OGH erschwert Mieten-Lagezuschlag in Wien

Der Oberste Gerichtshof (OGH) erschwert es Vermietern in Wien, einen Lagezuschlag zu verrechnen, wie „Die Presse“ am Montag berichtete. Die Mietervereinigung Österreichs begrüßte die neue Entscheidung und sieht damit „das Ende der inflationär zunehmenden überdurchschnittlichen Lagen gekommen“.

Der Vermieter einer 83-Quadratmeter-Wohnung in Wien-Margareten hatte der Zeitung zufolge von der Mieterin einen Zuschlag verlangt, weil die Adresse mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut erschlossen sei und alle Geschäfte des täglichen Lebens innerhalb von fünf Minuten zu Fuß erreichbar seien. Das Bezirksgericht Innere Stadt bestätigte, dass diese Lage im Vergleich zur Gesamtheit aller Wiener Wohnungen überdurchschnittlich, ein Zuschlag von 0,94 Euro je Quadratmeter zum Wiener Miet-Richtwert (derzeit 5,58 Euro/m2) daher gerechtfertigt sei.

OGH: Fünf Minuten bis zur U-Bahn ist nichts Besonderes

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen kam aber zu einer anderen Auffassung als das Bezirksgericht und kippte die Entscheidung. Abgesehen davon, dass die unmittelbare Nähe zu einer offenen U-Bahn-Trasse nicht sonderlich verkehrsgünstig sei, wenn die nächste Station 350 Meter entfernt sei, dürfe als Vergleichsmaßstab nicht das ganze Stadtgebiet herangezogen werden, sondern maximal der 5. Bezirk, so das Gericht. Der Fall wurde schließlich an den OGH verwiesen.

Der OGH stellte zu seiner mit 5. Jänner publizierten Entscheidung fest: Im Vergleich zu relevanten Lagen in Wien würden die im vorliegenden Fall festgestellte Erschließung der Wohnumgebung des Hauses mit öffentlichen Verkehrsmitteln und die dort bestehenden Möglichkeiten der Nahversorgung die Annahme einer überdurchschnittlichen Lage im Sinne des § 16 Abs 4 Mietrechtsgesetz (MRG) nicht rechtfertigen.

Mieterverinigung erfreut über das Urteil

Die Mietervereinigung erklärte in einer Aussendung, der OGH habe nunmehr klargestellt, dass der Grundkostenanteil nichts aussage zur Frage, ob eine Lage als überdurchschnittlich zu bewerten sei. Derzeit, so die Mieterschützer, würden Sachverständige und Schlichtungsstelle zur Beurteilung der Zulässigkeit eines Lagezuschlags in Wien vor allem die Lagezuschlagskarte der MA 25 heranziehen. Diese unterteile das Gemeindegebiet in sogenannte „Gründerzeitviertel“ und sechs Preisklassen, so genannte „Lagezuschlagszonen“. Demnach gebe es aber nur „durchschnittliche“ (Gründerzeitviertel) oder „überdurchschnittliche“ Lagen, so die Kritik.

Dieser Praxis habe der OGH nun einen Riegel vorgeschoben, so die Mietervereinigung, die den OGH zitiert: „Zur Beurteilung, ob eine konkrete Lage aufgrund ihrer Eigenschaften als ‚besser als durchschnittlich‘ zu qualifizieren ist, bedarf es eines wertenden Vergleichs mit anderen Lagen.“ Und weiter: „Dabei hat der Vermieter den Nachweis zu erbringen, dass es konkrete Anhaltspunkte gibt, die die Annahme einer überdurchschnittlichen Lage erlauben.“ Die bloße Erreichbarkeit von Bus, U-Bahn und Supermärkten in weniger als 5 Minuten Gehweg sei in Wien jedenfalls kein Kennzeichen einer überdurchschnittlichen Lage.

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