E-Zigarette: Einstiegsdroge oder Ausstiegshilfe?

Als sie zuerst auf den Markt kam, hielten Experten sie für einen kurzfristigen Trend. Mittlerweile ist sie etabliert und hat fast Kultstatus erreicht. Die elektronische Zigarette, kurz E-Zigarette. Kritik an dem dampfenden Tabakersatz wird derweil lauter. Ist die E-Zigarette eine Einstiegsdroge, eine Ausstiegshilfe oder gar eine brauchbare Alternative zu herkömmlichen Tabakwaren?

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Sie galt über längere Zeit als die gesunde Alternative zur Zigarette. Die elektronische Zigarette, auch Verdampfer genannt. Anstelle von Rauch, der bei der Tabakverbrennung entsteht, wird hier nikotinhaltiger Dampf inhaliert. Mittlerweile häuft sich Kritik an den modernen Glimmstengeln. Eine aktuelle US-Studie kommt zu dem Schluss, dass schon nach kurzzeitigem Konsum wichtige Zellen in der Mundhöhle absterben, wodurch das Immunsystem geschwächt wird.

Experte: Hundertmal harmloser als normale Zigaretten

Der Lungenfacharzt Norbert Vetter meint, dass das Rauchen grundsätzlich schädlich für die Zellen in den Schleimhäuten ist und relativiert daher die kurzfristigen Auswirkungen des „Dampfens“. Die amerikanische Studie zeige zwar, dass es nicht ganz harmlos sei, so Vetter. Aus seiner Sicht seien die Auswirkungen aber wohl wesentlich harmloser als die Auswirkungen normaler Zigaretten, die hunderte toxische Stoffe enthalten, die die Zellen schädigen.

Durch einen kurzzeitigen Konsum des E-Zigaretten-Dampfes verursachte Zellschäden der Mundschleimhaut hätten keine langfristigen Erkrankungen zur Folge, meint Vetter. Schon gar nicht, wenn man sie mit den Auswirkungen herkömmlicher Tabakprodukte in ein Verhältnis setzt: „Die toxischen Substanzen, die bei der Verbrennung entstehen, sind das Problem. Das alles fällt bei der E-Zigarette weg.“

Frau dampft eine E-Zigarette

dpa/Marcus Brandt

E-Zigaretten: Über Langzeitfolgen kann man keine seiösen Aussagen machen.

Als kurzfristige Alternative zur herkömmlichen Tabakzigarette sei der Einsatz des Verdampfers daher durchaus empfehlenswert, so der Lungenfacharzt. Man könne die E-Zigarette gezielt für einen ganz bestimmten Zweck nutzen. Und zwar zu dem Zweck, mit dem Rauchen aufzuhören.

Langzeitfolgen von E-Zigaretten sind unbekannt

Ob die E-Zigarette aber auch als vertretbare Langzeitalternative zum Tabakprodukt tauge, nach dem Motto: Ich rauche nicht mehr und dampfe ab nun, könne er nicht beurteilen, so Vetter: „Das weiß ich nicht. Niemand weiß das.“ Es gibt keine Studien, die die Langzeitnebenwirkungen der E-Zigarette beleuchten. Ebenso wenig gäbe es Studien, die nachweisen würden, dass durch den Konsum der E-Zigarette der Einstieg in eine Sucht gefördert werde. Wer also die E-Zigarette als Tabakersatz begreife und über Jahre oder Jahrzehnte weiter rauche, trage ein unkalkulierbares Risiko, da die Langzeitfolgen nun einmal unbekannt seien.

Die Substanz, die bei E-Zigaretten verdampft und vom Konsumenten inhaliert oder gepafft wird, wird als „Liquid“ bezeichnet. Neben Nikotin sind darin vor allem Propylenglycol und Glycerin enthalten. Glycerin ist ein Alkohol, der als Lebensmittelzusatz zugelassen ist. Er wird etwa dazu verwendet, Datteln oder Kaugummi feucht zu halten. Auch in manchen Zahnpasten ist Glycerin enthalten. Bei der E-Zigarette sorgt der Stoff für die Entstehung des weißen Dampfes. Beigemischt sind darüber hinaus Farbsubstanzen, die geschmacksverändernd wirken können. Liquid enthält also eine Vielzahl von Substanzen, deren Langzeittoxizität unbekannt ist.

Trendprodukt mit Coolness-Faktor

E-Zigaretten haben mittlerweile einen gewissen Coolness Faktor erreicht. Vor allem bei Jugendlichen. Norbert Vetter plädiert dennoch für einen entspannteren Umgang mit dem Thema: „Aus medizinischer Sicht ist es mir hundertmal lieber, jemand nimmt eine E-Zigarette als eine echte Zigarette.“ Eine potentielle Toxizität – also die potentielle Giftigkeit - einer E-Zigarette sei möglicherweise vorhanden, so der Lungenfacharzt, dass eine Tabakzigarette giftig ist, sei erwiesen.

90 Prozent aller Lungenkrebsformen entstehen durch das Rauchen von Tabak, auch Herzinfarkte würden dadurch verursacht, so Vetter. Die E-Zigarette sei auf jeden Fall die harmlosere Alternative. Langfristige Risiken und Nebenwirkungen des „Dampfens“ werde man wohl erst in einigen Jahren oder gar Jahrzehnten wirklich seriös beurteilen können.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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