Fragwürdige Bonitätsprüfungen durch TopEnergy

Der Energiediskonter TopEnergy lehnt potentielle Kunden laufend wegen angeblicher Bonitätsprobleme ab, obwohl die Betroffenen noch nie Bonitätsprobleme hatten. Eines haben aber alle gemeinsam: Sie wechselten schon öfter den Energieanbieter und vermuten nun, dass das der wahre Grund sei, warum sie bei TopEnergy unerwünscht sind.

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„Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir Ihre Bestellung aufgrund eines nicht ausreichenden Bonitäts-Checks stornieren müssen.“ Mit dieser knappen Begründung teilt der Energieanbieter TopEnergy Konsumentinnen und Konsumenten mit, dass sie als Kunden unerwünscht sind. Bei vielen sorgt das Schreiben für Verwunderung, denn Bonitätsprobleme hatten die Betroffenen in der Regel noch nie.

Zweifel an Bonitätsprüfung am Wochenende

Eine entsprechende Bonitätsprüfung scheint in manchen Fällen erstaunlich rasch zu erfolgen, so ein betroffener Polizeibeamter. Er habe seinen Wechselantrag zu TopEnergy an einem Samstag um 18:16 Uhr gestellt. Am darauffolgenden Montag um 07:15 Uhr kam die Ablehnung, mit Verweis auf die „nicht ausreichende Bonität“. Der Beamte hat erhebliche Zweifel daran, dass eine Bonitätsprüfung innerhalb so kurzer Zeit durchgeführt werden kann, insbesondere an einem Wochenende. Er habe darüber hinaus seine Verbindlichkeiten stets beglichen und noch nie Kreditschwierigkeiten gehabt, so der Polizist gegenüber help.ORF.at.

Es handelt sich keineswegs um einen Einzelfall. Beschwerden über den Strom- und Gasdiskonter TopEnergy beschäftigen help.ORF.at schon seit mehreren Jahren. Zum Beispiel reichte ein betroffener Wiener den Antrag um einen TopEnergy-Energieliefervertrag für seine Mutter ein. Auch hier erfolgte die Ablehnung aufgrund einer angeblich „nicht ausreichenden Bonität“. Und auch hier handelt es sich um eine (mittlerweile pensionierte) „Beamtin der Republik, die zeitlebens noch nie Zahlungsschwierigkeiten gehabt hat“, so der Antragsteller.

Hochspannungsleitungen

dpa/dpa-Zentralbild/Z6524 Jürgen Lösel

Der Energiediskonter TopEnergy spricht nicht gerne über seine Bonitätskriterien

Anbieterwechsel als Stolperstein?

Eines haben aber alle Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich an help.ORF.at wandten, gemeinsam: Sie wechselten in der Vergangenheit bereits mehrfach den Energielieferanten. Schließlich werde man von der Regulierungsbehörde der Elektrizitäts- und Gaswirtschaft (E-Control) immer wieder ermutigt, diese angeblichen Vorteile des liberalisierten Strommarktes zu nutzen und den Anbieter zu wechseln, so ein abgelehnter Kunde. Hier werde man dann herb enttäuscht.

Die betroffenen Konsumenten vermuten, dass nicht eine mangelnde Bonität der Grund für die Ablehnung ist, sondern die Tatsache, dass sie häufig den Anbieter wechseln. Damit könne man im ersten Jahr nicht selten Rabatte lukrieren und sei für TopEnergy zunächst wohl nicht lukrativ, so der Verbraucher. Er habe von TopEnergy eine Stellungnahme verlangt. In der Antwort des Unternehmens (die der Redaktion vorliegt) heißt es, dass eine „nicht ausreichende Bonität“ nicht bedeuten müsse, dass die Bonität schlecht ist. Man habe aber die vorgegebenen Kriterien der Geschäftsleitung nicht erreichen können.

Intransparente Bonitätskriterien bei TopEnergy

Auf Anfrage von help.ORF.at erklärt der Anwalt von TopEnergy, dass man mit Bonitätsprüfern zusammenarbeite. Diese würden Score-Werte an das Unternehmen übermitteln. Anhand dieser Score-Werte und der Erfahrungen von TopEnergy würde dann entschieden, ob eine Bonität ausreichend sei oder nicht. Über die genauen Kriterien wisse man nichts, da diese von den Bonitätsprüfern erstellt würden.

Help.ORF.at wollte außerdem wissen, ob TopEnergy Kunden ablehnt, die in der Vergangenheit den Energieanbieter gewechselt haben. Das bestreitet das Unternehmen. Sämtliche Ablehnungen würden ausschließlich aufgrund der intern beurteilten Bonitätssituation erfolgen, wie es heißt.

Auch die E-Control kennt TopEnergy-Kriterien nicht

Bei der E-Control ist TopEnergy bereits aufgefallen. Warum das Unternehmen Neukunden immer wieder ablehnt, könne aber auch die Regulierungsbehörde nicht beurteilen, so E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch. Denn auch gegenüber der E-Control nenne das Unternehmen keine konkreten Kriterien, die für eine Vertragsablehnung maßgeblich wären.

Grundsätzlich gilt natürlich, dass Unternehmen frei entscheiden können, mit welchen Personen sie einen Vertrag abschließen möchten und mit welchen nicht. Hier haben Unternehmerinnen und Unternehmer die gleichen Rechte wie Verbraucherinnen und Verbraucher. Begründen muss man eine Vertragsablehnung nicht, auch nicht gegenüber der Regulierungsbehörde.

TopEnergy kann sehen, welche Kunden wechseln

Richtig sei allerdings, dass ein Energielieferant immer den Vorlieferanten sehen könne und daraus auch Rückschlüsse über ein Wechselverhalten potentieller Kundinnen und Kunden ziehen könne, so Urbantschitsch. Der E-Control sei es aber nicht möglich, festzustellen, warum ein bestimmter Vertrag zustande komme oder eben nicht. Der E-Control-Vorstand rät Kunden, die aus Bonitätsgründen abgelehnt wurden, auf jeden Fall genauere Informationen von TopEnergy einzufordern. Aufgrund der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist das Unternehmen verpflichtet, Auskunft darüber zu geben, welche Bonitätsdaten vorliegen.

E-Control will weiter beobachten

Abgelehnte Kunden fragen mittlerweile, warum der Energieanbieter TopEnergy nach wie vor im Tarifkalkulator der E-Control gelistet ist. Hier erreicht das Unternehmen mit seinen Angeboten nicht selten Spitzenpositionen. Der Tarifkalkulator biete eine Übersicht über die verfügbaren Angebote am Energiemarkt und helfe beim Preisvergleich, so Urbantschitsch. Trotz der Beschwerden werde TopEnergy auch weiterhin gelistet bleiben. Relevante Angebote müssten hier aufscheinen, dazu sei man gesetzlich verpflichtet. Derzeit erziele TopEnergy genügend Vertragsabschlüsse und erfülle somit die erforderlichen Kriterien.

Konsumentinnen und Konsumenten, die den Anbieter wechseln möchten, rät der E-Control Vorstand allerdings, einen anderen Energielieferanten aus dem reichhaltigen Angebot des Tarifkalkulators zu wählen, wenn man feststellen sollte, dass „ein besonders auffälliges Unternehmen namens TopEnergy keinen Wert darauf legt, mit allen Kundinnen und Kunden Verträge abzuschließen“. Man werde das Geschäftsgebaren von TopEnergy in jedem Fall weiter im Auge behalten, versichert Urbantschitsch.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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