Onlinebewertung: Auf die richtige Wortwahl kommt es an

Wer mit einem Produkt oder einer Dienstleistung unzufrieden ist, kann seinem Ärger auf Internetplattformen rasch Luft machen. Solche Onlinebewertungen können ein teures Nachspiel haben, wenn per Anwalt die Löschung des Postings und Geld verlangt werden. Negative Meinungsäußerungen und harte Kritik sind aber erlaubt - es kommt nur auf die richtige Wortwahl an.

Sendungshinweis

„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1.

Viele Konsumenten orientieren sich an Kundenbewertungen im Internet, wenn sie etwas kaufen, einen Handwerker oder einen Arzt suchen. Unternehmen wehren sich oft gegen schlechte Onlinebewertungen mit rechtlichen Mitteln, wie der Fall einer Hundebesitzerin zeigt.

Tierarzt verlangte Löschung und 144 Euro

Die Wienerin war mit ihrer Hündin beim Tierarzt. Mit der Behandlung war sie unzufrieden, weil sie meinte, der Tierarzt hätte ein später von der Veterinärmedizinischen Universität (Vetmed) diagnostiziertes Leiden schon damals erkennen müssen. In ihrer Onlinebewertung über den Tierarzt schrieb sie: „Er war zwar freundlich, doch ist ihm ein Fehler unterlaufen, welcher nicht hätte passieren dürfen“.

Wenig später bekam die Frau Post von einer Rechtsanwaltskanzlei mit der Aufforderung, die Bewertung auf Google zu löschen bzw. richtigzustellen und „weitere derartige unrichtige Angaben in Zukunft zu unterlassen“. Außerdem sollte sie 144 Euro Kostenersatz für die Abmahnung zahlen. Die Hundebesitzerin verstand die Aufregung um ihre Onlinebewertung nicht: „Ich finde, dass sie recht freundlich und sachlich war und einfach auf den Punkt gebracht hat, was passiert ist“. Sie habe die Bewertung dennoch sofort gelöscht, weil sie keine Probleme wollte. Die Bezahlung der verlangten 144 Euro lehnte sie aber ab, sie habe ja „weder gelogen, noch jemanden wüst beschimpft“.

Zulässig: „Nicht gut beraten“, „nicht bekömmlich“

„Grundsätzlich ist das Recht auf freie Meinungsäußerung sehr weitreichend“, so Barbara Bauer, Juristin beim Verein für Konsumenteninformation (VKI). Subjektive Werturteile seien zulässig und könnten auch relativ harte Kritik an einem Unternehmen umfassen. Beleidigungen und Beschimpfungen - „Wertungsexzesse“ - seien jedoch verboten. „Ich kann zum Beispiel das Essen im Restaurant als ‚nicht so bekömmlich‘ oder als ‚nicht gut‘ bezeichnen. Ich darf aber nicht den Restaurantbetreiber beschimpfen“, so Bauer.

Illustration einer Onlinebewertung

Getty Images/vladwel

Als subjektives Werturteil zulässig: „Ich habe mich nicht gut beraten gefühlt“

Heikel wird es bei Tatsachenbehauptungen. Sie sind im Unterschied zu subjektiven Meinungsäußerungen Aussagen, die sich auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfen lassen. " Ich darf nicht unrichtigerweise behaupten, das Essen im Restaurant wäre verdorben, wenn ich diese Aussage nicht belegen kann", so die Juristin. Noch ein Beispiel: Wer einen Arzt online bewertet darf ihm keinen Kunstfehler unterstellen, außer der Fehler wurde vor Gericht bewiesen. Man darf aber sagen: „Ich habe mich nicht gut beraten gefühlt, weil das und das passiert ist“. Das wäre als subjektive Meinungsäußerung erlaubt.

Beweisfrage: „Fehler“, „verdorben“

Ob der Tierarzt einen Behandlungsfehler beging, werde wohl nur ein Sachverständiger vor Gericht klären können. „Hier stellte die Konsumentin eine Tatsachenbehauptung auf, die auch stimmen muss“, so die Juristin. Sollte die Hundebesitzerin der Meinung sein, dass sie ihm den Fehler nachweisen kann, sei sie nicht verpflichtet, dieses Posting zu löschen und eine Unterlassungserklärung abzugeben.

Eine Unterlassungserklärung ist eine Verpflichtung, ein bestimmtes Verhalten künftig zu unterlassen. Rechtsanwälte würden diese mitunter sehr weit fassen. „Ich kann nicht umfassend dazu verpflichtet werden, Kritik am Unternehmer zukünftig zu unterlassen“, so Bauer. Die Verpflichtung müsse sich immer auf ein konkreten Rechtsverstoß beziehen. Nutzer sollten also überprüfen, ob die verlangte Unterlassungsverpflichtung auch ihrem Umfang nach gerechtfertigt ist.

Löschen der Bewertung genügt oft nicht

Nach einer gerechtfertigten Abmahnung durch einen Anwalt nur die Bewertung zu löschen und nichts zu bezahlen, reicht nicht aus. Welche Summen Anwälte verlangen dürfen ist laut VKI nicht pauschal festgelegt. Manche Abmahnung kosten nichts, andere zwischen 100 und 200 Euro, aber auch 1.000 und 2.000 Euro seien keine Seltenheit. Die Expertin rät, sich zunächst die Kosten vom Anwalt aufschlüsseln zu lassen: „Unserer Erfahrung nach gibt es auch einen gewissen Verhandlungsspielraum bei den Kosten“. Auf jeden Fall sollten sich Nutzer möglichst rasch mit dem Unternehmen und dessen Anwalt in Verbindung setzen.

Computertastatur

ORF.at/Dominique Hammer

Eine Löschung wird meist als Schuldeingeständnis gewertet

Teuer wird es, wenn man den Kopf in den Sand steckt und gar nicht auf eine Abmahnung reagiert – dann könnte es sogar zu einer Klage kommen. Trotzdem müssten Konsumenten jetzt nicht „auf Zehenspitzen“ im Internet unterwegs sein, so VKI-Juristin Bauer. Ihr Tipp: Nicht in der ersten Wut eine Bewertung schreiben, sondern überlegen, ob man vielleicht doch im Unrecht ist und wie sich die erhobenen Vorwürfe nachweisen lassen. Bei Onlinebewertungen dürfe man gewisse Grenzen eben nicht überschreiten: „Und wenn man sich einen Tag länger überlegt, wie man bewertet, bewertet man dann vielleicht etwas sachlicher“.

Die Wiener Hundebesitzerin beriet sich übrigens nochmals mit ihrem Anwalt und bezahlte schließlich auch die geforderten 144 Euro Abmahnkosten. Der Anwalt habe ihre Chancen in einem Prozess auf 50:50 geschätzt. Dass Sie die Bewertung sofort gelöscht habe, sei eine Fehler gewesen. Denn das werde meist als Schuldeingeständnis gewertet, so die Konsumentin.

Karin Fischer, help.ORF.at

Link:

Mehr zum Thema: