Hohe Stornokosten bei abgesagten Hochzeiten

Der Heiratsmonat Mai steht vor Tür. Die Maßnahmen gegen die Coronavirus-Pandemie machen Hochzeitsplanungen jedoch einen Strich durch die Rechnung. Bis mindestens Ende Juni dürfen keine großen Feiern stattfinden. Viele Dienstleister verlangen hohe Stornogebühren, obwohl sie ihre Leistungen nicht erbringen können. Brautpaare müssen das nicht akzeptieren.

Seit Inkrafttreten der Maßnahmen gegen die Coronavirus-Pandemie sind Eheschließungen nur mehr unter Einhaltung der Abstandsregeln im „engen familiären Kreis“ erlaubt. Wie viele Menschen dieser umfasst, ist nicht definiert. Gemeint sei „die Kernfamilie, nicht der Neffe dritten Grades oder die Großtante“, so ein Sprecher des Sozialministeriums gegenüber help.ORF.at.

Stornoforderungen bis zu 50 Prozent

Dieser Umstand hat zur Folge, dass die allermeisten Hochzeiten, die für Mai oder Juni geplant waren, verschoben oder abgesagt werden. Gebuchte Aufträge bei Gasthäusern, Cateringfirmen, Frisören, Musikern, Fotografinnen und vielen mehr müssen storniert werden.

Bei größer geplanten Feiern, die jetzt behördlich untersagt sind, können die Dienstleister ihre Leistungen aufgrund „höherer Gewalt“ nicht wie vereinbart erbringen, so Ulrike Weiß, Leiterin der Konsumentenschutzabteilung der Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ). Da damit die Geschäftsgrundlage der Verträge nicht mehr gegeben sei, dürfe in einem solchen Fall keine Stornogebühr verlangt werden.

Ein Bräutigam streift bei der Trauung seiner Braut den Ehering über den Finger

APA/dpa-Zentralbild/Andreas Lander

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Dennoch erreichen die AK OÖ zahlreiche Anfragen betroffener Paare, die mit Stornoforderungen mancher Dienstleister von bis zu 50 Prozent konfrontiert sind. Konsumentenschützerin Weiß weist ausdrücklich darauf hin, dass keinerlei Verpflichtung besteht, derlei Forderungen nachzugeben. Bezahlt werden müssten ausschließlich jene Leistungen, die bereits vor Beginn der Beschränkungen am 16. März erbracht wurden.

Bestelltes Brautkleid muss bezahlt werden

Ein Brautkleid, das bestellt und geliefert wurde, müsse selbstverständlich bezahlt werden. Das könne auch im Oktober und November noch getragen werden, so Weiß. Nicht bezahlt werden müsse dagegen die bestellte Limousine für den Junggesellenabend, da im Wageninneren die Abstände nicht mehr eingehalten werden können. Ein solcher Vertrag sei damit nichtig.

Brautkleid und Mund-Nasen-Schutz

APA/AFP/Odd Andersen

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Ein Graubereich seien Hochzeiten, die ohnehin nur im kleineren Kreis geplant waren. In solchen Fällen wird es vom Einzelfall abhängen, ob eine kostenlose Stornierung möglich ist, so die Konsumentenschützerin. Dabei müsse man sich ansehen, für wie viele Personen reserviert wurde und wie viele tatsächlich aufgrund der behördlichen Anordnungen an der Feier teilnehmen dürfen. Könne hier mit den Unternehmen keine Einigung erzielt werden, müssten diese Fragen im Nachhinein vor Gericht geklärt werden.

Einvernehmliche Lösung suchen

Keine kostenlose Stornierung gelte theoretisch für Trauungen, deren Feierlichkeiten am festgesetzten Termin wie geplant im kleinen Rahmen stattfinden können. Etwa wenn Unternehmen eine Möglichkeit finden, ihre vertraglich vereinbarten Leistungen trotz Beschränkungen einzuhalten, so Weiß. Welche Stornokosten dann anfallen, hänge vom jeweiligen Vertrag ab. Ein solcher Fall sei der AK bisher aber nicht bekannt.

Konsumentenschützerin Weiß empfiehlt Brautpaaren in jedem Fall, so rasch wie möglich die beauftragten Unternehmen zu kontaktieren und einvernehmliche, individuelle Lösungen anzustreben. Derlei Vereinbarungen sollten aus Beweisgründen auch schriftlich getroffen werden, etwa per E-Mail.

Vorsicht sei außerdem bei vielen Gaststätten geboten, die derzeit vermehrt höhere Anzahlungen verlangen würden. Auch hier rät Ulrike Weiß dringend davon ab, diesen Forderungen nachzugeben, da das Risiko im Falle einer Insolvenz des Unternehmens bei den Konsumentinnen und Konsumenten läge, so Weiß.

„Hohe Stornogebühren sittenwidrig“

Auch Elisabeth Brandl von der Standesvertretung der Hochzeitsplaner in Österreich hält die von vielen Unternehmen geforderten hohen Stornogebühren bei der Absage von Hochzeiten in Zeiten von Corona für „sittenwidrig“. Seit Inkrafttreten der Maßnahmen würden rund 80 Prozent der Hochzeiten verschoben Etwa 20 Prozent würden momentan abgesagt. Derzeit werden in Standesämter in Wien keine Trauungen durchgeführt, erst wieder ab Mai mit maximal fünf Personen und Schutzmaske. Auch eine Hochzeit via Livestream soll möglich sein.

Große Hochzeiten frühestens im Herbst

Im restlichen Österreich haben nur einzelne Gemeinden ihre Standesämter für Hochzeiten geöffnet. Elisabeth Brandl ist keine von einem Hochzeitsplaner organisierte Feier in Österreich bekannt, die nicht verschoben oder abgesagt wurde.

„Eine Hochzeit passt einfach nicht in eine Zeit, in der es vielen anderen schlecht geht“, so Brandl. Paaren mit 200 Gästen und mehr empfiehlt die Expertin derzeit, ihren Termin auf frühestens Herbst zu verschieben, wenn man einigermaßen sicher sein könne, dass die Gegebenheiten es möglich machen.

Kleinere Hochzeiten mit rund 30 Personen könnten auch im August wieder möglich sein, mutmaßt Brandl. Die Hochzeitsplanerin sieht die Coronavirus-Zeit aber auch als eine Chance für Paare. Die Organisation der Feierlichkeiten gingen im Moment ja über Videotelefonie weiter: „Viele denken jetzt erstmals über Hochzeiten in Winter nach, was schöne neue Möglichkeiten eröffnet“, so Brandl. Die meisten Paare hätten ihre Hochzeitsfeier aber bereits auf nächstes Jahr verschoben.

Jonathan Scheucher, help.ORF.at

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