Nicht alle rezeptfreien Medikamente sind empfehlenswert

Rezeptfreie Medikamente sind stark beworbene Kassenschlager: Millionenfach verkauft und lukrativ für die Hersteller. Wirksam sind sie zwar alle, jedoch nicht immer zur Selbsttherapie geeignet, kritisiert der Verein für Konsumenteninformation (VKI). Vor allem Kombinationspräparate mit mehreren Wirkstoffen sehen die Verbraucherschützer kritisch.

Der VKI hat 150 rezeptfreie Medikamente untersucht und nach Eignung eingeteilt. Nur etwas weniger als die Hälfte der Arzneien wurde dabei als „geeignet“ oder „auch geeignet“ eingestuft. Auffällig ist, dass es keines der sogenannte Kombinationpräparate unter die empfohlenen geschafft hat. Kombinationspräparate sind solche Medikamente, die mehr als einen Wirkstoff enthalten, zum Beispiel die viel beworbenen Marken Aspirin Complex, Boxagrippal, Grippostad-C Kapseln oder Wick Erkältungssirup.

Mehr Wirkstoffe, mehr Nebenwirkungen

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„Bei vielen Kombipräparaten ergänzen sich die Wirkstoffe nicht unbedingt“, sagte Angela Tichy, Projektleiterin für Medizin und Gesundheit beim VKI. „Im Gegenteil: Jeder Wirkstoff hat Nebenwirkungen und wenn Sie verschiedene Wirkstoffe in einem Präparat haben, kann es auch sein, dass sich die Nebenwirkungen erhöhen. Deshalb sehen Wir halten Monopräparate daher für geeigneter.“

Bei Fieber und Schmerzen sollte man daher lieber ein reines Schmerzmitteln nehmen, sagt Tichy. Die Wirkung der Kombipräparate sei zwar nicht schlechter als die der einfachen Medikamente. Sie wirken aber auch nicht unbedingt besser, nur weil mehrere Wirkstoffe enthalten ist. Dafür seien sie häufig teurer.

Vitamin-C-Zusatz hat keinen Mehrwert

Als ebenfalls nicht ausschließlich geeignet stufte der VKI Medikamente mit Vitamin-C-Zusatz ein: „Vitamin-C gaukelt vor, dass es sehr gesund ist und bei Erkältungen den Prozess der Genesung beschleunigen soll. Wir nehmen mit der Ernährung jedoch schon so viel Vitamin-C zu uns, dass es einfach nicht notwendig ist. Abgesehen davon, dass die Präparate möglicherweise teurer sind, haben sie keinen Mehrwert und keinen höheren Nutzen“, so Verbraucherschützerin Angela Tichy.

Eine weitere Rolle bei der Bewertung der Medikamente spielten auch die Studien, auf deren Basis die Zulassung erfolgte. Alle Arzneimittel müssen in klinischen Studien auf Wirksamkeit und Nebenwirkungen geprüft werden, allerdings seien die Studien nicht immer aussagekräftig genug, kritisiert der VKI. Die Laufzeit der Untersuchungen sei häufig zu kurz, um langfristige Nebenwirkungen zu erkennen, und der Probandenkreis zu klein und zu eng gesteckt. Häufig würden die Medikamente nur an Männern mittleren Alters getestet.

Klinische Studien nicht immer aussagekräftig

„Wir haben auch darauf geachtet, ob auch nach der Zulassung noch Studien durchgeführt wurden und wer diese Studien finanziert hat“, sagt Tichy. Wenn die Untersuchungen statt von unabhängigen Stellen von den Pharmafirmen selbst finanziert wurden, könnten sich das auf Ergebnisse auswirken.

Wer sich rezeptfreie Mittel gegen Alltagszipperlein in der Apotheke kauft, sollte nicht einfach nur eine geläufige Marke verlangen, sondern sich beraten lassen. In Apothekentests des VKI habe sich immer wieder gezeigt, dass die Beratung in manchen Apotheken aktiv eingefordert werden muss; hier sollte man auf ausführlichen Erklärungen zu den Medikamenten bestehen.

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