Wie viel Weihnachtskitsch noch zumutbar ist
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„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Österreich 1
Längst haben Lichterketten und illuminierte Weihnachtsfiguren ihren Weg aus Amerika in die heimischen Vorgärten und Fenster gefunden. Es blinkt, manchmal in allen Regenbogenfarben, es glitzert und es kostet viel Strom: zehn Millionen Euro, so viel wie der Jahresstrombedarf von 10.000 Haushalten.
Schlechter Geschmack ist erlaubt
Neue Trends sorgen dafür, dass sich die Geldbörsen im Advent weit öffnen. Zum Preis von 70 Euro gibt es etwa Projektoren, die ein Lichtermeer aus Mustern und Farben auf die Hausfassade zaubern. Selbstaufblasende Weihnachtsmänner gibt es auch im XXL-Format bis zu sechs Meter hoch. Dazu kommen noch Soundeffekte wie beim schlafenden Weihnachtsmann für das Dach, der den Bauch bewegt und schnarcht.
Karin Fischer/help.ORF.at
„Wer sich am Weihnachtskitsch des Nachbarn stört, der hat Pech“, so Manuela Robinson, Juristin beim Verein für Konsumenteninformation (VKI). Rechtlich gebe es keine Möglichkeit, gegen Weihnachtsdekoration aus ästhetischen Gründen vorzugehen. Erlaubt sei, was gefällt, solange es die Nachbarn nicht beeinträchtigt, so Robinson gegenüber help.ORF.at.
Schlafzimmer der Nachbarn ausleuchten ist verboten
Anders ist es jedoch, wenn die grelle Weihnachtsbeleuchtung des Nachbarn bis ins Schlafzimmer scheint oder die Soundeffekte die ganze Nacht hindurch ungewöhnlich viel Lärm erzeugen. Man dürfe zwar auf seinem Grundstück machen, was man will, „aber man darf den Nachbarn nicht stören, und es muss etwas Ortsübliches sein“, so die VKI-Juristin. Was in der Stadt noch als ortsüblich durchgeht, kann in einer ruhigen Wohngegend am Land bereits tabu sein. Überall gilt, dass die leuchtende Pracht den Nachbarn nicht um seine Nachtruhe bringen darf. Das eigene Haus darf man mit Projektionslampen anstrahlen, nicht jedoch das Haus des Nachbarn.
APA/dpa/Marcus Führer
Wenn das eigene Haus aus Tausenden Lämpchen leuchtet wie ein weihnachtliches Raumschiff und die Lichtquelle so stark ist, dass sie bis in die Schlafzimmer der Anrainer strahlt, ist Schluss. Im Streitfall entscheidet das Gericht, was hier noch zumutbar ist oder bereits „eine wesentliche Beeinträchtigung des Nachbarn“. Mieter brauchen die Zustimmung des Vermieters, bevor sie Weihnachtsschmuck an der Fassade anbringen, vor allem wenn dafür die Außenhaut angebohrt werden muss. Auch bei einem Mehrparteienhaus mit Eigentumswohnungen müsse man sich vorher mit den Miteigentümern absprechen, so die VKI-Juristin.
Bunte Lichterketten im Auto lenken ab
Der Weihnachtsschmuck macht auch vor dem Auto nicht mehr halt. Lichterketten, blinkende Schneemänner auf dem Armaturenbrett, Engel an der Heckscheibe und Rentiergeweihe aus den Seitenfenstern sind weihnachtliches Zubehör, über dessen Ästhetik man diskutieren könne – über dessen Zulassung im Straßenverkehr hingegen nicht, so die Juristin Verena Pronebner vom ÖAMTC. Nach vorne darf grundsätzlich nur weißes Licht leuchten, nach hinten nur rotes Licht.
Karin Fischer/help.ORF.at
„Alles, was andere Farben hat, ist nicht empfehlenswert. Da sollte man wirklich vorsichtig sein, um sich selbst nicht abzulenken und um andere nicht zu irritieren“, so Pronebner gegenüber help.ORF.at. Der Lenker sollte das Auto ausreichend bedienen können ohne sich in Lichterketten zu verheddern und nach außen muss genügend Sicht bleiben. Dekoration, die außen am Fahrzeug montiert ist, darf nicht herunterfallen und andere gefährden. „Ein Auto muss so ausschauen, wie es zugelassen ist“, so die ÖAMTC-Juristin. Gerade in der dunklen Jahreszeit sei man darauf angewiesen, dass andere Verkehrsteilnehmer das Fahrzeug gut erkennen.
„Rücksicht nehmen, mit den Nachbarn reden“
VKI und ÖAMTC empfehlen, beim weihnachtlichen Schmücken von Haus und Auto auf andere Menschen Rücksicht zu nehmen. Wenn die Weihnachtsbeleuchtung trotzdem zur Belästigung wird, bleibt im schlimmsten Fall nur der Gang zum Bezirksgericht, um eine Unterlassungsklage einzubringen. VKI-Expertin Robinson rät, bei Problemen immer zuerst das Gespräch mit den Nachbarn zu suchen, damit es erst gar nicht zur Klage kommt.
Karin Fischer, help.ORF.at
Publiziert am 26.11.2016