Welche Rechte Flugpassagiere haben

Wenn das Flugzeug nicht pünktlich startet oder der Flug ausfällt, wissen Konsumenten oft nicht über ihre Rechte Bescheid. Muss man sich selbst um einen Ersatzflug kümmern, wer bezahlt diesen? Gibt es Anspruch auf Entschädigung? Was sind „außergewöhnliche Umstände“, die Fluglinien so gerne anführen, um Forderungen abzuweisen? Wie man zu seinem Recht kommt, wenn es Ärger mit der Fluglinie gibt.

Die Passagiere warten schon am Gate, um endlich in das Flugzeug zu gelangen, da ertönt die Durchsage: Der Abflug wird sich verzögern. Aus einer Stunde Wartezeit werden zwei, drei oder noch mehr. Flugverspätungen sind die häufigsten Beschwerden von Reisenden beim Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ).

Airline muss gestrandete Passagiere versorgen

Im Idealfall sollten sich Passagiere bei einer Verspätung um nichts selbst kümmern müssen. Die Airline muss von sich aus über Wartezeiten, Ersatzflüge und Betreuungsleistungen informieren. „In der Praxis passiert das leider sehr selten“, so Andreas Herrmann, Jurist beim EVZ.

Reisende warten in Berlin auf dem Flughafen Tegel

Jörg Carstensen/dpa

Fluglinien müssen Reisende bei Verspätungen informieren und betreuen

Passagiere haben während der Wartezeit Anspruch auf Getränke und Snacks. Bei kurzen Flügen bis 1.500 Kilometer gilt das ab einer Verspätung von zwei Stunden, bei längeren Flügen innerhalb der EU ab drei Stunden. Zu den Betreuungsleistungen gehören auch Telefonate, E-Mails sowie die Übernachtung in einem Hotel inklusive Transport, wenn man erst am nächsten Tag fliegen kann. Muss man sich selbst um Verpflegung und Unterbringung kümmern, sollte man die Rechnungen dafür aufheben, um das Geld später von der Airline zurückzufordern.

Anspruch auf Rücktritt und Entschädigung

Ist der Flug länger verspätet, überbucht oder fällt aus, haben Konsumenten das Recht, vom Flug zurücktreten und den Ticketpreis zurückzubekommen. Wollen sie trotzdem fliegen, muss ihnen eine alternative Beförderung angeboten werden. Das kann auch ein Flug mit einer anderen Airline, mit dem Bus oder dem Zug sein. Bei Umsteigeverbindungen ist die Fluglinie verpflichtet, die Passagiere zum Ausgangsort zurückzufliegen, wenn diese das wollen.

Bei Verspätungen von mehr als drei Stunden oder bei Annullierung eines Fluges besteht zusätzlich ein Anspruch auf Entschädigung. Diese Ausgleichszahlung beträgt je nach Flugentfernung zwischen 250 und 600 Euro. Allerdings berufen sich Fluglinien gerne auf „außergewöhnliche Umstände“, also Ereignisse, die die Airline nicht kontrollieren kann, etwa Streiks, das Wetter und Vogelschlag, und da gibt es kein Geld.

Was ein „außergewöhnlicher Umstand“ ist

Was genau ein „außergewöhnlicher Umstand“ ist, beschäftigt immer wieder die Gerichte. Ein technisches Gebrechen wie etwa eine Computerpanne ist jedenfalls keiner. „Hier sollten sich Konsumenten nicht einfach abspeisen lassen“, so Maria-Theresia Röhsler, Leiterin der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (APF). Bei Zweifeln an der Argumentation der Airline rät sie dazu, den Fall durch die Schlichtungsstelle APF klären zu lassen. Manche Fluglinien bieten auch Gutscheine statt Geld an, akzeptieren muss man das nicht.

Flightboard

APA/dpa/Holger Hollemann

Ob ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt, muss die Fluglinie beweisen

EVZ sieht Verzögerungstaktik der Fluglinien

„Fluglinien haben einige Tricks, um Kunden zu zermürben“, so EVZ-Jurist Herrmann. Dazu gehörten fehlende Information an Ort und Stelle über Betreuungsleistungen, Gutscheine statt Geld und schleppende Beantwortung von Beschwerden. Oft blieben die Unternehmen auch den Nachweis über „außergewöhnliche Umstände“ schuldig.

Airlines in Spanien forderten Kunden bei Beschwerden oft dazu auf, ihnen Ausweise im Original zu schicken. Davon rät das EVZ ab. Reiseunterlagen im Original solle man nur als Einschreiben versenden und wieder zurückverlangen. Passagiere, die über Flugportale oder Reisebüros gebucht haben, müssen von der Fluglinie direkt informiert werden, wenn ihr Flug gestrichen wird. Nur das Reisebüro oder das Flugportal zu benachrichtigen sei zu wenig, so APF-Leiterin Röhsler. Trotzdem versuchten Fluglinien das immer wieder.

Wer bei Ärger mit Airlines weiterhilft

Erste Anlaufstelle bei Beschwerden ist immer jene Fluglinie, die den Flug tatsächlich durchgeführt hat – auch wenn bei einer anderen gebucht wurde. Damit die Bearbeitung nicht verschleppt wird, sollten Konsumenten eine Frist von ein bis zwei Wochen setzen, rät man beim EVZ. Das EVZ hilft kostenlos bei Ärger mit Fluglinien, ebenso die APF. Fluggastrechteportale verlangen hingegen eine Provision.

An die APF kann man sich erst wenden, wenn die Fluglinie länger als acht Wochen nicht antwortet oder es keine Einigung gibt. Die Schlichtungsstelle führte in den ersten fünf Monaten des heurigen Jahres bereits 350 Verfahren durch. 80 Prozent davon gingen positiv für die Konsumenten aus, und sie bekamen Geld zurück. In einem Blog informiert die APF über aktuelle Fälle und wie sie gelöst wurden. Gestrandete Passagiere finden hier die Kontaktdaten der meisten Fluglinien.

Karin Fischer, help.ORF.at

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