Lebensmittel: Immer wieder Fälschungen

Wenn man Lebensmittel illegal mit billigeren Zutaten streckt, panscht oder die Inhaltsstoffe falsch deklariert, kann man große Gewinne einfahren. Für Verbraucher ist der Betrug nicht zu erkennen - für die Behörden ist das Entlarven der Fälschungen eine langwierige Aufgabe.

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Vor einigen Monaten haben die Polizeibehörden Europol und Interpol wieder zugeschlagen: Bei der Operation „Opson“, die nach dem griechischen Begriff für den Gehalt des Essens benannt ist, wurden in 67 Ländern mehr als 3.600 Tonnen Lebensmittel beschlagnahmt, darunter verdorbenes Fleisch, gefärbter Thunfisch oder Haselnüsse, die mit minderwertigen Nüssen gestreckt wurden.

In Österreich habe man keine nennenswerte Funde gemacht, sagt Alexander Hengl vom Wiener Marktamt. Denn hierzulande sei Lebensmittelbetrug nur ein sehr kleines Problem, u.a. weil die Österreicherinnen und Österreicher hauptsächlich regional einkaufen. International tauchten aber immer wieder größere Betrüger- und Fälschernetzwerke auf.

Gepanscht, gestreckt, gefärbt

Zu den Produkten, die oft „gefälscht“ werden, gehören teure Öle oder edle Fische, wie frischer Thunfisch. Der werde gefärbt, damit er frischer und hochwertiger aussehe, sagt Heinz Schöffl, von der Abteilung Konsumentenpolitik de Arbeiterkammer Wien. „Auch das ist natürlich so eine klassische Konsumententäuschung über die Beschaffenheit eines Produktes“, so der Lebensmittelexperte.

Bei teuren Fischprodukten haben die Lebensmittelinspektoren und das Bundeskriminalamt auch in Österreich bereits Fälschungen gefunden. Bei der „Opson“-Aktion 2017 beschlagnahmten Alexander Hengl und seine Kollegen gefälschten Kaviar auf einem Wiener Markt. „Die Dose hat vermutlich so an die 1.000 Euro gekostet im Verkauf, die wertbestimmenden Einzelteile darin waren aber vielleicht 80 Euro wert“, so Hengl. Bei solchen Größenordnungen zahle sich ein Betrug also leider aus.

Die Behörden müssen die potentiell gefälschten Lebensmittel im Labor untersuchen. Die große Herausforderung dabei sei, zu ahnen, wonach man suchen müsse, sagt Hengl. Außerdem müssten die Lebensmittelinspektoren den Ursprung der Inhaltsstoffe zurückverfolgen, um die Echtheit zweifelhafter Produkte nachvollziehen zu können. „Dabei handelt es sich mitunter um kleinteilige Detektivarbeit“, meint Hengl.

Immer wieder Etikettenschwindel

Neben teuren Fischprodukten oder kaltgepressten Ölen würden vor allem geschützte regionale Produkte gefälscht, sagt Heinz Schöffl. „Etwa der San Daniele Schinken oder der Balsamico-Essig aus Modena, da ist es in der Vergangenheit schon vorgekommen, dass Betrüger Etikettenschwindel betrieben haben“, so Schöffl.

Dass Lebensmittel im großen Stil gefälscht werden, ist kein neues Phänomen. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde teure Butter mit billigerer Margarine gestreckt oder Butterschmalz mit Kokosfett. 1985 führte eine frühzeitige Weinlese zu sauren Trauben deren Saft dann von einigen Winzern mit Frostschutzmittel aufgepeppt wurde und, einmal aufgedeckt, als Glykolwein bekannt wurde.

Nachfrage befördert Betrug

Mittlerweile spielen Ernteausfälle eine kleinere Rolle beim Lebensmittelbetrug, dafür scheinen Essentrends zur treibenden Kraft zu werden. Die plötzlich große Nachfrage nach Superfood wie Chia-Samen aus Südamerika habe dazu geführt, dass die teuren Körnchen teilweise mit Sesam oder Amaranth gestreckt werden, wie die Universität Karlsruhe in einer Studie zeigte. Für Menschen mit Allergien kann das zu gesundheitlichen Problemen führen.

Erkennbar seien diese Fälschung allerdings nur äußerst selten, selbst für die herstellende Industrie, meint Lebensmittelexperte Schöffl. „Wenn ein Produkt zu einem sehr hohen Grad industriell verarbeitet ist und die Rohstoffe aus verschiedensten Quellen stammen, dann ist es natürlich auch für den Produzenten sehr häufig nicht leicht nachvollziehbar, wo die Rohstoffe herkommen“, so Schöffl.

Seit fünf Jahren europäische Datenbank

Der letzte große Lebensmittelskandal ist den meisten noch im Gedächtnis: 2013 tauchten in Österreich und vielen anderen Ländern Fertiggerichte und Wurstwaren auf, in denen statt des angegebenen Rindfleischs faschiertes Pferdefleisch enthalten war. Ein groß angelegter Lebensmittelbetrug, bei dem mehr als 750 Tonnen nicht deklariertes Pferdefleisch in verschiedenen Produkten, allen voran Teigwaren wie Ravioli oder Tiefkühllasagne, entdeckt wurden.

In der Folge hat die Europäische Union eine Datenbank für gefälschte Lebensmittel eingerichtet. „Nach dem Pferdefleischskandal hat man gesagt, dass es nicht nur ein EU-weites Warnsystem bei gesundheitsschädlichen Lebensmitteln geben muss, sondern auch eines, in dem Fälschungen und Betrügereien dokumentiert werden“, so Hengl.

Marlene Nowotny, help.ORF.at

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