Warum blasse Pommes gesünder sind

Pommes, Chips und Kekse enthalten Acrylamid, eine Substanz, die beim Erhitzen entsteht und wahrscheinlich krebserregend ist. Ein neuer EU-Beschluss soll Konsumenten nun besser vor Acrylamid bewahren. Hersteller und Restaurants sollen künftig blassere Pommes verkaufen, weil diese weniger der gefährlichen Substanz enthalten. Auch beim Kochen daheim lässt sich die Belastung senken.

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Wer seine Pommes frites und Bratkartoffeln gerne dunkel und knusprig mag, tut seiner Gesundheit nichts Gutes. Auch bei Chips, Keksen, Knäckebrot und gebräuntem Toast ist Vorsicht geboten. Ebenso bei gerösteten Frühstücksflocken, Lebkuchen, Zwieback und Instant-Kaffee.

Welche Lebensmittel meiden

„Wir stufen Acrylamid als kritisch ein, weil es im Verdacht steht, krebsauslösend und erbgutschädigend zu sein“, so Ingrid Kiefer, Leiterin der Risikokommunikation bei der AGES, der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit. Wenn stärkehaltige Lebensmittel, die wenig Wasser enthalten, stark erhitzt werden, steigt der Gehalt an Acrylamid. Diese Substanz wurde erst vor wenigen Jahren erstmals nachgewiesen.

Farbtabelle Pommes Screenshot goodfries.eu

goodfries.eu

Farbempfehlung des Verbands der europäischen Kartoffelverarbeiter

Durch eine günstige Lebensmittelauswahl und mit ein paar ganz wenigen Maßnahmen bei der Zubereitung ließe sich bereits ein großer Effekt erzielen, so die Expertin. Trotzdem sollte man so wenig wie möglich davon aufnehmen, da sich kein Wert festlegen lässt, unter dem es kein Risiko gibt.

„Vergolden statt bräunen“

Hauptquelle für die Aufnahme von Acrylamid sind Erdäpfel. Gekocht sind sie unbedenklich, beim Frittieren und Braten jedoch entsteht Acrylamid. „Wenn man rohe Kartoffel brät, dann sollte man die Kartoffelscheiben eine Stunde vorher ins Wasser legen, um den Gehalt an Zuckern zu reduzieren“, so Kiefer. Damit habe man weniger Ausgangssubstanz für das Acrylamid. Durch das Wässern gingen aber Vitamine und Mineralstoffe verloren.

Auf die Lagerung der Erdäpfel kommt es ebenfalls an. Sie sollen möglichst frisch sein, keine grünen Stellen haben und nicht unter acht Grad gelagert werden, weil sich bei niedrigeren Temperaturen mehr Acrylamid bildet. Werden stärkehaltige Lebensmittel wie Erdäpfel frittiert, dann nur kurz und nicht so heiß. Die AGES empfiehlt, beim Frittieren 175 Grad nicht zu überschreiten, auch wenn Hersteller von Pommes eine höhere Temperatur auf der Verpackung angeben. Bei frittierten Pommes und panierten Schnitzeln sollte die Farbe am Ende eher blass bis golden sein. Damit lässt sich zwar der Acrylamidgehalt senken, ernährungsphysiologisch gesünder werden diese Speisen dadurch nicht.

Brot und Kekse heller backen

Auch für getreidehaltige Produkte wie Brot und Kekse gilt: Je länger die Backzeit und je höher die Temperatur, desto mehr Acrylamid bildet sich. Daher sollte das Backrohr bei Ober- und Unterhitze nicht mehr als 180 Grad heiß sein, so die Expertin. Sie empfiehlt, stärkehaltige Lebensmittel nicht zu bräunen, sondern zu vergolden. Auch Frühstückstoast sollte nur noch hellgelb statt braun sein.

Ein Backblech mit rohen Keksen

APA/Barbara Gindl

Auch in Keksen bildet sich im heißen Backrohr Acrylamid

Beim Backen von Brot und Keksen daheim lautet die Empfehlung: So kurz wie möglich und ohne Umluft, weil diese den Teig noch mehr austrocknet. Ältere Rezepte müssen unter Umständen geändert werden, weil meist noch 220 Grad als Backtemperatur angeben sind. 180 Grad sind nach Ansicht der AGES-Expertin ausreichend. Ob Vollkorn oder nicht mache keinen Unterschied.

Kinder besonders gefährdet

Wie viel der krebserregenden Substanz zu sich genommen wird, hängt von den Ernährungsgewohnheiten ab. Bei Erwachsenen sind es Chips und Lebkuchen, die am meisten dazu beitragen, gefolgt von Rösti, Kroketten und Pommes frites. Den höchsten Acrylamid-Gehalt haben laut einer Studie der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA Instant-Kaffee und Ersatzkaffee aus Getreide. Weil der Kaffee jedoch mit Wasser zubereitet wird, sei die Belastung letztlich doch nicht so hoch.

Eine junge Frau isst Kartoffelchips

dpa/dpaweb/dpa/Gero Breloer

Chips, Pommes und Kekse sind Hauptquelle des Giftstoffs

Bei Kindern ist es eine einseitige Ernährung mit Pommes, Chips und Keksen, die zu einer Belastung mit Acrylamid führt. „Wichtig ist, dass Kleinkinder und Kinder ganz wenig von diesen krebserregenden und erbgutschädigenden Stoffen aufnehmen, weil sich die Schädlichkeit immer auf das Körpergewicht bezieht“, so Kiefer. Gerade die bei Kindern beliebten Frühstückscerealien könnten ebenfalls belastet sein, wenn sie geröstete Bestandteile enthalten. Gesunde Müslis für die Kinder ließen sich auch leicht selbst mischen.

Farbtabellen für Hersteller und Restaurants

Die Lebensmittelindustrie und das Gastgewerbe müssen sich ab kommendem Frühjahr umstellen. Dann soll die neue EU-Regelung in Kraft treten. Noch läuft eine dreimonatige Einspruchsfrist, bevor endgültig grünes Licht gegeben wird. Farbtabellen mit verschiedenen Bräunungsgraden sollen den Betrieben dann dabei helfen, gesündere Pommes und Chips zu machen.

Es regt sich Widerstand, die Gastronomie befürchtet ein Bürokratiemonster. Dem europäischen Verbraucherverband BEUC geht die Regelung hingegen nicht weit genug. Die Verbaucherschützer vermissen rechtlich verbindliche Obergrenzen für den Acrylamidgehalt in Lebensmitteln. Freiwillige Vereinbarungen mit der Industrie hätten bisher jedenfalls keinen Rückgang bewirkt.

Karin Fischer, help.ORF.at

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