ÖBB/VOR: Teures Bahnfahren für Senioren

Seit Anfang Juli gilt im Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) ein neues Tarifsystem. Seitdem fahren Besitzer einer ÖBB Vorteilscard Senior nicht mehr mit dem ÖBB-Tarif, sondern müssen den neuen VOR-Tarif bezahlen. Manche ÖBB-Strecken kosten nun um knapp 50 Prozent mehr.

„G’scheit sparen – ÖBB fahren“. Mit diesem Motto beweben die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) unter anderem ihre „Vorteils-Cards“. Es gibt die Vorteilscard Jugend, die Vorteilscard Family, die Vorteilcard-Classic und für Senioren die Vorteilscard-Senior. Norbert Pichler ist Besitzer der Seniorenkarte, seine Frau fährt mit Classic.

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Vor ein paar Tagen wollten die beiden von Wien nach Puchberg am Schneeberg fahren. Dieselbe Strecke kostete für das Ehepaar plötzlich unterschiedlich viel. Während für Frau Pichler ein Betrag von 7,50 Euro fällig wurde, musste der Ehemann zehn Euro hinblättern.

Eine Bahnstrecke - Zwei Ticketpreise

Norbert Pichler ging zunächst von einem technischen Fehler aus. Ein Schalterbeamter klärte den Pensionisten schließlich auf. Der Preisunterschied käme daher, dass für die Vorteilscard Classic der ÖBB-Tarif gelte - für die Vorteilscard Senior müsste man seit kurzem den neuen Seniorentarif des VOR berappen. Da der VOR einen höheren Fahrpreis verrechne als die ÖBB, müsse man also für dieselbe Strecke unterschiedliche Preise zahlen, je nachdem, mit welcher Vorteilskarte man unterwegs sei.

Neues Tarifsystem schuld an unterschiedlichen Kosten

Seit dem 6. Juli gilt im Verkehrsverbund Ost-Region, also in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland, ein neues Tarifsystem. Dieses beinhaltet auch eine eigene VOR-Seniorenermäßigung. Von der Umstellung sind damit auch Besitzer der ÖBB-Seniorenkarte betroffen, erklärt die Umwelt- und Verkehrsexpertin Doris Unfried von der Arbeiterkammer Wien (AK) gegenüber help.ORF.at. Wenn man im Verbundraum unterwegs sei, gelte in jedem Fall der Verbundtarif, es sei denn, es gebe kein entsprechendes Tarifangebot, erklärt die AK-Expertin.

Autobus VOR mit Sticker für Alte, Schwangere und Kinder

ORF.at/Christian Öser

Der neue VOR-Seniorentarif bringt nicht nur Vorteile

Bisher habe es seitens des VOR keinen Seniorentarif, also kein vergleichbares Angebot gegeben, daher konnten Besitzer der Vorteilscard-Senior den günstigeren ÖBB-Tarif nutzen. Dieses vergleichbare Angebot gäbe es nun, damit bestimmt der VOR den Tarif. Das erklärt auch die Verteuerung für Senioren. Denn während die ÖBB für Senioren einen 50-Prozent Rabatt gegeben hat, gewährt der VOR seinen Kunden lediglich einen Nachlass von 40 Prozent. Dies sei der Unterschied, so Unfried.

VOR weist die Kritik zurück

Ein Unterschied, der teuer kommt. Zumindest, wenn man ausschließlich auf ÖBB Strecken unterwegs ist. Eine Fahrt von Wien nach Wiener Neustadt kostet für Besitzer von ÖBB-Senior-Vorteilskarten im neuen Tarif um fast 15 Prozent mehr als bisher.

Beim VOR kann man die Kritik nicht nachvollziehen. Gerade für Senioren brächte das neue Tarifsystem deutliche Verbesserungen, meint der VOR-Mediensprecher Georg Huemer gegenüber help.ORF.at. Etwa auch vergünstigte Einzel- oder Tageskarten für Busse oder die U-Bahn. Dass man im neuen Seniorentarif auch die Öffentlichen Verkehrsmittel der Stadt Wien vergünstigt nutzen könne, werde häufig übersehen, so Huemer.

AK-Verkehrsexpertin Unfried räumt ein, dass etliche Fahgäste von der Reform profitieren. Es gebe aber auch Verlierer. Für Menschen, die zwar regelmässig mit der Bahn fahren aber anschließend keine Busse benötigen, seien die Vergünstigungen im lokalen Stadtverkehr weitgehend wertlos.

In Härtefällen ersetzt VOR einen Teil der Verluste

Wer mehr als 120 Euro im Jahr durch die Reform verliert, bekommt den Differenzbetrag vom VOR momentan zu 100 Prozent erstattet. Im kommenden Jahr sollen es noch 50 Prozent sein. Ab dem dritten Jahr laufen diese Abfederungsmaßnahmen aus. Die Arbeiterkammer fordert, dass sie auch über das dritte Jahr hinaus fortgesetzt werden. Vertreter der AK verhandeln derzeit mit den verschiedenen Verkehrsverbänden und Landesregierungen. Aus Niederösterreich kam bereits ein klares „Nein“, so Unfried: „Die politisch Verantwortlichen sehen einfach keinen Grund hier zusätzliche Abfederungsmaßnahmen zu schaffen.“

Ähnlich sieht man das beim VOR. Die Abfederungsmaßnahmen seien als Übergangslösung gedacht. Eine generelle Vergünstigung würde Neukunden benachteiligen. Betroffenen Senioren bleibt also derzeit nichts anderes übrig, als nachzurechnen, ob sie von dem neuen Seniorentarif tatsächlich profitieren. Ist dies nicht der Fall, sollte man auf die Classic-Card umsteigen, meinen Unfried und Huemer unisono. Mit dieser zahlt man zwar eine höhere Jahresgebühr, fährt aber weiter im günstigeren ÖBB Tarif.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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