EU stellt klar: Roaming-Aus ohne Zeitbegrenzung

Handynutzer sollen nach einem überarbeiteten Vorschlag der EU-Kommission ab Mitte 2017 ohne zeitliche Begrenzung Gratisroaming im EU-Ausland zur Verfügung haben können.

„Wir haben entschieden, dass es keine Tagesbegrenzungen geben soll“, so der zuständige EU-Kommissar Andrus Ansip in Brüssel. Stattdessen solle jeder Nutzer „wie daheim“ Roaming nutzen können, so Ansip. Allerdings müsse Missbrauch verhindert werden können. Anbietern solle dafür eine Reihe von Möglichkeiten an die Hand gegeben werden.

Volumens- statt Zeitbegrenzung möglich

Ansip schloss auch nicht aus, dass in Zukunft doch eine Volumensbegrenzung greifen könnte. „Vielleicht muss man ein volumensbasiertes Kriterium für die Zukunft festlegen.“ Jetzt gelte es, „mit allen Interessenvertretern zu reden. In der Kommission ist es auch nicht so, dass alle alles wissen“, und „wir hoffen, noch ein paar neue Ideen zu bekommen“.

Abschaffung bis Juni 2017

Ursprünglich sahen die Pläne der Kommission vor, Roaming nur für 90 Tage im Jahr und lediglich 30 Tage am Stück zu ermöglichen. Verbraucherschützer hatten vor allem diese Fristen kritisiert. Denn die Kunden profitierten von der Regelung nur, wenn sie gelegentlich und kurz im Ausland sind.

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte in seiner Rede zur Lage der Union schließlich „technokratische Fehler“ eingeräumt und angeordnet, den ursprünglichen Entwurf zurückzuziehen - mehr dazu in 90-Tage-Roaming „technokratischer Fehler“. Ziel sei jedoch weiterhin die Abschaffung der Roaminggebühren bis Juni 2017.

30 Tage am Stück, 90 Tage im Jahr – oder doch nicht?

Vor dem Zurückrudern Junckers argumentierte die EU-Kommission, dass das 90-Tage-Kontingent praktisch jeden Bedarf von Privat- und Geschäftsreisenden decke. Grenzpendler sollten ausgenommen sein. Wer am selben Tag in zwei Netzen unterwegs ist, müsse keinen Tag aus seinem Kontingent abhaken. Nach 30 Tagen Aufenthalt im Ausland sollten Betreiber laut Entwurf aber ein Einwählen im Heimatnetz verlangen können.

Der Entwurf nannte auch konkrete Zahlen: Bei Überschreitung der 30 Tage am Stück oder 90 Tage im Gesamtjahr sollten die Provider maximal vier Cent pro Minute, einen Cent pro SMS und 0,85 Cent pro Megabyte verlangen dürfen. Flatrate-Kunden sollten den Durchschnittsverbrauch ihres Pakets nutzen können, bevor Auslandsgebühren anfallen. Auch Prepaidkarten sollten zunächst eine Weile im jeweiligen Netz genutzt werden müssen, bevor sie auch im Ausland funktionieren.

Kleine Anbieter sehen Großkonzerne bevorzugt

Ein kompletter Roamingwegfall macht unterdessen kleineren Mobilfunkern Sorgen. Die EU fördere mit den dabei vorgesehenen Netznutzungsgebühren (Interconnection Fees) Großkonzerne, während die kleinen Anbieter auf der Strecke bleiben würden, kritisierte Franz Pichler, Chef des kleinen österreichischen Anbieters Spusu. Er forderte deutlich geringere Gebühren für die Nutzung von Fremdnetzen. Spusu ist im Mobilnetz von „3“ eingemietet.

Um den Auslandsdienst zu gewährleisten, müssten die heimischen Mobilfunkanbieter im betroffenen Land bis zu zehnmal höhere Netznutzungsgebühren entrichten als im Inland. Das müsse deshalb zwangsläufig mit einer Erhöhung der Tarife im Inland einhergehen und würde zum Aussterben großer Datenpakete führen. Die Politik der EU ziele auf eine Marktkonsolidierung auf europäischer Ebene ab.

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