Gefährliches Geschäft mit Magnesium und Co.

Verbraucherschützer warnen vor einer Überdosierung mit Magnesium, Calcium und Vitaminen. Präparate enthielten oft mehr als die empfohlene Tagesdosis - das könne bei empfindlichen Menschen zu Beschwerden führen.

Das Angebot an Nahrungsergänzungsmitteln mit Magnesium, Calcium, Zink oder Vitaminen ist unüberschaubar. Die Produkte sind für jeden in Supermärkten, Drogerien, Apotheken und über das Internet erhältlich. Nicht nur viele Hobbysportler, auch gestresste Menschen greifen oft täglich zu solchen Präparaten.

Tabletten enthalten meist zu viel Magnesium

Am besten verkaufen sich derzeit Magnesiumpräparate. Das Magnesium soll dafür sorgen, dass die Muskeln locker bleiben und Krämpfe vermieden werden. Doch nur die wenigsten Konsumenten würden auf die Dosierung achten, mahnt der deutsche Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Die Experten untersuchten 42 Magnesiumpräparate, die als Kapseln, Brausetabletten und Pulver in Geschäften und im Internet verkauft wurden.

Ein Wissenschaftler schüttet Pulver aus zwei Gläsern auf ein Tablett

dpa/Friso Gentsch

Nahrungsergänzungsmittel boomen, am beliebtesten ist Magnesium

In zwei Drittel der untersuchten Produkte fanden die Tester weitaus mehr Magnesium als für den Tagesbedarf notwendig. Die vom deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung empfohlene Höchstmenge von Magnesium liegt bei 250 mg pro Tag. 64 Prozent der untersuchten Proben lagen deutlich darüber. Der Durchschnitt enthielt 423 Milligramm Magnesium pro Tagesdosis, in einem Produkt fanden die Tester sogar mehr als 1.100 mg. Bei zu viel Magnesium könne es zu Durchfall und Erbrechen kommen, Leber und Niere würden unnötig belastet, so Angela Clausen, Ernährungsexpertin des vzbv gegenüber help.ORF.at. Auch Schlafstörungen und Hautirritationen seien möglich.

Werbung mit Gesundheitsbezug verboten

In vielen Nahrungsergänzungsmitteln gab es auch Vitamine und Mineralien in ungünstigen Kombinationen. So könnten sich Magnesium mit Calcium gemischt wechselseitig in der Aufnahme behindern. Eine Selbstmedikation mit Nahrungsergänzungsmitteln sei deshalb riskant, so Clausen.

Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel wächst stetig, auch weil den Konsumenten suggeriert werde, sie würden ihrer Gesundheit etwas Gutes tun. In Österreich liegt der jährliche Umsatz bei rund 100 Millionen Euro. Gesundheitsbezogene Aussagen bei der Werbung für Nahrungsergänzungsmittel sind allerdings verboten. Doch vor allem bei Produkten aus dem Internet fanden sich trotzdem Versprechen für eine bessere Gesundheit.

„Überflüssig und überdosiert“

Konsumenten sollten nur dann zu Nahrungsergänzungsmitteln greifen, wenn zuvor ein Arzt eine tatsächliche Unterversorgung festgestellt hat, so die vzbv-Expertin. Die überwiegende Zahl der Menschen - mit Ausnahme bestimmter Risikogruppen - sei ohnedies ausreichend mit Mineralstoffen und Vitaminen versorgt. Die zusätzliche Einnahme von Pillen und Pulvern sei überflüssig.

Medikamente im Regalen einer Apotheke

APA/dpa/Daniel Reinhardt

Nahrungsergänzungsmittel gelten nicht als Medikamente

Auch bei der österreichischen Bevölkerung gebe es keine Unterversorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen, so Katrin Mittl, Ernährungsexpertin beim Verein für Konsumenteninformation (VKI) auf Anfrage von help.ORF.at. „Die willkürliche Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln ist weder ratsam noch notwendig“, so die Expertin.

Forderung nach klaren Regeln für Höchstmengen

Nahrungsergänzungsmittel gelten nicht als Medikamente, obwohl sie oft so vermarktet werden, sondern als Lebensmittel. Sie sollen fehlende Nährstoffe in der Ernährung ergänzen, nicht jedoch Krankheiten vorbeugen oder heilen. Eine EU-Richtlinie legt zwar fest, welche Vitamine und Mineralstoffe verwendet werden dürfen, sie gibt jedoch keine Grenzwerte an. Wie auch bei anderen Nahrungsmitteln sind die Hersteller somit zwar für die Sicherheit ihrer Produkte verantwortlich, nicht aber dafür, wie viel man davon zu sich nimmt.

Die deutschen Verbraucherzentralen fordern deshalb eine EU-weite Zulassungspflicht und Regeln für die Dosierung von Nahrungsergänzungsmitteln. Verbraucher müssten zudem in einer öffentlichen Liste im Internet einsehen können, welche Produkte bereits von den Behörden geprüft wurden. Der vzbv bietet als neues Service eine Informationsseite zu Nahrungsergänzungsmitteln an, die unabhängig von den Anbietern über die Produkte informiert.

Karin Fischer, help.ORF.at

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