Warum auf Hemdgrößen kein Verlass ist

Ein Blick in den Kleiderschrank fördert bei manchem Mann Hemden in mehreren Größen von M bis XL zutage. Meist sitzen die Hemden ähnlich, obwohl die Größenangaben auf dem Etikett weit auseinanderliegen. Die deutsche Zeitschrift „Öko-Test“ hat nachgemessen, um wie viel Kleidungsstücke derselben Größe voneinander abweichen, und enorme Unterschiede bei Hemden und Blusen gefunden.

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Sich beim Einkaufen von Kleidungsstücken nur auf die Größenangaben zu verlassen, kostet Zeit und Nerven. „Öko-Test“ nahm Kundenbeschwerden zum Anlass, um in einem Speziallabor die Angaben auf den Etiketten genauer zu vergleichen. Bei zehn Hemden und zehn Blusen verschiedener Marken in den Größen M, L und XL mit normalem Schnitt maßen die Experten Kragenweite, Taille, Armlänge und Schulterbreite nach.

15 Zentimeter Unterschied bei Hemdengröße 40

„Die Abweichungen waren enorm“, so Mirko Kaiser, Redaktionsleiter von „Öko-Test“. Eine Damenbluse der Marke Tom Tailor, Größe 36, sei in der Taille um 20 Zentimeter schmäler gewesen als eine Bluse derselben Größe des Herstellers Opus. Fast ebenso viel betrug der Unterschied bei Herrenhemden. Ein Hemd der Marke Hilfiger, Größe 40, war in der Taille um 15 Zentimeter schmäler als das Modell der Marke Carhartt. „Das ist ärgerlich für Konsumenten, wenn sie entweder im Geschäft stundenlang anprobieren oder bei Onlinebestellungen die Ware immer wieder zurückschicken müssen“, so Kaiser.

Hemden in einem Geschäft

Karin Fischer/help.ORF.at

Ein Wirrwarr bei den Größenangaben erschwert das Einkaufen

Auch bei der Kragenweite, dem klassischen Maß für das Herrenhemd, gab es laut „Öko-Test“ Abweichungen von bis zu zweieinhalb Zentimetern, was man beim Binden einer Krawatte merken wird. Dazu kommt noch, dass manche Hersteller Schmeichelgrößen wählen, also bewusst größer schneiden und etwa Blusen der Größe 40 als Größe 36 verkaufen. Das mag für Konsumenten verwirrend sein, verboten ist es nicht.

Einkaufen mit dem Maßband spart Zeit und Nerven

Es gibt keine festgelegten Größen, an die sich Hersteller halten müssen. Jeder darf seinen eigenen Schnitt vermarkten, um bestimmte Zielgruppen anzusprechen. Gegenüber „Öko-Test“ räumten einige wenige Hersteller Messfehler oder Mängel bei der Qualitätskontrolle ein. Die meisten beriefen sich auf Reihenmessungen von Tausenden Personen, die 2008 im Auftrag der Industrie durchgeführt wurden, und auf eigene Erfahrungen.

Bekleidung wird - bis auf wenige Ausnahmen - seit einigen Jahren eher größer geschnitten. „Öko-Test“ rät deshalb, mit dem Maßband einkaufen zu gehen. „Wer zu Hause die Kragenweite bei einer gut sitzenden Bluse oder einem Hemd einmal gemessen hat, kann im Geschäft oder über das Internet gezielt nach passenden Kleidungsstücken suchen.“ Das spare Zeit und Enttäuschungen, so Kaiser.

Wie man sich am besten selbst abmisst

Wer die eigenen Körpermaße kennt, kann die Angaben in den Größentabellen verschiedener Hersteller leichter vergleichen. Die richtigen Körpermaße zu ermitteln, will aber gelernt sein. Hemdenmacher Nicolas Venturini empfiehlt, sich dazu aufrecht vor den Spiegel zu stellen.

die Kragenweite wird abgemessen

Karin Fischer/help.ORF.at

Beim Abmessen zwei Finger breit Luft lassen, damit der Kragen später gut sitzt

Um die Kragenweite zu ermitteln, legt man das Maßband so um den Hals, dass mindestens zwei Finger Platz haben. Bei der Brust wird das Maßband an der höchsten Spitze der Oberweite anlegt. Weiters wird nicht nur die Taille gemessen, sondern auch der höchsten Punkt des Bauches - das Körpermaß. Keinesfalls solle man sich beim Abmessen nach vorne beugen, weil sich sonst das Maß um gut eineinhalb Zentimeter verändert.

Hemdkrägen gehen beim ersten Waschen ein

„Sich nur auf die angegebene Größe eines Kleidungsstücks zu verlassen, ist ein Fehler“, so Venturini. Für den Profi führt kein Weg an der Anprobe vorbei. Beim Probieren im Geschäft sollte ein neues Hemd so sitzen, dass die Halsweite etwas zu locker ist. Denn jeder Kragen gehe beim ersten Waschen um etwa einen Zentimeter ein. Das liege daran, dass die Krageneinlage, mit der der Kragen gefüttert ist, nicht vorgewaschen werden könne.

Modelle von Hemdkrägen in einer Vitrine

Karin Fischer/help.ORF.at

Nach der ersten Wäsche sind Hemdkrägen enger

Um sicherzugehen, dass die Hemdknöpfe später am Bauch nicht abplatzen, empfiehlt der Hemdenmacher, sich beim Probieren auch hinzusetzen. Steckt man das Hemd in die Hose und hebt den Arm, dürfe nichts herausrutschen. Die richtige Ärmellänge lasse sich am besten ermitteln, wenn man ein passendes Sakko über das Hemd anzieht. Der Kauf von Kleidung brauche auf jeden Fall Zeit, so Venturini. „Öko-Test“-Experte Kaiser rät, selbst einen kritischen Blick in den Spiegel zu werfen. Im Alter würden sich die Proportionen ändern: „Wenn sich ein Sechzigjähriger dann in ein Slimfit-Hemd presst, sind die Enttäuschungen vorprogrammiert.“

Karin Fischer, help.ORF.at

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