Fleischskandal verunsichert Konsumenten
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Brasilianische Produzenten sollen über Jahre verdorbenes und gestrecktes Fleisch verkauft haben, das mit Chemikalien behandelt war, damit es nicht stinkt. Staatliche Kontrolleure und 21 Betriebe sollen in den Skandal verwickelt sein, fünf davon haben auch die EU beliefert. Nach Österreich sei nichts davon gekommen, so Ulrich Herzog, Leiter der Abteilung Verbrauchergesundheit im Gesundheitsministerium.
Fleisch aus Brasilien für Gastronomie und Fertigprodukte
1.200 Tonnen Geflügelfleisch und 350 Tonnen Rinderdärme für die Wurstproduktion importierte Österreich seit 2015 direkt aus Brasilien. Rindfleisch wird meist über den niederländischen Hafen Rotterdam in die EU eingeführt und gelangt so nach Österreich. Zwar wurden die Kontrollen an allen Eintrittsstellen in die EU deutlich verschärft, aber wo in Europa das Fleisch aus Brasilien letztlich landet, lässt sich nicht einmal für die Behörden lückenlos nachvollziehen. Die Warenströme werden nicht zentral mit dem Computer erfasst.
AFP/Jung Yeon-Je
Das meiste Fleisch aus Brasilien kommt als Steak in die Gastronomie oder wird zu Fertiggerichten wie Lasagne und Hühnernuggets verarbeitet. Bei abgepacktem, frischem Rindfleisch können sich Konsumenten noch leicht Klarheit über die Herkunft verschaffen. Auf der Verpackung muss stehen, wo das Rind geboren, gemästet und geschlachtet wurde.
Hühnernuggets, Lasagne: Herkunftsangaben freiwillig
„Das hört aber schon auf, wenn das Rindfleisch in der Wurst landet. Da bekomme ich überhaupt keine Informationen, woher das Rindfleisch stammt“, so Birgit Beck, Lebensmittelexpertin beim Verein für Konsumenteninformation (VKI). Auch in der Gastronomie hätten Konsumenten keine Kontrolle, sondern müssten dem Wirt vertrauen. Bei Fertigprodukten wie Hühnernuggets könnten Verbraucher die Fleischherkunft ebenfalls nicht feststellen.
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„Der Weg eines Hühnernuggets lässt sich für den Konsumenten nur dann herausfinden, wenn ihm der Hersteller die Informationen freiwillig zugänglich macht“, so Herzog. Nur gegenüber den Behörden müsse jeder Lebensmittelunternehmer nachweisen können, wo ein Produkt herkommt und an wen er es weitergeben hat. Damit könne man zumindest im Verdachtsfall zurückverfolgen, woher das Fleisch stammt. Eine verpflichtende Kennzeichnung hält er auch in der Gastronomie und bei Fertigprodukten für machbar. „Da haben wir uns europäisch aber nicht durchgesetzt“, so Herzog.
Handelsketten verweisen auf strenge Qualitätskontrollen
Einem Test des VKI aus dem Jahr 2011 zufolge steckt in Hühnernuggets oft Fleisch aus Südamerika. Help.ORF.at fragte bei diversen Lebensmittelketten und Großhändlern nach, ob sie brasilianisches Fleisch oder Produkte mit solchem Fleisch verkaufen. Alle gaben bereitwillig Auskunft. Rindfleisch aus Brasilien gibt es etwa bei den Großhändlern Metro und Transgourmet. Hofer und REWE verkaufen auch Produkte, die verarbeitetes Fleisch aus Brasilien enthalten - wobei alle versichern, dass man selbst genau kontrolliere und kein Fleisch von den beanstandeten Betrieben bezogen habe. Iglo und Spar haben nach eigenen Angaben keine Produkte mit Fleisch aus Brasilien im Sortiment.
APA/Harald Schneider
„Wer bei der Herkunft auf Nummer sicher gehen will, greift auch bei Fertiggerichten am besten zu Bioprodukten oder Waren mit dem AMA-Gütesiegel“, so VKI-Expertin Beck. Das AMA-Zeichen bekommen nur Waren, bei denen die Herkunft der Rohstoffe garantiert nachvollziehbar ist. In Restaurants und Kantinen müssten die Konsumenten selbst Druck machen und nachfragen, woher das Fleisch stammt und ob es Belege dafür gibt.
Die EU berät kommende Woche wieder, wie brasilianisches Gammelfleisch von europäischen Tellern ferngehalten werden kann. Zusätzliche Maßnahmen wie etwa weitere Importsperren sind nicht ausgeschlossen. Schon jetzt sind die Kontrollen drastisch verschärft.
Karin Fischer, help.ORF.at
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Publiziert am 01.04.2017