Gasrechnung verzehnfacht – Mieterin muss zahlen

Innerhalb eines Jahres soll sich die Gasrechnung einer Mieterin aus Wien fast verzehnfacht haben. Sie vermutet ein Gasleck in der Hauptleitung als Ursache, kann das aber nicht beweisen. In solchen Fällen sind auch Konsumentenschützer meist ratlos. Wenn Energiekosten plötzlich ein Vielfaches des gewohnten Betrags ausmachen, lassen sich die Gründe dafür im Nachhinein meist nur schwer eruieren.

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Die Künstlerin aus Wien betreibt ein Atelier im siebten Wiener Gemeindebezirk. Eines Tages erhielt sie eine Nachverrechnung ihres Gasanbieters für das Jahr 2015. Nach Rechnungen in der Höhe von 185,21 Euro im Jahr 2013 und 171,68 Euro für das Jahr 2014, waren im Jahr 2015 plötzlich 1.053,42 Euro exklusive Umsatzsteuer fällig.

Mieterin vermutet Gasleck als Ursache für Anstieg

Die Konsumentin ging zunächst von einem Irrtum aus, der Zählerstand zeigte aber tatsächlich, dass sich ihr Gasverbrauch innerhalb eines Jahres fast verzehnfacht hatte. Sie ging auf Ursachenforschung. Es habe sich schließlich herausgestellt, dass es ein Leck in der Wohnungszuleitung gegeben habe. Dieses Leck sei außerhalb ihres Ateliers, aber nach ihrem Zähler aufgetreten, so die Malerin und Bildhauerin. Daher sei ihr durch das Leck entwichenes Gas verrechnet worden, welches aber letztlich im Nichts verpufft sei.

Gasrechnung Wien Energie: Verbrauchsentwicklung

Wiener Netze

Wie kam es zu diesem Anstieg des Gasverbrauchs?

Die Konsumentin wandte sich telefonisch an Wien Energie und reklamierte die Rechnung. Erfolglos, denn schließlich sei der Verbrauch wie angegeben gemessen worden. Man habe ihr geraten, sich an den Hauseigentümer zu wenden. Die Mieterin kontaktierte daraufhin das mehrheitlich im Eigentum der Stadt Wien befindliche Immobilienunternehmen WISEG und bat um Rückzahlung. Die Firma WISEG ist sowohl Eigentümer als auch Hausverwalter der Liegenschaft im siebten Bezirk. Zunächst erfolgte keine Reaktion des Unternehmens. Erst als die Wienerin auf Anraten eines befreundeten Juristen eine Frist setzte, folgte die Reaktion in Form eines Anwaltsschreibens.

In dem Schreiben des Anwaltsbüros der WISEG heißt es: „Richtig ist, dass anlässlich einer Überprüfung eine geringfügige Undichtheit der Gasanlage festgestellt worden ist. Der von Ihnen behauptete vermehrte Gasverbrauch ist durch eine geringfügige Undichtheit allerdings nicht erklärbar. Hierbei ist anzumerken, dass auch in anderen Anlagen vergleichbare Werte festgestellt worden sind, ein erhöhter Gasverbrauch aber nicht angefallen ist. Aus obigen Gründen lehnt die WISEG die geltend gemachten Forderungen ab.“

Hauseigentümer WISEG wiegelt ab

Auch gegenüber help.ORF.at beharrt die WISEG auf Ihrem Standpunkt und gibt an, dass die Wiener Netze bescheinigt hätten, dass das vorhandene Gasleck den übermäßigen Verbrauch nicht habe verursachen können. Im Übrigen hätte sich die Mieterin an den Energieanbieter zu wenden.

Help.ORF.at suchte bei Wien Energie vergeblich um Kulanz an. Der Vorfall sei mittlerweile verjährt, wie es heißt: „Wir bitten um Verständnis, dass es für Wien Energie daher keinen Grund gibt, in Kulanz einen Betrag zurückzubezahlen. Weshalb genau es zu einer Verbrauchssteigerung kam, ist aus heutiger Sicht nicht mehr nachvollziehbar. Wenn das Gasleck nach dem Zähler aufgetreten ist, liegt das im Verantwortungsbereich der Konsumentin, beziehungsweise wäre eine Kulanzlösung mit der Hausverwaltung zu klären.“, so Wien Energie in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber help.ORF.at.

VKI: Da kann man leider nichts machen

Auf diese Weise spielen Energieanbieter und Hausverwaltung den Ball hin und her, in der Mitte bleibt die Mieterin auf Kosten von insgesamt 1.270 Euro sitzen. Obwohl man hier kaum von einem Bagatellbetrag sprechen kann – in Fällen wie diesem wissen auch Konsumentenschützer keinen Rat. Selbst wenn man einen gerichtlichen Sachverständigen zuziehen würde, und selbst wenn dieser zu dem Schluss käme, dass das Leck ursächlich für die hohe Gasrechnung sei, könnte man hier nur auf Schadenersatz klagen, erklärt Veronika Schmidt, Wohnrechtsexpertin beim Verein für Konsumenteninformation (VKI). Und um Schadenersatz zu erhalten, benötige man einen Schuldigen.

Im konkreten Fall bedeute das, dass man nachweisen müsste, dass der Hauseigentümer vorsätzlich und fahrlässig gehandelt habe. Etwa indem er die vorgeschriebenen routinemäßigen Kontrollen der Gasleitung habe verstreichen lassen. Doch selbst bei einem Schaden jenseits der 1.000 Euro sei dies ein riskantes Unterfangen, so Schmidt. Der Sachverständige, der hier zum Einsatz kommen müsste, könne leicht ein Vielfaches der Schadenssumme ausmachen. Die Künstlerin wird den mittlerweile überwiesenen Betrag wohl abschreiben müssen. Ihre Gaskosten sind seit dem Ausreißer im Jahr 2015 übrigens wieder auf ein normales Maß zurückgegangen.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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