Lebensversicherung: Zwei Drittel falsch belehrt

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat Verträge von Lebensversicherungen unter die Lupe genommen. In zwei Drittel der Fälle wurden fehlerhafte Rücktrittsklauseln gefunden. Ein neuer Versicherungsrechner soll mehr Transparenz schaffen.

Seit dem Beginn der Sammelaktion zu Lebensversicherungen vor einem halben Jahr, hat der Verein für Konsumentenaktion 1.300 Verträge unter die Lupe genommen. Im Rahmen der Aktion können Konsumenten überprüfen lassen, ob ein Rücktritt von ihrem Vertrag möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist. In zwei Drittel der untersuchten Fälle wurden die Betroffenen fehlerhaft über ihr Rücktrittsrecht belehrt, so die ernüchternde Zwischenbilanz des VKI.

Auf einem Versicherungsschein für eine Lebensversicherung liegt ein Smartphone auf dem ein Taschenrechner angezeigt wird, sowie mehrere Euromünzen und ein Euroschein

APA/dpa-Zentralbild/Arno Burgi

VKI sieht erhebliche Mängel bei Lebensversicherungen

Aus Sicht des VKI haben Kunden die fehlerhaft über das Rücktrittsrecht informiert wurden, das Recht auf eine vollständige Rückabwicklung des Vertrages. Dies bedeute, dass sämtliche eingezahlten Prämien ohne Abzüge an den Kunden zurüchgezahlt werden müssen, als hätte die Polizze nie existiert, erklärt die Leiterin der Abteilung Sammelaktionen Ulrike Wolf.

Beratungsfehler in zwei Drittel aller Fälle

Besonders beliebt sind in Österreich fondsgebundene Lebensversicherungen. Bei den untersuchten Fällen haben etwa 70 Prozent der Betroffenen diese Anlageform gewählt. „Wenn eine fondsgebundene Lebensversicherung stark an Wert verloren hat, können sich die Verluste bei einem Rücktritt massiv reduzieren. Gerade hier macht ein Vertragsrücktritt oft wirtschaftlich Sinn“, meint die VKI-Juristin Wolf.

Zur Überprüfung der Rücktrittsbelehrungen habe der VKI primär die Polizzen geprüft, erklärt Wolf. In der Mehrzahl der Verträge habe es überhaupt keinen schriftlichen Hinweis auf das Rücktrittsrecht gegeben. Eine schriftliche Belehrung sei aber vom Gesetzgeber zwingend vorgeschrieben, erläutert die VKI-Juristin gegenüber help.ORF.at. In anderen Fällen sei die Belehrung nicht gegetzeskonform ausgefallen. Beispielsweise habe man die Konsumenten über ihre Rücktrittsfristen nur teilweise oder unrichtig informiert.

Online-Rechner soll Klarheit bringen

Lebensversicherte, die denken, dass auch sie von Belehrungsfehlern betroffen sein könnten, haben nach wie vor die Möglichkeit, sich gegen einen Unkostenbeitrag von 95 Euro der VKI-Sammelaktion anzuschließen. Um zu überprüfen, ob das im Einzefall sinnvoll ist, stellt der VKI einen neuen Online-Schnellrechner zur Verfügung. Mit diesem können Betroffene eine „erste, schnelle Einschätzung des Wertes ihrer Polizze erhalten.“, so der deutsche Wirtschaftsmathematiker Philipp Schade, einer der Entwickler des kostenlosen Online-Werkzeugs.

Nach der Prüfung der Verträge werde man mit den einzelnen Versicherungen in Kontakt treten, um die Vertragsauflösung und eine Rückzahlung der eingezahlten Prämien zu erwirken, erklärt die VKI-Juristin Wolf. Sollte mit den Unternehmen keine Einigung möglich sein, werde man zum Instrument der Sammelklage greifen.

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