Nach Streikurteil: Fluggastrechteportale wittern Geschäft

Das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu Verspätungen durch wilde Streiks lässt private Fluggastrechteportale aufhorchen: Man rechne nun mit einer Klagewelle, teilte etwa die Claim-Firma AirHelp mit. Verbraucherschützer dämpfen die Erwartungen jedoch, mit automatischen Entschädigungen sei nicht zu rechnen.

Den Fluggesellschaften drohe nun eine Klagewelle, denn das Urteil gelte sowohl zukünftig, als auch rückwirkend für alle ähnlichen Fälle, heißt es in einer Aussendung des Fluggastrechteportals AirHelp. Fluggäste müssten ab sofort mit bis zu 600 Euro entschädigt werden, wenn ihr Flug wegen eines illegalen Streiks verspätet ankommt oder ganz ausfällt.

EuGH-Urteil bedeutet nicht automatische Entschädigung

Ganz so einfach sei das jedoch nicht, heißt es beim Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) gegenüber help.ORF.at. Der EuGH habe geklärt, dass Flugausfälle durch wilde Streiks ähnlich wie bei einem technischen Gebrechen dann zu Ansprüchen führen können, wenn die Verspätung oder die Flugstreichung vermeidbar gewesen wäre.

Eine wegen Streiks nicht verwendete Flugbrücke an einem Flughafen

APA/dpa/Sven Hoppe

Fällt der Flug wegen wilden Streiks aus, könnte Entschädigung fällig werden

Ob das der Fall ist, werden Gerichte in jedem Einzelfall klären müssen. Ein Automatismus ergebe sich aus dem EuGH-Urteil nicht. TuiFly, jene Fluglinie bei der ein wilder Streik der Anlass für das EuGH-Urteil war, habe bereits angekündigt, in jedem Fall die Unvermeidbarkeit der Verspätungen und Ausfälle belegen zu können und sich auf Prozesse einzulassen.

EVZ: „Klagewelle“ ist ein großes Wort

Es sei zwar nachvollziehbar, dass kommerzielle Claim-Firmen nach dem Urteil versuchten, ihr Geschäft anzukurbeln. Ob es tatsächlich zu einer „Klagewelle“ kommt, sei jedoch fraglich - das sei ein großes Wort, auch Fluggastrechteportale bringen nicht jeden Fall vor Gericht, so das EVZ. AirHelp kündigte in einer Aussendung an, alte Fälle zu durchforsten und betroffene Passagiere anzuschreiben.

Auch beim EVZ rät man Fluggästen, deren Antrag auf Entschädigung mit Verweis auf einen Streik abgelehnt wurde, die Airline nun noch einmal zu kontaktieren. Wer jedoch die volle Entschädigung erhalten möchte, sollte das auf eigene Faust probieren, beziehungsweise mit Unterstützung der staatlichen Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf). Kommerzielle Fluggastrechte-Durchsetzer behalten rund 25 Prozent der Entschädigung als Provision; die öffentlich finanzierte apf bietet ihren Service kostenlos an.

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