Erste Erfolge gegen Ping-Anrufe in Deutschland

Kurz klingeln lassen, auflegen und beim Rückruf ordentlich kassieren: Seit Monaten werden Europas Handykunden von so genannten Ping-Anrufen genervt. Während die zuständige Behörde in Österreich das Problem weiter beobachtet, geht die Bundesnetzagentur in Deutschland seit kurzem erfolgreich gegen die Kriminellen vor.

Sendungshinweis

„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1

Das Handy klingelt nur ganz kurz, Zeit das Gespräch anzunehmen bleibt nicht, stattdessen erscheint eine unbekannte Nummer am Display. Drückt man gedankenverloren die Rückruf-Taste, kann das teuer werden. Denn hinter dem Anruf stecken nicht etwa Freunde oder Verwandte, sondern professionelle Telefonbetrugsbanden. Meist rufen sie aus fernen Ländern, wie zum Beispiel Guinea, Burundi und Tonga, oder über Satellitentelefonnummern an.

Tonbandansagen sollen Anrufer in Leitung halten

Ruft man die Nummer an, landet man häufig bei teuren Hotlines, die mehrere Euro pro Minute kosten. Zu hören seien meist unverständliche Ansagen vom Band oder auch Informationen zu vermeintlichen Gewinnspielen, erotischen Ansagen oder angeblichen Paketzustellungen, so Carolin Bongartz, Pressesprecherin der deutschen Bundesnetzagentur, die in Deutschland die Interessen der Kunden im Bereich Telekommunikation schützt.

Treffen kann so ein Anruf jeden. An die Rufnummern gelangen die Hintermänner über Datenhändler und Datensammlungen im Internet oder per Zufallsgenerator. Computersysteme wählen dabei zufällig Nummern an - und das massenhaft. Entsprechend oft klingelt es bei den Nutzern. In Deutschland beschwerten sich allein im Oktober des vergangenen Jahres 30.000 Handykunden über Ping-Anrufe. Die deutsche Bundesnetzagentur hat dafür eine eigene Meldestelle eingerichtet.

Deutschland mit mehreren Maßnahmen

Hierzulande gibt es keine solche Meldestelle. Ebensowenig wie genaue Zahlen zu Betroffenen. Immer wieder warnen Mobilfunker, Konsumentenschützer und, erst vor kurzem im Jänner, auch die zuständige Telekom-Regulierungsbehörde - kurz RTR - vor den teuren Lockanrufen. Maßnahmen gegen die Telefongauner wurden in Österreich aber bisher nicht ergriffen.

Anders in Deutschland: Hier verhängt die Bundesnetzagentur Rechnungslegungs- und Inkassierungsverbote für die Ping-Rufnummern. Selbst wenn der Handykunde doch versehentlich zurückruft, dürfen die Mobilfunkanbieter Anrufe zu solchen Ping-Nummern dann nicht verrechnen.

Preisansagen geben Chance zum Auflegen

Seit Mitte Jänner schützt zudem ein weiteres einfaches Mittel deutsche Handykunden vor finanziellen Schäden. Bei Ländervorwahlen, die erfahrungsgemäß für Ping-Anrufe genutzt werden, sind die deutschen Mobilfunkanbieter seit Mitte Jänner dazu verpflichtet, Preisansagen vorzuschalten. Verbraucher können nach der Warnung vor hohen Kosten für den Rückruf noch auflegen, ohne dass Kosten anfallen. „Damit machen wir das rechtswidrige Geschäftsmodell wirtschaftlich unattraktiv“, so Jochen Homann, Präsident der deutschen Bundesnetzagentur.

Beschwerden seither zurückgegangen

Die Länderliste wird laufend aktualisiert und je nach Herkunft der Ping-Anrufe entsprechend erweitert. Und die deutschen Maßnahmen zeigen bereits Wirkung.

„Insbesondere seit Einführung der Preisansagepflicht können wir schon feststellen, dass die Beschwerdezahlen stark rückläufig sind. Das heißt diese Maßnahme greift, sie schützt die Verbraucher,“ so Bundesnetzagentur-Sprecherin Bongartz gegenüber help.ORF.at.

RTR: Problem nicht groß genug für Maßnahmen

Die Help-Redaktion hat sich bei der RTR, dem zuständigen Infrastrukturministerium und dem Sozialministerium, in dessen Aufgabengebiet auch der Konsumentenschutz fällt, erkundigt, wann auch heimische Mobilfunkkunden mit besserem Schutz rechnen können. Im Sozialministerium, das keine rechtliche Handhabe in der Sache hat, setzt man vor allem auf Aufklärung und Information der Handykunden.

Das Infrastrukturministerium bestätigt zwar, dass grundsätzlich kostenfreie Entgeltansagen wie in Deutschland in Österreich möglich und ein geeignetes Mittel seien, um Ping-Anrufe einzudämmen. Das Problem mit den Ping-Anrufen habe in Deutschland aber ganz andere Dimensionen als in Österreich.

In Österreich wird weiter beobachtet

Das sagt uns auch der Telekom-Regulator, der als zuständige Behörde für den Erlass einer Entgeltansage-Verordnung zuständig wäre. „Die RTR beobachtet die Entwicklung bei den Ping-Anrufen genau. Die Daten aus dem Markt über die Fälle und den daraus tatsächlich entstandenen Schaden rechtfertigen noch keinen Verordnungserlass durch uns. Derzeit evaluieren wir die Einrichtung einer Meldestelle, um die weitere Entwicklung noch besser beobachten zu können,“ so die RTR in einer Stellungnahme.

Österreichische Handykunden müssen sich inzwischen noch alleine mit dem lästigen Anrufen herumschlagen. Erscheint eine verdächtige Nummer am Display, ist vor allem gesunde Skepsis wichtig.

Wichtig: Nicht zurückrufen!

Denn Kosten entstehen für die Verbraucher erst dann, wenn sie die Nummer am Display zurückrufen. „Bei Anrufen mit vorgestellten Nullen oder einem Pluszeichen, sollten Verbraucher vorsichtig sein,“ rät Bundesnetzagentur-Sprecherin Bongartz. „Wer keinen Anruf aus dem Ausland erwartet, sollte auch nicht zurückrufen.“

Wer versehentlich doch zurückruft, sollte sich unbedingt an seinen Mobilfunkanbieter wenden und den Abkassierversuch melden. Laut RTR agieren die Mobilfunker hier durchaus kundenfreundlich. Auf Nachfrage von help.ORF.at gibt T-Mobile an, seinen Kunden die Kosten für Ping-Anrufe gut zu schreiben. „3“ erklärt, im Falle von Härtefällen nach kulanten Lösungen zu suchen.

Beate Macura, help.ORF.at

Links:

Mehr zum Thema: