Internet der Dinge: Spionage im Haushalt

Fernseher, Heizung, Fitnessarmband, Barbie-Puppe: Mehr und mehr dieser Geräte sind oft ohne Wissen der Nutzer dauerhaft mit dem Internet verbunden. Das bringt Vorteile, aber auch hohe Sicherheitsrisiken. Die meisten Geräte sammeln erheblich mehr Daten, als ihre Hersteller angeben. Datenschützer warnen zunehmend vor diesem Internet der Dinge.

„Wach auf, du kleine Schlampe!“ Mit diesem Satz wurde ein Familienvater aus Houston begrüßt, als er eines Morgens das Zimmer seiner zweijährigen Tochter betrat. Ein Hacker hatte die Babykamera des Mädchens geknackt. Der Eindringling hatte es nicht nur geschafft, aus der Ferne das Kind zu beschimpfen, sondern auch die Kamera zu steuern.

Große Sicherheitslücken bei Haushaltsgeräten

Hervais Simo, Spezialist für technischen Datenschutz am Fraunhofer-Institut Darmstadt, sieht hohe Sicherheitslücken bei Haushaltsgeräten, die mit dem Internet verbunden sind. Die verschlüsselte Übertragung der Daten sei sehr anfällig für Angriffe. Für den Laien könne leicht der Eindruck entstehen, dass die Geräte sicher sind, aber mit wenig technischem Know-how könne man die Geräte kompromittieren, so Simo.

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Hat ein Hacker einmal Zugriff auf so ein Gerät im Haushalt bekommen, sei er in der Lage, zusätzlich auf sämtliche andere Geräte im selben WLAN-Netz zuzugreifen, warnt der Datenschutzexperte. Waren es früher nur Computer und Smartphones, verbinden sich heute auch immer mehr Haushaltsgeräte mit dem Netz. Das ist auch der Grund, warum man vom Internet der Dinge spricht. Küchengeräte, Backöfen, Kühlschränke, Fernseher, Fitnessarmbänder und Badezimmerwaagen können zunehmend Informationen aus dem Internet abrufen.

Der überwachte Konsument

Problematisch sei dabei, dass vielen Nutzern nicht bewusst sei, dass ihre Geräte mit dem Internet verbunden sind, so Simo. Der Forscher spricht deshalb vom „versteckten Internet“. Beim Aufstellen eines neuen Fernsehgeräts zum Beispiel gingen Nutzer nicht davon aus, dass dieses sich automatisch mit einem Server irgendwo auf dem Planeten verbinde. „Nutzer sollten hier die Möglichkeit haben, sich explizit dafür oder dagegen zu entscheiden“, so Simo.

Menschen informieren sich auf der Elektronikmesse IFA in Berlin auf dem Stand des Unternehmens Philips im Bereich Fernsehgeräte

APA/dpa

Moderne Fernsehgeräte erfassen viele Nutzerdaten, sicherer ist die alte Fernbedienung

Wer Haushaltsgeräte mit dem Internet verbindet, verrät damit auch seine IP-Adresse. Aus Sicht des Datenschutzexperten gibt man damit seine eindeutige Identität preis. Damit sei einer detaillierten Erstellung von Persönlichkeitsprofilen Tür und Tor geöffnet. Beim Smart-TV-Fernseher etwa seien die einzelnen Fernsehanstalten in der Lage zu dokumentieren, wann und wie lange Nutzer ein bestimmtes Programm schauen. Laut Simo wird allerdings nicht nur das Fernsehverhalten erfasst: „Es sind auch sehr viele Sensoren in den Geräten eingebaut, zum Beispiel Mikrofone und Kameras. Über diese können Nutzer nur mit sehr viel Mühe Kontrolle ausüben.“

Was geschieht mit den gesammelten Daten?

Neben der Möglichkeit, die Erfassung der Daten zu kontrollieren, fehle es den Nutzern aber auch an Selbstbestimmung darüber, was mit diesen in weiterer Folge geschieht. Es bestehe die Gefahr zweckentfremdeter Nutzung. Simo nennt Beispiele dafür: „Die Daten könnten an Geschäftspartner, Forscher, Versicherungen oder künftige Arbeitgeber weitergegeben werden.“

Wer die Geräte dennoch weiter nutzen möchte, dem rät der Experte, nur dann ins Internet zu gehen, wenn man es tatsächlich braucht, und die Verbindung danach wieder zu trennen. Man sollte auch dafür sorgen, dass das Betriebssystem stets auf dem aktuellen Stand ist. Von Sprach- oder Gestensteuerungen rät Simo dezidiert ab und schlägt vor, stattdessen die alte Fernbedienung weiterzuverwenden. Als letzten Schritt empfiehlt er, das eingebaute Mikrofon und die Kamera zu deaktivieren. Das sei am schwierigsten, weil diese Einstellung in der Regel tief im Menü versteckt ist, so Simo.

Jonathan Scheucher, help.ORF.at

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