Gratis-Games können teuer werden

Free-to-play-Games lassen sich nach kurzer Registrierung kostenfrei auf Mobilgeräten installieren und versprechen gratis Spielespaß. Wer aber nach der Eingewöhnungsphase wirklich weiter kommen möchte, muss die Kreditkarte zücken. Mit meist kleinen Beträgen kann man Spielfortschritte erwerben. Diese so genannten Micropayments können mit der Zeit ordentlich ins Geld gehen.

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Sie heißen Candy-Crush, Clash Royale oder Dungeon Keeper. Diese Spiele für Tablet und Smartphone sind gratis. Free-to-play, wie es heißt. Allerdings nur auf den ersten Blick. Herunterladen und installieren kann man die Spiele kostenlos. Die ersten Tage kann man frisch, fröhlich und kostenfrei vor sich hin zocken. Kritisch wird es spätestens dann, wenn man in dem Spiel nennenswerte Fortschritte erzielen oder vielleicht sogar gewinnen möchte. Denn wer vorne mit dabei sein will, muss Geld reinstecken, sagt Jaro Krieger-Lamina vom Institut für Technikfolgenabschätzung (ITA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Wien.

Wer gewinnen will muss zahlen

Die Hersteller oder Betreiberfirmen bieten das Spiel zunächst gratis an. Im Verlauf des Spiels werde der Spieler dazu verführt, bestimmte Dinge mit realem Geld zu bezahlen, so Krieger Lamina. In-Game-Käufe nennt der Fachmann dieses Prinzip. Erwerben können die Spieler einerseits diverse Accessoires, die beispielsweise dazu dienen können die eigene Spielfigur, den so genannten Avatar, zu verschönern, oder auch Ausrüstungsgegenstände wie beispielsweise Waffen, die die Spielfigur stärker, schneller oder widerstandsfähiger machen. Zu guter Letzt kann der Spieler auch Zeit kaufen. Denn auch in virtuellen Welten gilt buchstäblich: Zeit ist Geld.

Tablet Game - Aufbausimulation

FREDERIC J. BROWN / AFP

Wer die schönste virtuelle Stadt haben will, der muss blechen

Zeit ist Geld

Bei der Landwirtschaftssimulation Big-Farm betreibt der Spieler einen virtuellen Bauernhof. Man kann Vieh züchten und Gemüse anbauen. Von der Aussaat bis zur Ernte können bis zu acht Stunden vergehen, das Errichten von Gebäuden wie Ställen oder Lagerhallen kann bis zu zwei Tage in Anspruch nehmen. Wer mit virtuellem Gold nachhilft, kann diese Vorgänge beschleunigen. Die virtuellen Goldmünzen werden dabei etwa mittels Kreditkarte oder Pay Pal mit echtem Geld bezahlt. Die einzelnen Beträge sind nicht astronomisch, es geht meist nur um ein paar Cent oder wenige Euro. Da man zwischen der virtuellen Währung und dem tatsächlich investierten Geld aber umrechnen muss, fällt es unter Umständen schwer, den Überblick über die real investierten Beträge zu behalten.

Typ spielt Star Wars: Battlefront II am PC bei der Präsentation

Andrew Cullen / AFP

Der typische Computerspieler ist heute Mitte Dreißig

Man spricht von Micropayments, also Mikrozahlungen. Diese würden sich im Laufe der Zeit allerdings ordentlich summieren, meint Krieger-Lamina. Aus Free-to-play wird Pay-to-win, also Zahle um zu gewinnen, so der Experte. Da viele Free-to-play / Pay-to-win-Games über mehrere Jahre betrieben werden, würden die Spieler im Laufe der Zeit zunehmend den Überblick über die im Rahmen von Micropayments getätigten Investments verlieren. So könne es durchaus vorkommen, dass manche 4000 Euro oder mehr pro Jahr in ihren Spielfortschritt stecken.

Die virtuelle Klassengesellschaft

Natürlich gibt es auch Spieler, die ihren Geldbeutel etwas besser im Auge behalten. Ein Big-Farm-Bauer meint gegenüber help.ORF.at, dass er nur etwa 30 Euro pro Jahr investiert. Er spielt seit fünf Jahren. Hochgerechnet stecken also dennoch bereits 150 echte Euros in seinen virtuellen Feldern. Ein Betrag, den wohl selbst leidenschaftliche Gamer nicht so ohne weiteres für ein Kaufspiel über den Ladentisch schieben würden. Man werde häufig zu diversen Mikrotransaktionen angeregt, so der Big-Farm-Fan. Auch Verschönerungen und Dekorationen der virtuellen Farm würden angeboten. Diese bringen für den Spielverlauf zwar nichts, erhöhen aber das Prestige innerhalb der Big-Farm-Community. Alle Mitspieler können die Bauernhöfe der anderen jederzeit begutachten. Auf diese Art werde auch ein gewisser sozialer Druck innerhalb der Gruppe aufgebaut.

Präsentation Battlefron 2: Storm Trooper and a lady

Andrew Cullen / AFP

Aufwendige Präsentation für das neue Star Wars-Spiel Battlefront II

In-Game-Käufe auch zunehmend bei Kaufspielen

Für aktuelle Kaufspiele muss man heutzutage etwa 60 bis 70 Euro hinblättern. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass man vor In-Game-Käufen sicher ist. Videospielproduzenten setzen zunehmend auf dieses System, um neben dem Kaufpreis zusätzliche Einnahmen lukrieren zu können. „Es ist wie eine Seuche, die um sich greift“, schreibt etwa das deutsche Magazin „Der Spiegel“ zu dem Thema. Auch aktuelle Einzelspieler-Abenteuer wie Assassin’s Creed Origins, Mittelerde: Schatten des Kriegs oder Rennspiele wie Forza Motorsport 7 und Need for Speed Payback bieten Zusatzinhalte zum Kauf an.

Bereits vor seiner Veröffentlichung geriet „Star Wars: Battlefront II“ aus der Spieleschmiede Electronic Arts (EA) unter heftigen Beschuss der Gaming-Community. Nach unzähligen negativen Presseberichten entschied sich EA im November 2017 dafür, alle vorhandenen Mikrotransaktionen vorerst aus dem Spiel zu streichen.

Lootboxen - Eine Glücksspielfalle?

Besonders kritisiert werden in diesem Zusammenhang so genannte Lootboxen - auf Deutsch Beutekisten. Um diese zu öffnen, muss man entweder die Kiste oder den dazugehörigen Schlüssel kaufen. Lootboxen können für den Spieler sehr wertvolle Gegenstände, aber auch große Mengen wertlosen Müll enthalten, so Krieger-Lamina. Da man also bei diesen Beutekisten nicht weiß, was man für sein Geld bekommt, sehen manche Experten hier die Grenze zu echtem und vielleicht sogar illegalem Glücksspiel überschritten. Vor allem weil oft auch Kinder oder Jugendliche zu Pay-to-win-Games greifen.

Storm Trooper bewachen Kinder beim Spielen von Star wars: Battlefront II

Andrew Cullen / AFP

Auch bei Pay-to-win-Spielen zielt die Industrie auf Kinder und Jugendliche

Experte: Spielefirmen zielen bewusst auf Kinder

Die Altersfreigabe liegt in der Regel bei 13 Jahren. Ab diesem Alter endet in den Vereinigten Staaten der Jugendschutz bei Videospielen. Kontrolliert werde diese Beschränkung aber nicht, ein Klick auf den Bestätigungsbutton sei meist ausreichend, um sich zu registrieren. Krieger-Lamina ist der Ansicht, dass die Anbieter ganz bewusst Kinder und Jugendliche mit ihren Spielen ansprechen wollen. Wegen der Kundenbindung. Denn Menschen, die bereits als Kinder an Glücksspielsysteme gewöhnt werden, spielen auch als Erwachsene, so der Experte für Technikfolgen.

Eltern sollten darauf achten, dass ihre Kinder, wenn überhaupt, nur mit streng limitierten Beträgen spielen können. Diese können etwa auf eine Prepaidkarte aufgeladen werden. Ein Tipp, den Jaro Krieger-Lamina jedoch auch Erwachsenen ans Herz legt. Denn die Statistik zeigt: Der wahre Computerspieler ist heute über Dreißig. Krieger-Lamina rät, sich bei Pay-to-win-Spielen schon vorher zu überlegen, wie viel man für diese Form der Unterhaltung ausgeben möchte. Um den Überblick über die Ausgaben zu behalten, sollte man sich fixe finanzielle Limits setzen. Das Überschreiten dieser Grenzen sollte man sich zumindest bewusst machen.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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