3.000 Euro für „medizinische“ Hasenfelldecke

„Schlafen Sie sich gesund – mit den Rheumadecken aus Naturfell“, so wirbt ein steirischer Unternehmer für Hasenfelldecken. Das Angebot richtet sich vor allem an Pensionisten. Eine 79-jährige Frau ließ sich zu einem Kaufvertrag über 3.000 Euro überreden. Als sie die Decken Tage später retournieren wollte, hieß es: Kein Rücktrittsrecht.

Die 79-jährige pensionierte Bäuerin aus der Weststeiermark leidet an Gelenkschmerzen. Über eine Zusendung mit der Aufschrift „Lebensfroh und schmerzfrei“ erfuhr sie von einer „schmerzlindernden Methode ohne Chemie“, bei der sie nichts einnehmen müsse.

Wundermittel an der Türe verkauft

Neugierig geworden, schickte die betagte Konsumentin ihre Daten an das Unternehmen „PGA Naturenergie“. Kurze Zeit später sei unangemeldet ein Mann an ihrer Türe erschienen, um ihr das versprochene Wundermittel zu präsentieren: Eine Hasenfelldecke, die er sogleich über ihrem Wohnzimmertisch aufgebreitet habe.

Ein Hase auf dem Feld

Boris Roessler dpa/lhe

Hasenfelle werden zu „medizinischen“ Decken verarbeitet

Die Steirerin war skeptisch, ob eine Decke ihre Gelenkschmerzen mildern werde. Doch der Verkäufer beharrte auf seiner Behauptung und verwies auf die vermeintlich zahlreichen positiven Rückmeldungen anderer Kunden. Als die Pensionistin ihn darum bat, er möge auf die baldige Rückkehr ihres Lebensgefährten warten, sei sie unter Druck gesetzt worden, sich sofort zu entscheiden.

Geld zurück erst nach Klage

Die Frau ließ sich schließlich überreden und unterschrieb den Kaufvertrag über knapp 3.000 Euro für das zweiteilige Deckenset. Sie bezahlte die Anzahlung in bar und überwies die erste Rate von 990 Euro. Nach einer Woche wollte sie Decken wieder zurückgeben, weshalb sie bei „PGA Naturenergie“ anrief. Sie könne die Decken nicht behalten, da sie deren Gestank nicht ertrage. Außerdem seien sie ihr zu teuer. „Werden Sie nicht frech“, habe man ihr geantwortet. Sie habe kein Rücktrittsrecht von ihrem Kauf, da es sich bei der Decke um ein „medizinisches Produkt“ handle.

Haasenfall in einem Korb

Getty Images/fotocelia

Decken aus Hasenfell sind kein Hygieneartikel

Bei der Arbeiterkammer (AK) Steiermark erfuhr die Pensionistin, dass es bei Haustürgeschäften sehr wohl ein 14-tägiges Rücktrittsrecht gibt. Auf ein erstes Schreiben der AK Steiermark hin wollte „PGA Naturenergie“ nicht einlenken. Stattdessen habe der Unternehmer per Telefon versucht, sie zu einem Vergleich zu bewegen, so die Frau. Die AK Steiermark gab ihr schließlich Rechtsschutz und klagte den gesamten Betrag ein. Erst daraufhin bekam sie ihr Geld zurück und konnte die Decken zurückschicken.

AK: Hasenfell kein Hygieneartikel

Das Unternehmen „PGA Naturenergie“, das im Internet unter „KMP Naturenergie“ zu finden ist, wird von Gerhard Pichler aus dem obersteirischen Spielberg betrieben, nach eigenen Angaben bereits seit 30 Jahren. Sowohl der AK Steiermark als der AK Oberösterreich ist der Unternehmer bekannt. Seit Jahren gibt es Anfragen von Pensionistinnen und Pensionisten, meist weil ihnen die Rückgabe von Produkte verweigert wird. Gegenüber help.ORF.at verteidigte Gerhard Pichler seine Vorgehensweise: „Es wäre nicht vorstellbar, dass unsere Kunden sich in vorher benützte Bettdecken legen müssen. Nach § 18 Absatz 5 sind Hygieneartikel vom Rücktritt ausgeschlossen“, so der Unternehmer unter Bezug auf das Fern- und Auswärtsgeschäftegesetz. Aus Sicht der AK-Juristen kann man bei Hasenfelldecken allerdings nicht von Hygieneartikeln sprechen. Hinzu kommt, dass Gerhard Pichler sie erfahrungsgemäß unverpackt verkaufe.

Sowohl die AK Steiermark als auch die AK Oberösterreich warnen grundsätzlich vor Haustürgeschäften wie jenen der „PGA Naturenergie“ und raten, besser die Finger davon zu lassen. „Die Verkäufer sind sehr gut geschult, die können sehr gut reden und viele der Produkte schönerreden als sie sind“, so Konsumentenschützerin Birgit Auner von der AK Steiermark. Habe man sich dennoch ungewollt zu einem Kauf überreden lassen, könne man innerhalb von zwei Wochen vom Kauf zurücktreten. Um den fristgerechten Rücktritt aus dem Vertrag beweisen zu können, empfiehlt Auner einen eingeschriebenen Brief an das Unternehmen zu schicken. Sollte die Firma darauf nicht reagieren oder den Rücktritt ablehne, werde die AK weiterhelfen.

Jonathan Scheucher, help.ORF.at

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