AK-Anzeige gegen Mietwagenfirma Dexcar

Die Arbeiterkammer (AK) Vorarlberg hat die deutsche Mietwagenvermittlung Dexcar bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Die Firma verspricht für wenig Geld und etwas Wartezeit einen Neuwagen zur kostenlosen Nutzung. Bei der AK häufen sich jedoch Fälle, wo Kunden weder zu ihrem Auto kommen noch ihr Geld zurückerhalten. Die Konsumentenschützer vermuten ein illegales Pyramidenspiel.

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Im Internet gibt es unzählige Werbevideos zu Dexcar, einer Onlineplattform für Langzeit-Autovermietung. Darin heißt es: „Möchten auch Sie ein Auto fahren, ohne dafür in den nächsten Jahren ständig Geld für Leasing, Service, Versicherung usw. investieren zu müssen? Hier erfahren Sie, wie einfach es ist, ein neues Auto fast kostenlos zu erhalten.“ Das Geschäftsmodell, das ausschließlich über Vermittler vertrieben wird, klingt verlockend.

AK Vorarlberg warnte im März vor Dexcar

Eine kleine Anzahlung von ein paar hundert Euro würde genügen, um nach sechs bis acht Monaten ein Neuwagen fahren zu können, für den nur die Treibstoffkosten anfallen. Mit der Einmalzahlung werde man zu nächst ganz unten in einer Tabelle eingereiht. Diese Tabelle müsse man mehrmals bis zur obersten Stufe durchlaufen, um schließlich den neuen Leihwagen für zwei Jahre zu erhalten, so die Produktpräsentation.

Neuwagen der Firma Ford auf einem Binnenschiff am Rhein in Düsseldorf.

Oliver Berg dpa/lnw

Der Traum vom Neuwagen scheitert mitunter an der Finanzierung

„Das funktioniert nicht“, so Paul Rusching, Konsumentenschützer der AK Vorarlberg. Die Kosten für das Auto würden durch diejenigen finanziert, die von unten in die pyramidenförmige Struktur einzahlen würden. Der Ertrag, den der Investor habe, nämlich das Fahren des Autos für 24 Monate, werde durch immer wieder neu hinzukommende Personen finanziert. „Dadurch ergibt sich dieser pyramidenförmige Aufbau, der rein mathematisch nicht funktionieren kann“, so Rusching. Die AK Vorarlberg warnte deswegen bereits in März 2017 vor diesem Geschäftsmodell.

„Scheint auf Schneeballsystem zu basieren“

Dexcar wirbt weiters damit, dass Kunden ihr Geld nach zwei Jahren zurückbekämen, wenn sie doch kein Auto wollen. Doch das scheint nicht zu klappen. Bei der AK Vorarlberg häufen sich Anfragen und Beschwerden. 15 Fällen bearbeitet die AK derzeit und das sei nur die Spitze des Eisbergs, so Rusching. Die AK Vorarlberg erstattete Anzeige bei der Staatsanwaltschaft. Zitat: "Die von der Dexcar Autovermietung gewählte „Netzwerk-Marketing-Methode" scheint auf einem Schneeballsystem zu basieren.“

Zwischen einem Schneeballsystem und einem Pyramidenspiel wird in Österreich unterschieden; verboten ist beides, der Strafrahmen ist jedoch unterschiedlich. Ob es ein verbotenes Pyramidensystem ist, habe ein Gericht zu entscheiden, so der AK-Experte. „Gemäß Paragraf 168a Strafgesetzbuch sind solche Strukturvertriebe dann verboten, wenn die Erträge, also hier die Inanspruchnahme eines Autos, lediglich aufgrund immer wieder nachkommender Personen, die finanzieren, zustande kommen.“ Weiters soll einer der Vermittler von Dexcar einbezahlte Gelder unterschlagen haben, unter anderem auch 5.000 Euro von einer krebskranken Kundin. Auch das zeigten die Konsumentenschützer bei der Staatsanwaltschaft an.

In Italien bereits zu Geldstrafe verurteilt

Dexcar ist nach Eigendefinition eine „Car Rental Free Community“, die nach dem Prinzip des „return based Crowdfunding“ funktioniert. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung hat ihren Sitz in Essen in Deutschland. Laut deutschem Handelsregister beträgt ihr Stammkapital gerade einmal 800 Euro. In Italien wurde das Unternehmen bereits zu einer Geldstrafe von 400.000 Euro verurteilt und darf dort nicht mehr werben. Laut italienischer Finanzpolizei hat die Firma von 23.000 Personen insgesamt zehn Millionen Euro eingesammelt. Aber nur knapp 90 Kunden hätten ihr Fahrzeug tatsächlich erhalten.

Auch beim Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) Bozen in Italien gibt es viele Beschwerden. Dexcar habe im Verfahren schließlich zugegeben, dass jeder einzelne Konsument, 128 Personen für das System anwerben müsse, um ein Auto zu bekommen, so die dortige Juristin Rebecca Berto. „Die italienische Aufsichtsbehörde für Markt und Wettbewerb hat festgestellt, dass Dexcar ein illegales Schneeballsystem betreibt“, so Berto auf Anfrage von help.ORF.at. Diese Entscheidung betrifft aber nur Italien und anders als in Österreich wird in Italien beim Strafrahmen nicht zwischen Schneeball- und Pyramidensystemen unterschieden. In Österreich steht die rechtliche Klärung noch aus.

Dexcar bestreitet Vorwürfe

Auf Anfrage von help.ORF.at weist Dexcar alle Beschuldigungen zurück. Der Wiener Anwalt der deutschen Firma betont, dass in der Anzeige der Vorwurf einer gerichtlich strafbaren Handlung nicht erhoben werde. „Das Wort Pyramidenspiel kommt darin nicht einmal vor. Der Betrieb eines sogenannten Schneeballsystems würde eine Verwaltungsübertretung darstellen (wie zum Beispiel Schnellfahren)“, so der Anwalt. Nach Auskunft von Juristen sind jedoch Pyramidenspiele und Schneeballsysteme als Strafnorm gleich zu behandeln, der Unterschied beziehe sich lediglich auf den Aufbau des Systems. Die Staatsanwaltschaft müsse beurteilen, ob, und wenn ja, welcher Straftatbestand vorliegt.

Im Fall der krebskranken Kundin bietet Dexcar nun an, „den Schaden der Betroffenen aus eigener Tasche zu ersetzen“, auch wenn er durch einen Dritten verursacht worden sei. Dexcar arbeite seit nunmehr drei Jahren in Europa und erfülle sämtliche Verträge mit den Kunden, so der Anwalt. Doch das dürften Konsumenten in Österreich und Italien, die auf ihr Auto oder Geld warten, vermutlich anders sehen. Die AK Vorarlberg rät Betroffenen, sich mit Konsumentenschützern ihres Bundeslandes in Verbindung zu setzen, um Rückforderungen zu veranlassen.

Karin Fischer, help.ORF.at

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