bezahlen sollte. Als sie den Kauf rückgängig machen wollte, sei sie von der griechischen Firma unter Druck gesetzt worden. Auf Intervention des EVZ habe das Schmuckatelier die Forderung zunächst auf 12.000 Euro heruntergeschraubt. Die Urlauberin übergab den Fall schließlich ihrer Rechtsschutzversicherung. Das Verfahren läuft noch.

Der Trick mit dem Antirutschband beim Teppich

Dabei gilt innerhalb der EU bei solchen Geschäften ein vierzehntägiges Rücktrittsrecht. Ausnahmen gibt es, etwa wenn ein Schmuckstück graviert wurde. Das Rücktrittsrecht erlischt auch, wenn etwas eigens für den Käufer angefertigt wurde. Bei der Besichtigung einer Teppichknüpferei seien die Urlauber überredet worden, zusätzlich zum Teppich ein Antirutschband mit zu bestellen. Das hätten die Firmen dann zum Vorwand genommen, um einen Rücktritt vom Kauf abzulehnen, so das EVZ. Beim Verkaufsgespräch sei den Touristen noch versichert worden, dass sie für den Teppich ein lebenslanges Rückgaberecht ohne Wertverlust hätten.

EVZ-Jurist Herrmann vermutet einen Trick, denn dieses Antirutschband ließe sich vermutlich problemlos wieder entfernen. In vielen Fällen sei es auch noch nicht am Teppich montiert gewesen, bevor der Widerruf eintrat. Aus Sicht des EVZ muss dieser Kauf rückgängig gemacht werden. „Die Firmen wollen da aber natürlich nur das Geld haben“, so Herrmann. Auch hier ging es um hohe Summen. Eine Konsumentin sollte laut EVZ 7.000 Euro für einen solchen Teppich zahlen. Nach Intervention der Verbraucherschützer lenkte die griechische Firma ein.

Wie Käufe rückgängig gemacht werden

Der Veranstalter RSD schreibt auf Anfrage von help.ORF.at, dass man nichts davon wisse, dass Händler bei den Werkstättenführungen Druck ausüben würden. „Die Teilnahme an den Führungen liegt im Ermessen der Kunden selbst, ebenso wie der Kauf von Waren. RSD hat weder auf einen etwaigen Kauf, noch auf die Einkaufsbedingungen einen Einfluss“, so die schriftliche Stellungnahme des Reiseveranstalters.

Touristen in einem Lederwarengeschäft

Andreas Solaro / AFP

Auch Lederwaren sind beliebte Mitbringsel von Urlaubsreisen

Das EVZ empfiehlt, vorschnell unterschriebene Verträge innerhalb von 14 Tagen schriftlich beim Handwerksbetrieb zu widerrufen und bietet kostenlos Hilfe an, wenn es Probleme mit der Erstattung der Anzahlung gibt. Andreas Herrmann rät, sich auch an den Reiseveranstalter zu wenden, da es sich um eine Pauschalreise handelt. Der Veranstalter als Vertragspartner des Konsumenten sei für die gesamte Abwicklung zuständig. „RSD hat das Programm erstellt und die Betriebe ausgesucht und damit auch eine Verantwortung“, so der Jurist.

Vorsicht bei Urlaubsschnäppchen

Der Veranstalter sieht sich hier nicht ganz so in der Pflicht, da „RSD hinsichtlich der Einkäufe keine Vertragspartei ist“ und die Einflussmöglichkeiten daher begrenzt seien. „Falls unsere Kunden unsere Unterstützung bei Reklamationen zu den von ihnen erworbenen Konsumgütern wünschen, benötigen wir alle Kaufunterlagen, die wir dann gerne unverbindlich an die lokale Agentur vor Ort weiterleiten“, so die Stellungnahme gegenüber help.ORF.at. Wie die Seriosität der Handwerkbetriebe überprüft wird, ließ RSD offen. Ebenso die Frage, ob die Reisen deshalb günstiger angeboten werden, weil diese Firmen einen Teil der Kosten übernehmen.

EVZ-Experte Herrmann rät jedenfalls zu Vorsicht bei solchen „Bildungsreisen“. Es gehe nicht darum, jemanden von einer Reise abzuschrecken. Wer gerne Schnäppchen erwirbt, solle das auch tun. Nur sollte man vor Ort gewappnet sein, dass es sich um eine Verkaufsveranstaltung handeln kann. „Und dann muss man beinhart bleiben, alle Versuche abwimmeln,seinen Standpunkt vertreten und sagen: ‚Nein, man hat kein Interesse‘“, so der EVZ-Experte.

Karin Fischer, help.ORF.at

Link:

Mehr zum Thema: