Chemie, die unter die Haut geht

Tätowierungen werden in Österreich immer beliebter - knapp ein Viertel der über 16-Jährigen hat zumindest eine. Doch immer wieder tauchen Bedenken wegen gesundheitlicher Risiken und Allergien auf. Mit einer schweren allergischen Reaktion auf Tattoofarben befasste sich vor kurzem sogar ein österreichisches Gericht.

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Sich eine Tätowierung stechen zu lassen tut weh - dem einen mehr, dem anderen weniger. Die elektrischen Tätowiermaschinen nehmen die Farbe auf und stechen mehrere Tausend Mal pro Minute in die Haut. Die Nadel bringt die Farbe durch die oberste Hautschicht, die Epidermis, in die darunterliegende Lederhaut, die Dermis. Da beim Tätowieren eine Wunde entsteht, sind die Arbeitsumstände besonders wichtig. Die Wunde kann sich mit Viren, wie Hepatitis oder Herpes, mit Bakterien oder Pilzen infizieren.

Kontrolle, aber keine Regelung

In Österreich muss jedes offizielle Studio einmal pro Jahr einen Unbedenklichkeitsnachweis erbringen. Der beinhaltet die Hygienekontrolle eines unabhängigen Gutachters. Davon, sich nicht einem offiziellen Studio tätowieren zu lassen, raten Konsumentenschützer und der Berufsgruppenverband der Tätowierer eindeutig ab.

Die Farben, die in Österreich zum Einsatz kommen, werden regelmäßig kontrolliert. Eine explizite Regelung zu den Inhaltsstoffen gibt es allerdings nicht. Die sind etwa bei Kosmetika, die auf die Haut aufgetragen werden, wesentlich strenger als bei den Farben, die unter die Haut gelangen. Immer wieder werden Tattoo-Farben gesundheitsschädliche Bestandteile entdeckt, wie Schwermetalle oder krebserzeugende Stoffe gefunden. Bislang ist wenig darüber bekannt, wie sich Tattoo-Farben im Körper verteilen. Aktuelle Produktrückrufe sind auf der Webseite der Landesinnung bei der Wiener Wirtschaftskammer ersichtlich.

Ein Tätowierer bei der Arbeit

APA/AFP/Boris Horvat

Knapp ein Viertel der über 16-jährigen hat eine Tätowierung

Laut einem Bericht der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission ist diese Problem bekannt. Zu Beschwerden wegen Tattoos kommt es demnach regelmäßig. Bei zwei von drei frischen Tätowierungen kommt es zu Rötungen oder Schwellungen, die allerdings meist schnell wieder abklingen. Immerhin sechs Prozent der Neutätowierten haben mit hartnäckigeren Problemen wie Infektionen und Allergien zu kämpfen.

Probestechen gegen Allergie?

Um nachvollziehbar zu machen, welche Farben bei einer Tätowierung zum Einsatzgekommen sind, wird alles schriftlich dokumentiert und die Sicherheitsblätter der Farben mit allen Inhaltsstoffen abgelegt. Eine Allergie lässt sich so allerdings nicht vermeiden. Deswegen hat ein Grazer Gericht vor kurzem ein verpflichtendes Probestechen gefordert. Eine Kärntnerin hatte sich am rechten Unterschenkel tätowieren lassen. Von einer Allergie auf irgendwelche Farbbestandteile war ihr nichts bekannt. Nach zwei Wochen bekam sie Pusteln und starken Juckreiz. Mittlerweile hat sie zahlreiche Spitalsaufenthalte und Hauttransplantationen hinter sich.

Erich Mähnert, Berufsgruppenvorsitzender der Wiener Landesinnung für Tätowierer, hält diese Vorgabe nicht für zielführend. Denn ein Probestechen müsse eine allergische Reaktion nicht unbedingt offenbaren. Denn es gibt keinerlei medizinische Hinweise, wie lange eine solche mediznische Reaktion auf sich warten lässt. Die Farbtiegel vom Probestechen müssten schon nach kurzer Zeit entsorgt werden, so Mähnert. Die nächste Chargennummer könnte wieder andere Inhaltsstoffe oder Verunreinigungen enthalten.

Ausführlich Aufklärung notwendig

Für alle Tätowierer gelte aber, beim Aufklärungsgespräch nach möglichen Allergien zu fragen. Besteht eine Allergie, darf nicht tätowiert werden, unabhängig von der Ursache. „Ist sich der Kunde unsicher, dann bitten wir sie oder ihn einen Allergietest zu machen, bevor wir tätowieren“, so Mähnert.

Von Spontantätowierungen im Urlaub rät der Berufsgruppenvorsitzende deswegen eindeutig ab. Eine ausführliche Aufklärung komme hier oft zu kurz, die hygienischen Bedingungen seien schwer abzuschätzen und die Sprachbarriere könne ebenfalls zu Problemen führen.

Langfrsitig können auch die Farbpigmente selbst zu einem gesundheitlichen Problem werden. Sind in den Farben metallische Stoffe wie Eisenoxid enthalten, kann das bei einer Magnetresonanzuntersuchung zu verfälschten Ergebnisse führen bzw. diese Untersuchung unmöglich machen.

Marlene Nowotny, help.ORF.at

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