Lippenpflege-Test: Jeder zweite Stift fällt durch

Geschmeidige Lippen brauchen regelmäßige Pflege, doch die Fettcreme gelangt auch in den Körper. Die Stiftung Warentest hat Lippenpflegeprodukte getestet und in jedem zweiten Stift kritische Inhaltsstoffe festgestellt.

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Wer täglich Lippenbalsam aufträgt, schluckt nach Zahlen des Wissenschaftlichen Ausschusses für Verbrauchersicherheit (SCCS) der EU-Kommission jährlich rund 20 Gramm davon. Das sind vier ganze Lippenstifte im Jahr.

Die deutsche Stiftung Warentest hat verschiedene Lippenpflegemittel im Labor untersucht - darunter bekannte Marken wie Labello, Weleda und Bebe. Nicht die Pflegeeigenschaften wurden geprüft, sondern was die Stifte enthalten und ob diese Stoffe auch unbedenklich sind. Das wenig erfreuliche Ergebnis: Jeder zweite Lippenbalsam fiel bei den Testern durch.

Hälfte mit Mineralöl belastet

„In 18 der 35 Produkte haben wir kritische Mineralölbestandteile nachgewiesen und das auch in Produkten von bekannten Herstellern wie Labello oder Blistex und Apothekenmarken wie La Roche Posay und Vichy“, so Testleiter Thomas Koppmann.

Der Preis der Produkte sagt nichts über die Qualität aus, unerwünschte Mineralöl-Bestandteile fanden sich über alle Preisklassen hinweg. Man unterscheidet hier zwischen verschiedenen Stoffgruppen. „Es gibt MOSH (Mineral Oil Saturated Hydrocarbons) und POSH (Polyolefin Oligomeric Saturated Hydrocarbons), das sind so genannte gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe. Diese können sich langfristig in Organen wie zum Beispiel im Lymphsystem, Milz oder Leber anreichern,“ so Koppmann.

Desweiteren wurden MOAH (Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons), aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe, gefunden. Sie gelangen häufig über Verunreinigungen in das Produkt und stehen im Verdacht krebserregend zu sein. Die erdölbasierten Stoffe sind billig, leicht zu verarbeiten und besonders lange haltbar.

Lippenpflege-Produkte

Stiftung Warentest

Die Besten im Test

Wegen der möglichen Auswirkungen auf die Gesundheit, verzichten immer mehr Hersteller auf erdölbasierte Stoffe und setzen stattdessen auf pflanzliche Öle und Fette. Diese können laut Stiftung Warentest ohne Bedenken verwendet werden.

15 der 35 getesteten Produkte waren komplett frei von kritischen Bestandteilen, darunter die beiden Stifte von Lidl (Cien Care Lippenpflege) und Müller (Aveo Lippenpflege Classic), die schon für unter einen Euro erhältlich sind. Besonders günstig und gut war zudem der Drehstift DM Balea Man Active Care, der ebenfalls nur 95 Cent kostet und zusätzlich mit Lichtschutzfaktor 15 auch einen Sonnenschutz für sonnige Tage beinhaltet.

Zu den weiteren empfehlenswerten Produkten zählen unter anderem die Bepanthol Lippencreme, Alverde Sonnen-Lippenpflege Bio-Sanddorn Bio-Olive, Balea Lippenpflege Sensitive, Dr. Bronner’s All-one Zitrone-Limette Lippenbalsam, Dr. Hauschka Lip Balm, Eos Lippenbalsam Granatapfel Himbeere, Lush Rose Lollipop Lippenbalsam, Rituals Smooth Operator Carin Lip Balm und die Lippenpflege Everon von Weleda.

UV-Schutz für die Lippen

„Lippen sind im Gegensatz zu anderen Körperstellen sehr empfindlich, weil sie keine Schweißdrüsen, keine Haarfollikel und keine Talgdrüsen haben“, so Christine Bangert, Hautärztin im Juvenis Ärztezentrum in Wien im Gespräch mit help.ORF.at. „Sie trocknen schnell aus und brauchen daher besondere Pflege. Ich empfehle ein bis zwei Mal am Tag zu schmieren.“

Und das nicht nur im Winter. Auch im Sommer sollte nicht auf das Eincremen der Lippen mit einem UV-Schutz vergessen werden, empfiehlt die Expertin. Denn die Lippen haben keine eigenen Pigmentzellen und können sich deswegen nicht vor der Sonne schützen.

Einen Gewöhnungseffekt, landläufig als „Labello-Sucht“ bekannt, gibt es laut der Hautexpertin aber nicht. „Ich weiß von keiner Studie die eine körperliche Anhängigkeit belegt“, so Bangert. Aber es könne natürlich sein, wenn man dieses wohlig rückgefettete Gefühl auf den Lippen gewöhnt sei, dass man dann die Trockenheit eher spüre und deswegen häufiger zum Lippenpflegestift greifen würde.

Beate Macura, help.ORF.at

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