Start-ups: Hohes Risikopotenzial für Anleger

Das Unternehmen kitzVenture war in letzter Zeit mit Inseraten und auch TV-Spots medial höchst präsent. Knapp zehn Prozent Zinsen garantiert kitzVenture Privatanlegern, die in Start-ups investieren wollen. Die Auszahlung soll jährlich erfolgen. Ganz so risikolos, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat, sind Geldanlagen in Start-ups allerdings nicht. Im Gegenteil.

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„Start-ups – die clevere Geldanlage“ So steht es auf der Webseite eines Unternehmens namens kitzVenture GmbH. 9,75 Prozent Zinsen pro Jahr werden garantiert, die Zinsauszahlung soll jährlich erfolgen. Doch ganz so mündelsicher, wie es auf den ersten Blick scheint, ist die Sache wohl nicht. Start-ups sind junge Unternehmen, die mit Kreativität und Originalität den Markt erobern wollen. Für Privatanleger mag es reizvoll sein, frische Innovationen zu fördern. Bernd Lausecker, Finanzexperte beim Verein für Konsumenteninformation, rät aber zur Vorsicht. Solche Investitionen seien in erster Linie für risikobewusste Anleger interessant.

Fast die Hälfte aller Start-up-Unternehmen geht pleite

Statt in markterprobte Konzepte investiere man sein Geld in eine Idee, die ihre Marktfähigkeit oft erst beweisen müsse, so Lausecker. Selbst im Erfolgsfall dauere es oft längere Zeit, bis sich Start-up-Unternehmen etablieren und ein wirtschaftlicher Erfolg greifbar wird. Und Erfolg sei natürlich keineswegs garantiert. Etwa 30 bis 50 Prozent aller österreichischen Start-ups schlittern in den Konkurs. Mit entsprechend unangenehmen Konsequenzen für das Geld der Anleger. Vermögenswerte seien bei Start-ups in der Regel kaum vorhanden, so Lausecker: „Wenn die Idee schiefgeht, ist einfach nichts mehr da.“

Sollte nach einer Pleite doch noch Geld vorhanden sein, bedeute das außerdem noch lange nicht, dass es auch an alle Anleger ausgezahlt werde Als Privatanleger stellt man in der Regel Geld in Form eines so genannten Nachrangdarlehens zur Verfügung. So auch bei kitzVenture. Man sei also ein Nachranggläubiger und werde als solcher eben auch nachrangig behandelt, meint der VKI-Experte. Nachrangdarlehen werden erst dann ausgezahlt, wenn alle anderen Verbindlichkeiten bedient sind. Zunächst würden die Banken und Kredite bedient, so Lausecker: „Wenn dann noch etwas übrig ist – und nur dann -, kommen auch Privatanleger zum Zug.“

FMA: Nachranggläubiger tragen ein hohes Risiko

Auch die Finanzmarktaufsicht (FMA) meint gegenüber help.ORF.at, dass bei Nachrangdarlehen ein hohes Risiko eines Totalausfalls einer Veranlagung besteht. Im Fall der kitzVenture handle es sich darüber hinaus um ein so genanntes qualifiziertes Nachrangdarlehen. Hier muss ein Unternehmen trotz Fälligkeit dann kein Geld an den Anleger zurückzahlen, wenn es dadurch in ernste finanzielle Schwierigkeiten geraten würde. Der komplette Verlust der Anlage drohe also bereits vor der Insolvenz. In der schriftlichen Stellungnahme der FMA heißt es weiter: „Bei einem qualifizierten Nachrangdarlehen wird de facto das unternehmerische Risiko auf den Darlehensgeber überwälzt, dieser erhält aber keinerlei Einfluss auf das Unternehmen und nimmt auch nicht an einem etwaigen unternehmerischen Erfolg teil.“

Würfel auf Geldscheinen

Getty Images/Stepan Popov

Wer in ein Start-up investiert braucht Risikobewusstsein und einen langen Atem.

FMA: Knapp 10 Prozent Zinsen derzeit unrealistisch

Auch hinsichtlich der erwähnten 9,75 Prozent Zinsen ist die Situation eine Spur komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Die angekündigte jährliche Auszahlung ist nämlich keineswegs garantiert, wie auch aus dem Kapitalmarktprospekt der kitzVenture hervorgeht. In dem Prospekt heißt es: „Die Zahlung von Zinsen kann nur aus dem frei verfügbaren Jahresüberschuss oder aus dem frei verfügbaren Vermögen der Emittentin sowie nach Befriedigung sämtlicher vorrangiger Gläubiger erfolgen.“

Dass sich bei solchen Bedingungen derzeit neun Prozent Zinsen und mehr ausgehen, bezweifelt man bei der FMA: „Eine Veranlagung, die im derzeitigen Zinsumfeld mehr als neun Prozent Zinsen in Aussicht stellt, ist als hochriskant einzustufen.“

KitzVenture: Marktbeobachtung reduziert Risiko

Ein Vertreter von „kitzVenture“ betont gegenüber help.ORF.at, dass man die Start-up-Unternehmen über längere Zeit beobachte. Eines davon befindet sich übrigens im Besitz des Geschäftsführers von kitzVenture. Erst wenn sich ein Start-up als markttauglich erwiesen habe, werde es auch dem Privatanleger angeboten. Damit sei das Anlagerisiko aus Sicht des Unternehmens erheblich minimiert. VKI-Finanzexperte Lausecker verweist darauf, dass sich auch schon große Bankinstitute dann und wann verspekuliert hätten, er möchte daher die Marktbeobachtung durch ein eher kleines Team lieber nicht überbewerten.

KitzVenture: Wir weisen auf alle Risiken hin

Seitens der kitzVenture wird betont, dass es keinesfalls online zu einem Vertragsabschluss kommen kann. Bevor Geld investiert werden könne, bekommen Interessierte in jedem Fall zunächst den firmeneigenen Kapitalmarktprospekt zugesandt. Diesen gelte es aufmerksam zu lesen, darin werde man über alle Bedingungen und Risiken aufgeklärt. Auch aus der Webseite des Unternehmens gehe hervor, dass es sich um ein Nachrangdarlehen handle. Auf die damit verbundenen Risiken werde man hingewiesen, so der Vertreter von kitzVenture. Das stimmt auch. Unter der Werbung und dem verlockenden Zinsversprechen ist zu lesen:

„Wichtiger Hinweis: Diese Kurzinformation enthält nicht alle Angaben, die für eine Anlageentscheidung notwendig sind. Die dargestellte Geldanlage ist ein qualifiziertes Nachrangdarlehen und damit eine unternehmerische Kapitalanlage, bei der das Risiko des Verlustes der Einlage besteht.“

Nach dem Gespräch mit help hat kitzVenture die Sicherheitshinweise auf ihrer Webseite übrigens um einen Schriftgrad größer gemacht.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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