Games-Händler verweigert Kundenrechte

Das Videospiel „Destiny 2“ scheint mit bestimmten Modems inkompatibel zu sein und stürzt regelmäßig ab - ein Gewährleistungsfall. Der Händler Gamestop verweigert einem Kunden dieses gesetzlich festgeschriebene Recht jedoch konsequent.

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Der US-Konzern Gamestop ist nach eigenen Angaben der größte Einzelhändler für Videospiele weltweit. Im vergangenen September kaufte Lucas D. dort das Videospiel „Destiny 2“ im Rahmen einer Umtauschaktion. Er musste zwei alte Games hergeben, für einen Aufpreis von zehn Euro erhielt er „Destiny 2“. Die Enttäuschung folgte prompt: Etwa 20 Minuten nachdem er das Spiel auf der Playstation gestartet hatte, kam es zum Absturz. Der Fehler wiederholte sich kontinuierlich über mehrere Tage. Lucas D. begann in Internetforen zu recherchieren und bemerkte bald, dass er mit diesem Problem nicht allein war.

Gamestop versucht Gewährleistungsrecht zu umgehen

„Destiny 2“ ist als Online-Multiplayer-Game ausgelegt und benötigt eine permanente Internetverbindung. Beiträge in Foren lassen jedoch vermuten, dass das Spiel mit Modems der Marken Thomson und Technicolor inkompatibel ist. Lucas D. wandte sich an ein Geschäftslokal von Gamestop im 12. Bezirk in Wien. Dort teilte man ihm mit, dass er eine schriftliche Bestätigung des Destiny-Produzenten Bungie vorweisen müsse, in der der Hersteller die Verantwortung für den Fehler übernimmt. Nur unter diesen Voraussetzungen könne man das Spiel umtauschen.

Gamestop - Shop innen

Screenshot Gamestop

Gamestop versuchte mit allen Mitteln das Gewährleistungrecht zu umgehen

Das war die erste Fehlinformation durch Gamestop. Bei einem fehlerhaften Produkt hat ein Konsument Anspruch auf Gewährleistung. Der Händler muss das Produkt kostenlos reparieren, austauschen oder umtauschen. Während der ersten sechs Monate ab dem Kauf muss der Kunde lediglich den Defekt belegen können. In dieser Zeit muss der Händler beweisen, dass er ein fehlerfreies Produkt an den Kunden verkauft hat. Eine E-Mail, in der der Hersteller einen Fehler einräumt, hätte Gamestop nicht verlangen dürfen.

Mehrere Fehlinformationen durch Gamestop

Das wäre auch schwer möglich gewesen. Destiny-Produzent Bungie verbirgt sich hinter einem Postfach und ist ohne eingehende Nachforschungen für Kunden nur äußerst schwer zu erreichen. Dennoch entdeckte Lucas D. einen Tweet, in dem das Unternehmen den Fehler einräumt, und legte diesen bei Gamestop vor.

Das Verkaufspersonal in der Meidlinger Hauptstraße in Wien nahm Kontakt mit der deutschen Zentrale des US-Konzerns auf. Dort wurde argumentiert, dass ein Austausch des Spiels im Rahmen der Gewährleistung deswegen nicht möglich sei, weil das Produkt im Rahmen einer Aktion erworben worden war. Aktionsware sei aber vom Umtausch ausgenommen.

Help-Jurist Sebastian Schumacher ist erstaunt, wie kreativ viele Unternehmen werden, wenn es darum gehe, falsche Auskünfte im Zusammenhang mit dem Gewährleistungsrecht zu erteilen.

Gewährleistungsrecht gilt auch bei Aktionsware

Das Recht auf Gewährleistung stehe dem Kunden selbstverständlich auch dann zu, wenn er die Ware im Rahmen einer Aktion gekauft hat, so Schumacher. Im gegenwärtigen Fall weise das Computerspiel einen schweren Mangel auf. Daraus resultiert ein Rechtsanspruch des Kunden, den Vertrag im Rahmen des von der EU festgeschriebenen Gewährleistungsrechts rückabzuwickeln.

Im Unterschied zur Garantie, welche eine freiwillige Leistung des Herstellers ist, handle es sich bei der Gewährleistung um so genanntes zwingendes Recht, so Schumacher. Da ein Austausch des Spieles keinen Sinn machen würde – der Fehler würde ja weiterhin bestehen –, müsse der Händler eben gegen ein anderes Spiel umtauschen oder das Geld zurückgeben.

Gamestop sieht „keine Nachbesserungspflicht“

Bei Gamestop verweigert man die Rücknahme aber weiterhin. Gegenüber help.ORF.at heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme unter anderem: „Auf Grund dessen, dass am Produkt kein Mangel vorliegt, sondern die Funktionsuntüchtigkeit auf eine zu schwache Internetanbindung des Kunden zurückzuführen ist, besteht keine Nachbesserungspflicht am Produkt.“

Das ist eine weitere Fehlinformation von Gamestop. Das Problem lag nicht an einer langsamen Internetverbindung, sondern daran, dass das Spiel mit bestimmten Modems eben nicht läuft. Aber hätte man vielleicht die Modemhersteller verantwortlich machen können, um Gamestop von der Gewährleistungspflicht zu entbinden? Nein, meint Help-Jurist Schumacher. Wer eine Software erwirbt, der dürfe erwarten, dass diese mit einer aktuellen und handelsüblichen Hard- und Software auch kompatibel sei. Anderenfalls müsste ein Hersteller ausdrücklich in den Systemvoraussetzungen darauf aufmerksam machen, dass das Programm mit bestimmten Konfigurationen nicht klar kommt.

Viele negative Bewertungen im Netz können weh tun

Der Haken an der Sache: Gewährleistungsansprüche kann man zwar vor Gericht einklagen. Dass sich hier der Kostenaufwand aber meist nicht lohnt, wissen auch die Händler und verweigern daher regelmäßig die berechtigten Forderungen ihrer Kunden. Außergerichtlich könne man sich an eine Schlichtungsstelle wenden. Sebastian Schumacher empfiehlt enttäuschten Kunden, zahlreiche negative Bewertungen im Internet zu posten. Dies helfe dem Konsumenten zwar nicht unmittelbar, sei aber durchaus ein brauchbarer Mechanismus, um aufzuzeigen, wenn ein Unternehmen seinen Rechtspflichten nicht nachkommt.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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