Totalschaden oder nicht? Streit um Kfz-Kasko

Der heimische Fahrzeughandel warnt Konsumenten vor Klauseln in Kfz-Kasko-Versicherungspolizzen, die im Schadensfall eine Einstufung von Kfz als „wirtschaftlicher Totalschaden“ ermöglichen, obwohl der Besitzer lieber eine Reparatur gehabt hätte.

Im Falle eines „wirtschaftlichen Totalschadens“ müssten Versicherer lediglich die Differenz zwischen Zeitwert und Wrackerlös begleichen, ohne die tatsächlichen Reparaturkosten zu berücksichtigen, warnte das Bundesgremium des Fahrzeughandels in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Ein OGH-Urteil bestätige die Rechtmäßigkeit von heiklen Vertragsvereinbarungen, die Konsumenten nicht ausreichend bekannt sein dürften. Versicherer würden nämlich Fahrzeug-Restwerte in Wrackbörsen ermitteln und bei Schadensbewertungen berücksichtigen, so der Autohandel.

Restwert wird via Internet-Wrackbörse ermittelt

Sei es bisher gängige Praxis, bei kaskoversicherten Autos bis zu einem Schaden von etwa 70 Prozent des Wiederbeschaffungswertes reparieren zu lassen, so würden Versicherer nun zunehmend den erzielbaren Restwert via Internet-Wrackbörse ermitteln und diesen miteinbeziehen. Laut herrschender Rechtslage liege ein Totalschaden dann vor, wenn die Reparaturkosten und der Restwert den Wiederbeschaffungswert übersteigen - der Versicherer könne somit Schäden, die bei weitem nicht an den Fahrzeugwert heranreichen, zum Totalschaden erklären, so der Autohandel.

Auto mit Totalschaden

APA/LPD WIEN

Die Versicherer stehen in der Kritik, weil sie Schäden auch unter dem Fahrzeugwert zum Totalschaden erklären können

Wer auf der sicheren Seite sein und juristische Schlupflöcher umschiffen wolle, sollte seine Versicherung direkt im Kfz-Betrieb abschließen, rät Burkhard Ernst, Obmann des Bundesgremiums Fahrzeughandel. Der Branchenversicherer des österreichischen Kfz-Gewerbes biete beispielsweise Reparaturen bis zu 100 Prozent des Wiederbeschaffungswertes.

Versicherer: „Aufgebauschte Einzelfälle“

Für den Kfz-Vorstandsdirektor eines großen heimischen Allspartenversicherers handelt es sich um ein schon des öfteren im Sommer aufgewärmtes „Saure-Gurken-Zeit-Thema“, bei dem „Einzelfälle aufgebauscht“ würden. Es gebe kein neues Urteil des Obersten Gerichtshofs zu dem Thema, auch seien Wrackbörsen keine Neuheit, sondern lange gängige Praxis.

Von diesen Preisbörsen würden Kunden auch profitieren. Denn früher seien die Restwerte oft von Kfz-Werkstätten oder Händlern zu niedrig eingestuft worden: „Das war früher das große Körberlgeld, auch wenn das schon Jahrzehnte her ist.“ Auch sei es unrichtig, dass - wie vom Autohandel behauptet - kaskoversicherte Autos bis zu einem Schaden von etwa 70 Prozent des Wiederbeschaffungswertes repariert würden, „wir sind viel viel höher“.

Internetrecherchen zeigten, dass im Einklang mit der Judikatur bis zu einer Höhe von 110 oder 115 Prozent des Wiederbeschaffungswertes repariert wird, jedoch gibt es keine starren Prozentsätze für die Reparaturwürdigkeit. Ad infinitum könne die Assekuranzbranche nicht gehen, also etwa bis zu 120 oder 130 Prozent, so der Versicherungsmanager. Wenn ein Autofahrer wirklich sehr an seinem fahrbaren Untersatz mit kaum noch Restwert hänge, so könne er sich ja allenfalls den Restwert bezahlen lassen und die überschießenden Reparaturkosten selbst tragen, gibt er zu bedenken.

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