EU-Kommission will Entschädigung von Bahnkunden beschränken

Die EU-Kommission plant einem Medienbericht zufolge, die Entschädigungsansprüche von Bahnkunden einzuschränken, und stößt damit auf Kritik. Die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf) spricht von „Schwachstellen“ und rechnet mit erhöhtem Aufwand bei Schlichtungsverfahren. Auch würden Passagiere künftig „den vollen Preis für mangelhafte Leistungen“ zahlen müssen.

Medienberichten zufolge will die EU-Kommission mit einer Novelle der Verordnung zu Fahrgastrechten im Eisenbahnverkehr auch eine Klausel zur höheren Gewalt bei Zugverspätungen und Zugausfällen einführen. Demnach wären Eisenbahnunternehmen künftig von Schadenersatzansprüchen bei Verspätungen befreit, wenn diese durch „schlechte Witterungsbedingungen oder große Naturkatastrophen“ verursacht wurden. Bislang gilt die Schadenersatzpflicht der Bahnen - anders als im Flug- und Busverkehr - auch in Fällen höherer Gewalt, wie der Europäische Gerichtshof 2013 bestätigt hatte.

Zukünftig „voller Preis für mangelhafte Leistung“

Die Kommission sehe die Pläne, die am Dienstagabend im Rat der EU-Verkehrsminister in Brüssel behandelt wurden, als fairen Interessenausgleich, um die Wettbewerbsbedingungen der Verkehrsträger anzugleichen, hieß es weiter. Die apf, eine Agentur des Verkehrsministeriums, erkennt in dem Vorhaben auch positive Aspekte: So würden die Rechte von Passagieren mit eigenschränkter Mobilität verbessert. Die Beschränkung der Entschädigungsansprüche sei jedoch eine „Schwachstelle“, so die apf gegenüber help.ORF.at.

Gegenwärtig sei es egal, ob der Zug „aufgrund eines Ereignisses von höherer Gewalt“ oder aus anderen Gründen verspätet sei. Entscheidend sei nur, „dass die erbrachte Leistung von der vertraglich geschuldeten abweicht.“ Unternehmen seien zwar bei höherer Gewalt nicht für mangelhaft erbrachte Leistungen verantwortlich - die Fahrgäste allerdings genauso wenig. Die Neufassung der Richtlinie bedeute jedoch, dass in Zukunft „für eine mangelhafte Leistung der vollen Preis“ zu bezahlen sei, heißt gegenüber help.ORF.at weiter. Bei der Abwicklung von Schlichtungsverfahren rechnet die Agentur mit erhöhtem Aufwand. Die Erfahrung aus dem Flugbereich zeige, dass es sehr aufwendig ist, „höhere Gewalt“ tatsächlich festzustellen. Nicht umsonst gebe es hierzu im Flugbereich unzählige Judikatur.

Verbraucherschützer befürchten Rechtsunsicherheit

Die Kritik des Berliner Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) lautet ähnlich. Bislang hätten Kunden recht unkompliziert Entschädigungsansprüche durchsetzen können. Künftig drohe nun Rechtsunsicherheit, „schlechte Witterungsbedingungen“ seien nicht definiert und liegen im Ermessen des Eisenbahnunternehmens.

Auch im Europaparlament stößt der Plan auf Kritik. Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber sagte: „Was die Kommission macht, geht zu weit. Wir haben eine funktionierende Entschädigungsregelung, dabei sollte man es belassen.“ Der Verkehrssprecher der deutschen Grünen im Europaparlament, Michael Cramer, warnte, Bahnreisenden drohe ein „massiver Rückschritt“. Das sei „nicht tragbar“. Die Bahnunternehmen dürften nicht aus der Verantwortung gelassen werden, das zeigten etwa die tagelangen Auswirkungen der Herbststürme auf den Betrieb der Deutschen Bahn.

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