Lukrative Geschäfte mit wertlosen Münzen

In forschen Werbeschreiben bewirbt der Versandhändler Münzkontor seine goldglänzenden Münzen. Wer eine „Sonderprägung“ zum vergünstigten Werbepreis bestellt, schließt unbemerkt gleich ein Abo ab. Es folgen ungewollte Münzlieferungen, die ganz und gar nicht mehr günstig sind. Der Wert ist meist enttäuschend: Die Münzkontor-Prägungen haben keinen Nominalwert.

Sendungshinweis

„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1

„Die gigantische XXL-Prägung „Franz-Joseph-I.“ einmalig, einzigartig und wertvoll mit Gold veredelt, mit ihrer persönlichen Gutschrift zum Vorzugspreis von 10 Euro, statt später 110 Euro“ - Werbeschreiben wie diese flatterten einer 92-jährigen Niederösterreicherin regelmäßig ins Haus. Absender der Post war der Versandhändler "Österreichisches Münzkontor“.

Wer Sonderpreis einfordert, bestellt gleichzeitig Abo

In den auffälligen Schreiben mit persönlicher Ansprache und großen Produktbildern wurde jedes Mal eine andere Münze zum Supersonderpreis angepriesen. Streng limitiert sei das Angebot, sie aber zähle zu den drei Auserwählten im Ort, die dafür auserwählt worden seien. Wegen der zu erwartenden hohe Nachfrage müsse die Niederösterreicherin aber schnell kaufen, die Münze könne nur ein Monat für sie reserviert werden, hieß es weiter.

Foto eines Werbeschreibens der Firma Münzkontor

help.ORF.at

Ein Ausschnitt des Werbebriefs für die XXL-Prägung „Franz-Joseph-I.“

Die alte Dame glaubte an ein gutes Angebot, auch als Wertanlage für ihre Familie, und bestellte. Doch das Supersonderangebot entpuppte sich als reiner Lockvogel. Als die 92-Jährige den Anforderungsschein unterschrieb, hat sie - gut versteckt im schwammig formulierten Kleingedruckten - unbemerkt ein Abo abgeschlossen. Die Tochter der Niederösterreicherin bemerkte bei einem Besuch, dass die Mutter offenbar immer mehr Münzen zugestellt bekam und diese auch bezahlte.

Über 10.000 Euro für Fantasiemedaillen

Über 10.000 Euro hatte die Mutter innerhalb von 2,5 Jahren in die Münzen investiert, die in Wirklichkeit gar keine echten Münzen sind. Denn der Ausdruck „Münze“ darf nur für Geldstücke mit Nominalwert verwendet werden. Diese darf aber nur die jeweilige offizielle Prägestätte des Landes, hierzulande die Münze Österreich, ausgeben.

Die Münzkontor-Produkte sind so genannte „Medaillen“ oder auch „Prägungen“ und gerade einmal so viel wert wie das Material (Kupfernickel mit Goldplattierung), aus dem sie hergestellt wurden. Auch der Sammlerwert geht gegen null und die Chance auf Wertsteigerung ist nach Einschätzung von von help.ORF.at befragten Münzexperten quasi inexistent. Solche Medaillen kann jeder herstellen lassen.

Medaillen der Firma Münzkontor

help.ORF.at

Die Niederösterreicherin hatte über 10.000 Euro für Münzkontor-Medaillen bezahlt

Die goldene Help-Redaktionsmedaille

Auch die Help-Redaktion könnte beispielweise eine goldene Help-Redaktions-Medaille entwerfen und prägen lassen. Sie wäre vielleicht nett anzusehen, einen Nominalwert hätte sie aber freilich nicht. In der Bank würden die Help-Redaktion wohl vergeblich versuchen, sie in Geld zu wechseln. Zu selbst gewählten Preisen verkaufen dürfte die Redaktion die Help-Prägung aber trotzdem. So macht es auch das Münzkontor.

Für Ulrike Docekal, Juristin beim Verein für Konsumenteninformation (VKI), liegt hier möglicherweise ein Fall von aggressiver Geschäftspraktik vor. Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG, Ziffer 26) verbiete das hartnäckige unerwünschte Ansprechen über Telefon, Fax, E-Mail oder sonstige Medien im Fernabsatz. „Wir werden prüfen, ob wir mit einer Unterlassungsklage dagegen vorgehen“, so Docekal.

VKI wertet Abo als unverlangte Werbesendung

Das UWG verbiete zudem unverlangte Warenzusendungen. „Eine unverlangte Warensendung liegt vor, wenn ich eine Ware zugeschickt bekomme und der Unternehmer schreibt, ‚wenn sie es nicht zurückschicken, dann müssen sie es bezahlen‘,“ so Docekal. Das sei in Österreich verboten. Da auf dem Münzkontor-Anforderungsschein weder ein genauer Preis noch die Zahl der künftigen Abo-Lieferungen vereinbart wurde, komme kein Kaufvertrag zustande. „Wer Waren erhält, die er nicht bestellt hat, kann damit machen was er will“, so die Rechtsexpertin.

Foto eines Anforderungsscheins der Firma Münzkontor

help.ORF.at

Das Sammlerservice versteckt sich im Kleingedruckten

Beim Münzkontor sieht man die Münzabos nicht als unbestellte Warenzusendung, wie uns das Unternehmen schreibt, sondern im Gegenteil: als Service für die Kunden. Die allermeisten Kunden würden sich komplette Sammlungen wünschen. Mit dem Abo, das Münzkontor nennt es „Sammlerservice“, sei das unverbindlich und ohne Aufwand möglich. Außerdem hätten Kunden ein garantiertes Rückgaberecht.

Wie man das Münzabo wieder los wird

Das sieht die VKI-Juristin anders. In der Praxis sei es sehr wohl so, dass die Firma davon ausgehe, dass die im Sammlerservice gelieferte Ware bezahlt werden müsse. Von einem unverbindlichen Service könne man hier nicht sprechen. Die Zustimmungserklärung im Kleingedruckten sei intransparent und damit unwirksam, die Warenzusendung als unbestellt anzusehen.

Doch was können Kunden machen, wenn sie unerwünschte Münzlieferungen erhalten? Die VKI-Juristin rät, den Münzkontor anzuschreiben und um Abholung der unbestellten Ware zu ersuchen. Die Kosten für die Rücksendung der unverlangte Warenzusendungen müssten die Kunden jedenfalls nicht tragen.

Zu langer Weg zum Werbestopp

Wer keine Werbung von Münzkontor mehr erhalten möchte, kann dies dem Unternehmen telefonisch, per Post oder per E-Mail mitteilen. Dies tat auch die 92-jährige Niederösterreicherin. Zwar bestätigte die Firma Münzkontor den Erhalt der Kündigung. Der gewünschte Werbestopp könne aber erst in drei Monaten wirksam werden, weil die nächsten Werbebriefe schon gedruckt seien und der Versand dieser nicht mehr gestoppt werden könne, so die Auskunft des Münzkontors.

Auf unsere Nachfrage hin sprach der Münzkontor nur noch von einer Frist von vier Wochen, in der es noch zu Werbesendungen kommen könne. Immer noch zu lange, so Docekal. „Ich gehe schon davon aus, wenn ein Konsument sagt, ‚ich möchte das nicht mehr‘, dass die Werbung sofort einzustellen ist und nicht erst in einigen Wochen oder Monaten“, so die Konsumentenschützerin.

Robinsonliste und Widerruf an Firmen

Wie lässt sich die Werbeflut im Postkasten generell stoppen? Die Werbesendungen mit einem groß geschriebenen „retour“ auf das Postkastel zu legen, genügt leider nicht. Gegen unadressierte Werbung schafft ein Aufkleber (kann auch selbst geschrieben sein) mit den Worten „Bitte keine Werbung“ auf dem Postkasten oder an der Wohnungstür Abhilfe.

Persönlich adressierte Werbebriefe von Firmen, die beispielsweise durch ein Gewinnspiel oder Paketbeilagen an die Postadresse gelangt sind, kann man stoppen, indem man die Firma anschreibt und seine Zustimmung zur Verwendung der Daten für Marketingzwecke widerruft. Um ganz allgemein keine persönlich adressierte Werbung mehr zu erhalten, gibt es zudem die so genannte "Robinson-Liste“ bei der Wirtschaftskammer. Wer sich dort eintragen lässt, dessen Adresse darf von Direktwerbefirmen, Adressverlagen und Versandhäusern nicht mehr verwendet werden.

Beate Macura, help.ORF.at

Links: