Wie mit Energielabels getrickst wird

Man kennt sie von Waschmaschinen, Kühlschränken und anderen Elektrogeräten: die Energieeffizienzlabels. Am unteren Ende steht das tiefrote „G“. Am oberen Ende der Skala prangt das dunkelgrüne „A“ und verweist auf die Umweltmusterschüler der Elektronik. Für den Gründer des Reparatur- und Servicezentrums (R.U.S.Z), Sepp Eisenriegler, sind diese Plaketten glatter Schwindel.

Mit der Ökodesignrichtlinie hat die Europäische Union Normen geschaffen, die den Energieverbrauch von Elektrogeräten transparent machen sollen. Je grüner die Energieplakette, desto energiesparender das neue Elektrogerät. R.U.S.Z.-Leiter Eisenriegler sieht darin allerdings eine „Energieeffizienzlüge“. Auf diese Art würden Millionen von Waschmaschinen verkauft und natürlich auch produziert. Damit verbunden wären erhebliche Belastungen für die Umwelt, so Eisenriegler gegenüber help.ORF.at. Mehr als 50 Prozent aller Umweltbelastungen würden bei der Produktion und Distribution entstehen.

"Nun tauscht man ein gutes Gerät mit einem Alter von vielleicht zehn bis zwölf Jahren gegen ein neues, energieeffizientes Gerät aus. Dieses wurde mittlerweile so kurzlebig produziert, dass man nach etwa fünf Jahren wieder ein neues Gerät kaufen muss.

Sendungshinweis

„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Österreich 1

Geschönte Werte aus dem Testlabor

Eisenriegler kritisiert außerdem, dass die Tests, die durchgeführt werden, um eine Einstufung für die Energieplakette vorzunehmen, unter realitätsfernen Bedingungen ablaufen. Das gelte beispielsweise bei der Einstufung von Kühlgeräten. Die Energieeffizienzangaben würden nur dann erzielt, wenn ein Kühlschrank durchgehend leer ist. Darüber hinaus dürfe man die Kühlschranktür niemals öffnen oder schließen, wolle man den Werten des Labels gerecht werden.

Ähnlich unrealistisch seien die Testbedingungen bei Waschmaschinen. Es gebe häufig nur ein einziges Waschprogramm, das die angegebenen Energiewerte tatsächlich erreicht. Das Problem dabei: Nur 16 Prozent aller Waschgänge würden mit so einem Ökoprogramm durchgeführt, so Eisenriegler: „Die restlichen 84 Prozent sind genauso wenig energieeffizient wie die Programme ihrer vorigen Waschmaschine.“

Energie Label A+++ ohne Logos

help.ORF.at/Paul Urban Blaha

Wie vertrauenswürdig sind die grünen Plaketten?

Nur 16 Prozent waschen Wäsche im Ökoprogramm

Dass sich der Ökowaschgang so geringer Beliebtheit erfreut, mag auch daran liegen, dass solche Sparprogramme etwa doppelt so lange benötigen, bis die Wäsche fertig ist. Eisenriegler erklärt das damit, dass beispielsweise die 60-Grad-Wäsche mit maximal 28 bis 36 Grad gewaschen wird. Das Programm spare dort, wo die Maschine den meisten Strom verbrauche, nämlich beim Aufheizen. Um trotzdem sauber zu werden, müsse die Wäsche daher entsprechend länger gewaschen werden.

VKI: Industrie fordert unrealistische Testbedingungen

Eisenriegler hat verschiedene Energiewerte im Labor des R.U.S.Z. überprüft. Unabhängig davon kamen auch Stiftung Warentest und der Verein für Konsumenteninformation (VKI) zu ähnlichen Ergebnissen. Die Tests seien in Absprache mit Industrievertretern so gestaltet, dass die Produkte möglichst gut abschneiden können, erklärt der Leiter der VKI Testabteilung für Elektrogeräte und Dienstleistungen, Christian Kornherr. Er bestätigt gegenüber help.ORF.at, dass es bei der Vergabe der Energielabels derzeit keine realistischen Testszenarien gibt.

Staubsauger würden die auf dem Energielabel vermerkten Werte nur dann erzielen, wenn der Staubbeutel leer ist – und leer bleibt, so Eisenriegler. Moderne Flachbildfernseher würden die ökologischen Traumwerte nur im Energiesparmodus erreichen. Das gehe erheblich zulasten der Bildqualität. Wer auf strahlende Fernsehbilder Wert lege, benötige die fünffache Menge an Energie.

Global 2000: Energielabel hatte positive Auswirkungen

Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher bei Global 2000, möchte dem Energielabel nicht generell ein schlechtes Zeugnis ausstellen. Er ist der Auffassung, dass die Kennzeichnungen in den vergangenen zehn bis 15 Jahren eine wichtige technologische Entwicklung angestoßen haben. Insgesamt seien im Elektroniksektor heute wesentlich energieeffizientere Modelle auf dem Markt als damals. Dass der Energieaufwand bei der Neuproduktion von Geräten mit erheblichen Belastungen für die Umwelt einhergehe, ist aber auch der Umweltschutzorganisation bewusst. Global 2000 rät daher, alte Geräte so lange wie möglich zu verwenden und zu reparieren. Bei einer notwendigen Neuanschaffung sollte man aber darauf achten, ein energieeffizientes Modell zu wählen.

EU-Ökodesignrichtlinie wird überarbeitet

Auch VKI-Experte Kornherr möchte das Energielabel keineswegs diskreditieren. Er betrachte es als ein wichtiges Werkzeug im Kampf um eine intakte Umwelt. Kornherr sieht aber erheblichen Verbesserungsbedarf. Momentan dienen die Labels primär dazu, dass Geräte untereinander verglichen werden können. Über den realen Energieverbrauch und somit auch über eine eventuelle Kostenersparnis für die Konsumenten sagt die Plakette eher wenig aus. Das soll sich ändern: Die Ökodesignrichtlinie der Europäischen Union, die die Rahmenbedingungen für das Energielabel festlegt, wird derzeit überarbeitet.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

Mehr zum Thema: