Urlauber zahlte 1.400 Euro für Snacks und Kaffee

Nirgendwo auf der Welt ist die Währung so instabil wie in Venezuela. Zwar machen die meisten Touristen seit der Krise einen Bogen um das Land, der Flug eines Wieners sah aber einen Zwischenstopp in Caracas vor. Während der sechsstündigen Wartezeit auf dem Flughafen verpflegte er sich mit Snacks. Zu Hause dann der Schock: Über seine Bankomatkarte wurden 1.400 Euro für Kaffee, Wasser und Kekse abgebucht.

Nach zwei Monaten Aufenthalt in Kolumbien stieg ein junger Wiener Anfang März wieder in den Flieger zurück nach Wien. Durch eine Umbuchung hatte sich ein sechsstündiger Zwischenstopp am Flughafen Caracas, im benachbarten Venezuela, ergeben. Am Flughafen Caracas angekommen, wollte sich der Wiener einen Espresso kaufen. Da er die aktuellen Umrechnungskurse nicht kannte, versuchte er sich im Internet zu informieren.

Menschen am Flughafen in Caracas

APA/AFP/Federico Parra

Auf dem Airport Simon Bolivar in Caracas landen kaum noch Flüge

Die Recherche entpuppte sich jedoch als komplizierter als gedacht. Die schnelle Google-Suche brachte zwar jede Menge Informationen zutage, einordnen konnte der junge Mann diese allerdings nicht. „Da gibt es offenbar einen alten und einen neuen Bolivar und zwei verschiedene Umrechnungsraten“, so der Wiener. Herauslesen, welcher Kurs und welche Währung nun in seinem Falle anzuwenden waren, konnte er nicht.

Snacks mit Bankomatkarte bezahlt

Daraufhin fragte er beim Flughafenpersonal und den Mitarbeitern im Cafe nach, die ihm versicherten der 1.400 Bolivar teure Espresso würde umgerechnet auf weniger als zwei Dollar kommen. Im Vertrauen auf die Auskunft der Flughafenmitarbeiter kaufte er den Espresso, sowie später noch einen Wrap, einen Liter Wasser und zwei Packungen Kekse. Insgesamt kostete die Verpflegung 15.000 Bolivares, die er mit Bankomatkarte bezahlte.

Zurück in Wien der Schreck: Nicht wie erwartet ein paar Dollar, sondern 1.400 Euro waren von seinem Konto für die paar Snacks abgebucht worden. Doch wie konnte das passieren? Hintergrund ist die schwierige politische und wirtschaftliche Situation in Venezuela. Laut Internationalem Währungsfonds lag die Inflation im Vorjahr bei 720 Prozent. So hoch wie in keinem anderen Land der Welt.

Schwarzmarktkurs bestimmt die Preise

Das hat dazu geführt, dass für die Landeswährung Bolivar Fuerte zwar ein staatlich festgesetzter Wechselkurs von zehn Bolivares zu einem US-Dollar gilt. In der Praxis bezahlt aber niemand zu diesem Kurs. Den Alltag in Venezuela bestimmt der Schwarzmarktkurs, nach dem auch die Preise in den Geschäften festgelegt werden. Und dieser Parallelmarkt schaut ganz anders aus: Nicht zehn sondern über 5.500 Bolivares (Stand von Donnerstag) verrechnen die Wechselstuben für einen Dollar - und die Abwertung geht täglich weiter.

Ungeachtete dessen, ob er realistisch ist oder nicht: Die internationalen Banken wie auch die hier kontoführende Erste Bank rechnen nach dem offiziellen Kurs ab. Egal ob Geld mit der Bankomatkarte behoben oder direkt mit Karte bezahlt wird. Genau das führte zur Rechnung über 1.400 Euro.

Das Gebäude der Erste Bank am Graben

ORF.at/Christian Öser

Bank: „Kauf war Entscheidung des Kunden“

Help.ORF.at hat die Erste Bank kontaktiert und um eine Stellungnahme gebeten. Das Geldinstitut erklärte: „Die Erste Bank handelt als seriöses Unternehmen nicht mit Schwarzmarkt und/oder halboffiziellen Kursen. Es wurde mit dem offiziellen, korrekten Wechselkurs abgerechnet und der Kunde hat den Betrag seiner Zahlung am Terminal mit dem PIN-Code freigegeben.“ Es obliege jedem Reisenden selbst, sich über die Gegebenheiten in dem jeweiligen Urlaubsland zu informieren und zu entscheiden, ob er die Karte in einem Risikoland einzusetze oder nicht.

Rein rechtlich gesehen trifft die Bank keine Veranwortung. Für Christian Prantner, Finanzexperte bei der Arbeiterkammer Wien, macht es sich das Geldinstitut hier aber etwas zu einfach. Er fordert mehr Unterstützung und Transparenz für die Kunden. Das Bezahlen mit einer Bankomat- oder Kreditkarte außerhalb des Euro-Raumes sei aufgrund von teils hohen Spesen und schwankenden Wechselkursen immer eine heikle Angelegenheit.

Konsumentenschutz fordert mehr Infos für Kunden

„Insofern sind die Banken und Kreditkartenfirmen aufgerufen, den Kunden aktiv zu informieren und etwa auf ihren Webseiten die Wechselkurse zur Verfügung zu stellen“, so Prantner. Die Information seitens der Bank dürfe sich nicht auf Werbung für die „Glitzerwelt der schönen Karten“ beschränken, hier gäbe es durchaus Verbesserungbedarf.

Die Erste Bank sieht das anders. Es obliege jedem Reisenden selbst, sich über die Gegebenheiten in dem jeweiligen Urlaubsland zu informieren, so die Bank. Das musste auch der junge Wiener auf seiner Rückreise erfahren. Er bleibt auf seinen 1.400 Euro sitzen. Ein Einspruch bei der Erste Bank blieb ergebnislos, auch ein Entgegenkommen auf dem Kulanzweg wurde abgelehnt. „Uns ist klar, dass es für den Kunden bitter ist, für einen Snack so viel Geld auszugeben, allerdings liegt hier kein Verschulden bei uns als Bank. Kulanzlösungen sind nicht vorgesehen, da die Abrechnung/Umrechnung korrekt, transparent und einfach nachvollziehbar ist,“ so die Stellungnahme der Erste Bank gegenüber help.ORF.at

Ein Bündel Bolivar in zwei Händen

Reuters/Marco Bello

Wer in Venezuela einkaufen geht, braucht dicke Bündel an Geld

Kredit- und Bankomatkarten im Spesenvergleich

Die Arbeiterkammer rät dazu, sich vor einer Reise zu informieren, welches Zahlungsmittel im Urlaubsland wofür eingesetzt werden kann, um möglichst wenig an Gebühren zu bezahlen. Allgemeine Reiseinformationen und Reisewarnungen gibt etwa das Außenministeriuem heraus, auch der ÖAMTC, Reiseveranstalter und die Banken können hier Auskunft geben.

Denn ein aktueller AK-Test zeigt: In Nicht-Euro-Ländern werden immer Spesen verrechnet – bei der Bankomatkarte sind sie zudem heuer erstmals je nach Bank unterschiedlich hoch. In Euro-Ländern ist das Bezahlen mit Bankomatkarte zwar spesenfrei, das Abheben aber nicht immer.

Beate Macura, help.ORF.at

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