Kaum Bio oder Fairtrade - Greenpeace überprüft Kaffee

Kaffeekapseln stehen nach wie vor hoch im Kurs. Doch so anhaltend der Trend auch ist, so wenig nachhaltig ist er. Umweltorganisationen ist der Kaffeegenuss auf Knopfdruck seit jeher ein Dorn im Auge. Auch der aktuelle Greenpeace-Marktcheck bestätigt, dass es zwar Unmengen an Kapseln und Pads in den Supermärkten gibt, kaum aber biologische oder fair gehandelte Produkte.

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Für ihren aktuellen Marktcheck hat die Umweltschutzorganisation Greenpeace das Kaffeeangebot österreichischer Supermärkte durchforstet. Die aus Sicht der Umweltorganisation ernüchternde Erkenntnis: Bio- und Fairtrade-Produkte führen nach wie vor ein Nischendasein – Pads und Kapseln geben den Ton an. Aus ökologischer Sicht eine mehr als bedenkliche Entwicklung, sagt Nunu Kaller, Konsumentensprecherin von Greenpeace Österreich. Das Problem fange beim Aluminium an, das für die Kapseln verwendet werde, die Aluminiumproduktion sei massiv umweltschädlich, so Kaller. Und das alles für ein Produkt, das sich nach einer Verwendungsdauer von rund 30 Sekunden in Müll verwandelt habe.

Kaller: Ein Kilo Kapselkaffee kostet bis zu 80 Euro

Laut Stiftung Warentest waren in Deutschland im Jahr 2014 500 Müllwagen notwendig, um 5.000 Tonnen Kapselmüll abzutransportieren. Wie viele Kapseln in Österreich jedes Jahr im Müll landen, lässt sich nicht eruieren; auch nicht auf regionaler Ebene. Der für Abfallbeseitigung in Wien zuständigen MA48 liegen dazu keine Zahlen vor. Die Tendenz dürfte aber auch hierzulande steigend sein.

Kaffeetasse Packungen und Bohnen - Symbolbild

Greenpeace / Mitja Kobal

Kampf der Kapsel - Greenpeace rät dringend zu Bio- und Fairtrade-Produkten

Die „Absurdität der Kaffeekapsel“ werde auch deutlich, wenn man sich einmal die Mühe mache, den Kilopreis von Kapselkaffee zu errechnen, so Kaller. Dieser liege je nach Marke bei 60 bis 80 Euro. Ein schlechtes Geschäft, meint die Umweltexpertin. Vor allem, wenn man die Kosten, die durch die ökologischen Schäden verursacht werden, dazu addiert und darüber hinaus bedenkt, dass eine Kapsel Kaffee jede Menge schädlicher Zusatzstoffe enthalte.

Je größer das Angebot, desto schlechter die Bilanz

Testsieger im Check war der Diskonter Lidl. Der Anteil an Bio- und Fairtrade-Produkten sei im Vergleich zur Konkurrenz prozentuell hoch gewesen, der Anteil an Kapseln und Pads sei dafür erfreulich gering ausgefallen, so Kaller. Grundsätzlich gelte: Je größer das Angebot in einem Supermarkt ist, desto geringer fällt der Anteil an biologischen und fair gehandelten Produkten aus. Das liege daran, dass auf diesem Sektor noch kein ausreichend großes Angebot zur Verfügung stünde. Je größer also das Produktangebot sei, desto geringer werde folglich der prozentuelle Anteil an Bio und Fairtrade-Produkten, so Kaller.

Mann hält Kaffeesortiment im Körberl

Greenpeace / Mitja Kobal

Das Angebot an ökosozialen Produkten ist nach wie vor überschaubar

Genau aus diesem Grund landete auch die Supermarktkette Merkur auf einem der hinteren Ränge. Mit über 200 Produkten bietet Merkur das größte Sortiment an Kaffeeprodukten an. Daher habe er zwar in absoluten Zahlen mehr Bio- und Fairtrade Marken im Angebot als etwa der Testsieger Lidl, aufgrund der enormen Produktvielfalt sei der prozentuelle Anteil aber gering. Der Anteil an Kaffeekapseln und Pads sei bei Merkur dafür außergewöhnlich hoch, kritisiert Kaller. Der letzte Platz im Greenpeace-Check ging in diesem Jahr übrigens an Interspar.

Unterwegs im Gütesiegeldschungel

Wer seine Melange oder seinen Espresso in ökologischer oder sozialer Hinsicht mit reinem Gewissen schlürfen möchte, der muss sich heutzutage durch einen stetig wachsenden Dschungel von Gütesiegeln kämpfen, von denen nicht alle wirklich aussagekräftig sind. Das Biosiegel bei Lebensmitteln könne man jedoch uneingeschränkt empfehlen, meint Kaller.

Etwas komplizierter werde die Angelegenheit, wenn soziale Aspekte in die Rechnung einbezogen werden. Wenn also die Gewinnaussichten der Kaffeebauern oder die Arbeitsbedingungen der Plantagenarbeiter eine Rolle spielen. Greenpeace empfiehlt hier das Fairtrade-Siegel. Dem stehe man grundsätzlich positiv gegenüber, so Kaller.

In Italien sind Fairtrade-Siegel unbekannt

Für Fairtrade-Kaffee muss man aber auch tiefer in die Tasche greifen. Während man für ein Kilo siegelfreien Kaffee der Marke Alvorada knapp sieben Euro bezahlt, schlägt ein Kilo der Fairtrade-Marke Organico mit knapp 16 Euro zu Buche. Das Kostenargument dem Konzept Fairtrade umzuhängen, sei aber nicht in Ordnung, meint die Greenpeace-Expertin und verweist einmal mehr auf die enormen Kosten, die ein Kilo einzelverpackter Kaffee verursache.

Kaffeeliebhaber, die auf die bekannten italienischen Marken schwören, werden es in ökosozialer Kaffeehinsicht übrigens etwas schwerer haben. Gütezeichen finden sich auf italienischen Produkten kaum. Was nicht zwangsläufig Böses bedeuten muss – Gütezeichen sind im italienischen Raum generell unüblich. Kaller selbst trinkt seit langer Zeit bereits biologischen Fairtrade-Kaffee und ist davon überzeugt, dass dieser nicht wesentlich schlechter schmeckt als die bekannten Markenprodukte. In jedem Fall aber sei er eine Alternative für all jene, die ihren Kaffeekonsum nachhaltig gestalten wollen.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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