Eurowings: Keine Entschädigung trotz großer Verspätung
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Ganze 17 Stunden später als geplant erreichte Harald O. den Flughafen Wien Schwechat. In Düsseldorf hatte er – aus Valencia kommend - seinen Anschlussflug verpasst. Grund dafür war die Verspätung einer Maschine der Lufthansa-Tochter Eurowings. Beim Boarding in Valencia sei noch alles nach Plan verlaufen. An Bord habe der Kapitän dann bekanntgegeben, dass sich der Start verzögern werde. Man sei mit dem Verladen des Gepäcks noch nicht fertig und werde den vorgesehen Abflugslot daher verpassen.
Ankunft mit 17 Stunden Verspätung
So war es dann auch, und in der Folge verpassten Harald O. und einige weitere Passagiere ihren Anschlussflug von Düsseldorf nach Wien. Die betroffenen Personen erhielten einen Essensgutschein und wurden in einem nahegelegenen Hotel untergebracht, erst am kommenden Tag war eine Maschine nach Wien verfügbar. Die Folge: Eine Gesamtverspätung von 17 Stunden.
Bereits ab einer Verspätung von drei Stunden steht Fluggästen eine finanzielle Entschädigung zu. Sofern die Fluglinie diese Verspätung verschuldet hat, beträgt diese Ausgleichszahlung je nach Entfernung zwischen 250 und 600 Euro. So sieht es die Europäische Fluggastrechteverordnung vor. Harald O. forderte eine Ausgleichszahlung in Höhe von 400 Euro. Eurowings verweigerte die Zahlung und berief sich auf "außergewöhnliche Umstände, die nicht im Einflussbereich der Fluglinie gelegen hätten“.
APA/dpa/Alexander Heinl
Eurowings gibt dem Flughafen die Schuld
Auch gegenüber help.ORF.at bestreitet Eurowings, für die Verzögerung beim Abflug verantwortlich zu sein. In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es: „Der Flug von Valencia nach Düsseldorf konnte auf Grund einer geänderte Startvorgabe infolge eines hohen Kapazitätsaufkommens nicht planmäßig durchgeführt werden. Eine geänderte Startvorgabe entzieht sich unserer Einflussnahme und der Beherrschbarkeit.“ Zu der Frage, ob es durch das erwähnte „hohe Kapazitätsaufkommen“ zu einer Verzögerung beim Beladen der Maschine gekommen sei, wollte Eurowings trotz mehrmaliger Nachfrage unsererseits nicht Stellung beziehen
Der Flughafen in Valencia bestreitet für die Verzögerung verantwortlich zu sein. In einer Stellungnahme gegenüber help.ORF.at heißt es, dass der Flugbetrieb am besagten Tag ohne Einschränkungen möglich gewesen sei.
„Eurowings bleibt Beweise schuldig“
Harald O. wandte sich an die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf) in Wien, die sich im Rahmen von außergerichtlichen Schlichtungsverfahren für Fluggäste einsetzt. Da sich der Vorfall aber in Düsseldorf zugetragen hat, erklärte man sich für nicht zuständig und verwies ihn an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) in Berlin, die den Fall schließlich übernahm. Eurowings stimmte einem Schlichtungsverfahren zu.
Gemäß der Fluggastrechteverordnung der Europäischen Union ist es bei einem solchen Schlichtungsverfahren die Aufgabe der Fluglinie, zu beweisen, dass außergewöhnliche Umstände zu der Verspätung geführt haben, erklärt Barbara Forster vom Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ). Die Juristin hat das Ergebnis des mittlerweile abgeschlossenen Verfahrens analysiert. Aus Sicht der Schlichtungsstelle Berlin habe Eurowings nicht schlüssig bewiesen, dass die Airline für die Verspätung keine Verantwortung trägt, so Forster.
Airline will Schlichtungsergebnis nicht akzeptieren
Da der Fall aufgrund der mangelnden Kooperation durch Eurowings nicht eindeutig geklärt werden konnte, soll die Fluglinie 300 Euro an den betroffenen Passagier zahlen. Das sind 75 Prozent der in solchen Fällen an sich üblichen Entschädigungssumme. Rechtlich bindend ist diese Empfehlung aber nicht, da es sich bei einem Schlichtungsverfahren um ein außergerichtliches Instrument handelt. Eurowings respektiert die Schlichtungsempfehlung nicht und weigert sich, die 300 Euro zu bezahlen.
Warum Eurowings sich zunächst auf ein Schlichtungsverfahren einließ und im Anschluss die Empfehlung nicht akzeptierte, ist für Barbara Forster nicht nachvollziehbar. Besonders kundenfreundlich sei dieses Vorgehen aber nicht.
Das europäische Bagatellverfahren
Wenn Fluglinien Ausgleichszahlungen verweigern, haben Passagiere mehrere Möglichkeiten. Außergerichtlich kann man sich an das EVZ, an ein Fluggastrechteportal oder eben an eine Schlichtungsstelle wenden. Sollte die Fluglinie, wie im Fall von Harald O., das Schlichtungsergebnis ignorieren, bleibt der Gang zu Gericht. Das muss aber nicht zwangsläufig teuer sein. In der EU gibt es bei grenzüberschreitenden Fällen vereinfachte Gerichtsverfahren, für die kein Anwalt zugezogen werden muss. Für den Fall, dass man bereits eine Schlichtungsempfehlung in Händen hält, könne dieses Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen (Europäisches Bagatellverfahren) durchaus sinnvoll sein, so Forster.
Ein Europäisches Bagatellverfahren kann im gesamten EU-Raum mit Ausnahme Dänemarks geführt werden. Der Streitwert kann bis zu 5.000 Euro betragen. Es handelt sich dabei um ein reines Aktenverfahren, wodurch die Kosten verhältnismäßig überschaubar bleiben. Die erforderlichen Formulare können im Internet ausgefüllt werden. Die notwendige Gebühr für die Klagseinbringung kann man darüber hinaus im Erfolgsfall zurückfordern. Viele Fluglinien lassen es in Streitfällen mit ihren Kunden in jedem Fall auf eine Klage ankommen. Jedoch zeige oft schon die Drohung mit dem Gericht die erwünschte Wirkung, so Forster: „Wenn eine Klage im Raum steht, wird häufig gezahlt.“
Paul Urban Blaha, help.ORF.at
Link:
- EuGH stärkt Passagierrechte auf Flügen in der EU
- apf: Entschädigung für Flugausfälle nach Betriebsversammlung fraglich
- Passagiere haben klare Rechte bei Flugausfall
Publiziert am 10.03.2018