Sturmschaden: Versicherung besteht auf unmöglicher Reparatur

Doppelten Ärger gab es für eine Pensionistin aus Niederösterreich. Ihre Markise fiel einem Sturm zum Opfer. Die Wiener Städtische will die Kosten für eine neue Markise aber nicht übernehmen, sondern lediglich eine Reparatur bezahlen. Das Problem dabei: Die Rentnerin konnte keinen Betrieb finden, der die Reparatur durchführen würde.

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In der Nacht auf den elften Dezember 2017 fegte heftiger Wind über die Gegend von Klosterneuburg. Am Morgen entdeckte die Pensionistin Waltraud Birkner (Name geändert), dass der Sturm ihre Wintergartenmarkise stark beschädigt hatte, der Stoff war zerrissen, und sie ließ sich nicht mehr einfahren.

Sachverständiger fordert Reparatur - Händler lehnt ab

Waltraud Birkner wandte sich an den Händler, der ihr die Markise verkauft hatte. Dieser lehnte eine Reparatur ab, da kaum noch Ersatzteile zur Verfügung stünden. Der Händler empfahl, eine neue Markise zu erwerben. Diese wurde mit knapp 4200 Euro veranschlagt. Die Pensionistin schickte den Kostenvoranschlag an die Wiener Städtische, bei der sie seit vielen Jahren Kundin ist.

Erst knapp eineinhalb Monate später schickte diese einen Sachverständigen. Dieser habe gemeint, dass das Sonnendach repariert werden könne und dies weit günstiger sei als ein Neukauf. Auch gegenüber help.ORF.at bestätigt der Sachverständige seine Bewertung. Lediglich die Bespannung der Markise sei beschädigt und müsste erneuert werden, so der Experte. Das Gestänge und die Automatik des Sonnendachs seien voll funktionstüchtig gewesen, eine Neuanschaffung auf Kosten der Versicherung daher nicht zu rechtfertigen. Der Pensionistin habe er demnach geraten, ein günstigeres Angebot zu suchen.

Markise

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Markisen, sowie deren Reparatur, können ordentlich ins Geld gehen

Kundin holte mehrere Kostenvorabschläge ein

Basierend auf der Expertise des Sachverständigen erklärte sich die Wiener Städtische dazu bereit, 2.160 Euro an Reparaturkosten zu übernehmen. Frau Birkner folgte derweil dem Rat des Sachverständigen und ließ einen weiteren Kostenvoranschlag bei einem anderen Unternehmen erstellen. Mit gut 5.000 Euro war dieser jedoch noch teurer ausgefallen. Die Pensionistin schickte also das günstigere Angebot an die Wiener Städtische. In der Folge habe sie über längere Zeit nichts mehr von der Versicherung gehört.

Im Vertrag der Markisenfirma sei gestanden, dass das Angebot zeitlich begrenzt sei, so Birkner. Ein neuerlicher Antrag hätte 12 Wochen gedauert. Aus Zeitdruck entschloss sich die Konsumentin schließlich, das günstigere Angebot anzunehmen, und stellte die neue Markise dem Versicherer in Rechnung. Die Wiener Städtische weigert sich seither, die vollen Kosten zu übernehmen. In einer Stellungnahme gegenüber help.ORF.at heißt es: „Die Markisenbespannung von Frau Birkner wurde während eines Sturms im Bereich der Nahtstellen aufgerissen. Laut Sachverständigem betrug der Schaden am Stoff 2.160 Euro – diesen Betrag hat unsere Kundin auch erhalten.“

Neuanschaffung nur mit Genehmigung der Versicherung

Dass Waltraud Birkner die neue Markise letztlich ohne Genehmigung der Versicherung einbauen ließ, sei ein Fehler gewesen, sagt Gabi Kreindl, Versicherungsexpertin beim Verein für Konsumenteninformation (VKI). Die Konsumentin hätte natürlich beim Versicherer nachfragen und sich die Neuanschaffung genehmigen lassen müssen.

Die Kosten von 2.160 Euro für das Bespannen einer Markise, die der Sachverständige errechnet hat, sind zwar durchaus realistisch, und eine Versicherung könne eine Reparatur auch verlangen, sofern diese durchführbar sei, so Kreindl. Doch genau das sei in diesem Fall fraglich. Denn wenn mehrere Unternehmen ablehnen, diese Reparatur durchzuführen, habe der Verbraucher ja kaum Möglichkeiten. Schließlich könne die Versicherung auch nicht erwarten, dass ein Pfuscher ans Werk gelassen wird. Daher müsse man vom Versicherer in so einem Fall eigentlich verlangen können, dass er die Kosten übernimmt, so Kreindl.

Reparatur möglich? Händler widerspricht Versicherung

Die Wiener Städtische argumentiert, dass eine Reparatur sehr wohl möglich gewesen wäre, da die Markisenfirma gegenüber dem Sachverständigen angegeben habe, dass der Hersteller eine neue Bespannung liefern würde. In einer schriftlichen Stellungnahme des Markisenverkäufers heißt es dazu: „Grundsätzlich stimmt die Aussage, dass der Stoff an sich bestellbar ist. Ich habe aber auch die Info weitergegeben, welche ich vom Werk des Herstellers in Deutschland bekommen habe. Es gibt nur noch einzelne Ersatzteile, und deshalb kann keine Reparatur im Werk des Herstellers garantiert werden. Man könnte die Markise lediglich auf eigenes Risiko und verbunden mit nicht unerheblichen zusätzlichen Kosten nach Deutschland senden und dort eine Reparatur versuchen. Jedoch sind speziell die Ersatzteile rund um die Führungsschienen das Problem, da diese am häufigsten defekt sind. “

Wiener Städtische bleibt hart

Dass die defekte Markise nach Deutschland zum Hersteller geschickt wird, um dort einen Reparaturversuch zu starten und sie anschließend wieder nach Österreich zu befördern, könne wohl kaum eine ernsthafte Alternative sein, meint VKI-Juristin Kreindl. Dennoch bleibt die Wiener Städtische unverändert bei ihrem Standpunkt und schreibt: „Wir haben den durch den Sturm entstandenen Schaden an der Markise bedingungsgemäß ersetzt. Die Erneuerung des Gestänges der Markise war nicht notwendig, da dieses unbeschädigt und funktionsfähig war. Eine Übernahme der kompletten Erneuerung der Markise ist nicht möglich.“

Die Wiener Städtische fordert also weiterhin eine Reparatur, die der Händler nicht wirtschaftlich durchführen kann. Kreindl hat für das Vorgehen des Versicherungsunternehmens kein Verständnis. Wenn mehrere Unternehmen eine Reparatur ausschließen, dann müsse man das auch zur Kenntnis nehmen, so die Expertin. Man könne schließlich vom Verbraucher nicht verlangen, dass er hunderte Kostenvoranschläge einholt, um letztlich vielleicht irgendjemanden zu finden, der eine Reparatur doch noch durchführt.

Trotz mehrmaliger Nachfrage durch help.ORF.at konnten uns übrigens weder die Wiener Städtische noch ihr Sachverständiger ein Unternehmen nennen, das zu einer Reparatur bereit gewesen wäre.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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