Gebührenfalle für Stromverbraucher

Die Wärmepumpe, die Heizung für den Pool oder auch das Elektroauto lassen den Stromverbrauch eines Haushalts in die Höhe schnellen. Was die wenigsten wissen: Wenn der Stromverbrauch im Jahr eine gewisse Grenze überschreitet, verlangen Netzbetreiber eine zusätzliche Gebühr - für die Mehrnutzung des Netzes.

Herr S. hatte ein teures Hobby: exotische Tiere aus dem Amazonasgebiet. Damit sich die Pfeilgiftfrösche und Flösselhechte wohl fühlen, baute er in seinem Wohnzimmer einen drei Kubikmeter großen Dschungel nach mit allen technischen Finessen. Die hohe Stromrechnung seines Energieversorgers nahm er dafür in Kauf.

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Eines Tages erhielt er jedoch von Wiener Netze eine Rechnung: Er habe im Zeitraum 2012/2013 die Grenze von 9.000 Kilowattstunden (kWh) überschritten. Damit habe er mehr Strom verbraucht als vereinbart und müsse für erhöhte Nutzung des Netzes eine einmalige Gebühr von rund 850 Euro bezahlen. Von dieser Grenze hörte der Elektrotechniker zum ersten Mal.

Wer mehr verbraucht, zahlt auch mehr für das Netz

Bei Erstellung eines Netzanschlusses ist das sogenannte „Netzbereitstellungsentgelt“ zu entrichten. Diese einmalige Gebühr richtet sich nach dem vereinbarten Verbrauch. Für einen Haushalt in Wien liegt die Grenze bei einem Jahresverbrauch von 9.000 kWh. Wer mehr Strom bezieht, so wie Herr S., zahlt eíne weitere Gebühr und kann dafür das Netz bis zu einem Jahresverbrauch von 15.000 kWh nutzen.

Diese Grenzen sind in Österreich nicht einheitlich geregelt. Laut Auskunft der Regulierungsbehörde E-Control sei der Grenzwert in Wien von 9.000 kWh vergleichsweise niedrig. „In anderen Bundesländern, bei anderen Anbietern, gelten höhere Grenzen“, so Wolfgang Urbantschitsch, Vorstand der E-Control. Fälle von Überschreitungen seien dort nicht bekannt.

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Heizen für das Chamäleon

Technik erhöht Stromverbrauch

Den Netzbetreiber können sich Haushalte allerdings, im Gegensatz zum Energielieferanten, nicht aussuchen. Im Wiener Raum war der Help-Hörer nicht der einzige, der im Jahr mehr als 9.000 kWh Strom verbraucht hat. Rund 2.000 Fälle seien bekannt, so Alexandra Melik, Pressesprecherin von Wiener Netze. „Das sind aber weniger als 0,1 Prozent unserer Kundinnen und Kunden“.

Erfahrungsgemäß verbraucht ein durchschnittlicher Haushalt 3.500 kWh pro Jahr. „Wenn aber eine Wärmepumpe, eine Poolheizung oder ein Elektroauto dazu kommen, sollte man seinen Zählerstand im Auge behalten. Sonst ist das Entgelt für die höhere Netznutzung nachzuzahlen“, so E-Control Vorstand Urbantschitsch.

„Keine Vorwarnung möglich“

Wer sich mit seinem Verbrauch der Grenze nähert, könne nicht gewarnt werden. „Das wäre ein gigantischer Aufwand und ist daher nicht möglich“, so Martin Beer, Leiter der Rechtsabteilung von Wiener Netze.

Beer verwies aber auf die Vorteile von Smart Meter. „Mit den intelligenten Zählern können Kundinnen und Kunden über ein gesichertes Webportal ihre Verbrauchsdaten tagesgenau im Auge behalten können und Alarme setzen“, so Beer. Die von Datenschützer kritisierten Messzähler werden flächendeckend die alten Zähler ersetzen.

Rückerstattung des Entgelts möglich

Die gute Nachrichten für den Help-Hörer: Er könne sich das Netzbereitstellungsentgelt zurückholen, „wenn er nachweislich drei Jahre lang weniger als 9.000 kWh pro Jahr verbraucht“, so Beer von Wiener Netze. Dazu genüge ein Telefonat oder E-Mail und die Jahresabrechnungen der drei Jahre.

Herr S. hat nun sein Tierreich mit effizienten Wasserpumpen und LED-Lampen umgerüstet und so seinen Stromverbrauch um 1.300 kWh reduziert. „Jetzt zählt jedes Kilowatt“.

Sonja Hochecker, help.ORF.at

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