Screen statt Tacho: Wie Displays das Auto verändern

Analoge Instrumente im Auto, die mit echten Zeigern Geschwindigkeit, Tankinhalt und Temperatur auf festen Skalen anzeigen, sind Auslaufmodelle: Ihre Aufgabe übernehmen immer öfter Displays. Die Screens schicken sich an, den Innenraum eines Autos grundlegend zu verändern. Flexible Displays lassen Karosserien durchsichtig werden, transparente Touchscreens liefern Informationen zur Umgebung direkt aufs Fenster, und bespielbare Seiten- und Dachverkleidungen lassen ahnen, wie Passagiere in autonom fahrenden Autos unterhalten werden könnten.

Die Ersten zeigen bereits, wohin die Reise geht. Der Tesla 3, zum Beispiel. Die Rede ist ausnahmsweise nicht vom rein elektrischen Antrieb des Mittelklasse-Stromautos, sondern vom Interieur: Instrumente hinter dem Lenkrad sucht man genauso vergeblich, wie Schalter und Drehregler am Armaturenbrett. Stattdessen ist ein einzelner Breitformattouchscreen in der Mitte montiert. Er übernimmt alles, von der Anzeige der wesentlichen Informationen wie Geschwindigkeit und Ladezustand der Batterie bis zur Steuerung der Sitzheizung.

Screens statt Skalen mit Zeigern gibt es zwar schon länger, in dieser Radikalität ist das - in einem Serienmodell - jedoch neu und zeigt, wie Displays und Bildschirme das Innere von Autos verändern. Und das ist erst der Anfang, sagt Ulrike Kuhlmann, Fachredakteurin der Zeitschrift „c’t“: „Ein bisschen weiter in der Zukunft liegt die transparente A-Säule. Die ist dann natürlich nicht wirklich transparent, sondern mit einem flexiblen Display überzogen. Und das Display zeigt dann das Bild, das eine Außenkamera aufnimmt. Das sieht dann so aus, als könnte man durch die A-Säule durchsehen. Man würde dann zum Beispiel spielende Kinder sehen am Straßenrand. Und zwar dort, wo sie sind.“

„Augmented Reality“ auf der Windschutzscheibe

Wenn die Sicht auf die Außenwelt mit zusätzlichen Informationen ergänzt wird, spricht man von Augmented Reality, der erweiterten Wirklichkeit. Das ist vor allem für die Frontscheibe ein Thema, sagt „c’t“-Redakteurin Kuhlmann. Daten wie Geschwindigkeit, Navianzeige und Hinweise auf Verkehrsschilder können schon jetzt in Serienmodellen auf die Windschutzscheibe projiziert werden, und das nicht mehr nur in der absoluten Oberklasse. Zukünftig werden die Anzeige dieser sogenannten Head Up Displays noch mehr können.

„Zum Beispiel, wenn man sich der Mittellinie zu sehr nähert, oder der Seitenlinie. Dann könnte man auf die Linie eine rote Markierung blenden und vielleicht noch einen akustischen Hinweis geben: ‚Achtung, du fährst hier ein bisschen zu weit links‘ und so den Fahrer aufmerksam machen“, sagt Kuhlmann.

Der Innenraum als Touchscreen

Auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas im Jänner positionierte sich eine Firma als Autozulieferer, die man sonst vor allem aus der Smartphonebranche kennt. Corning stellte Windschutzscheiben, Cockpitverglasungen und Mittelkonsolen aus Gorillaglas vor, jenem besonders widerstandsfähigem Glas, dass moderne Touchscreens erst möglich machte.

Das Glas kann kühn geschwungen und in fast jede beliebige Form gebracht werden. Geht es nach dem Unternehmen, wird das Auto innen bald zu einem einzigen, überdimensionalen Touchscreen. Ulrike Kuhlmann dämpft die Erwartungen allerdings ein wenig: Die Bedingungen in einem Auto sind anders als für Smartphones und Tablet. Automobile Displays müssten extreme Temperaturschwankungen aushalten, von minus 40 bis plus 120 Grad. „Und das bei Erschütterungen und über zehn Jahre, das ist so ein Zeitraum von dem man beim Auto ausgeht. Oder die Hersteller müssen die Ersatzeile über zehn Jahre bereithalten. In der Unterhaltungselektronik ist das undenkbar.“ Bis Produktion und Komponenten für den Einsatz in der Serie bereit sind, dürfte es noch ein wenig dauern.

Technisch möglich aber (noch) verboten

Was sonst schon jetzt technisch möglich wäre: Seiten- und Rückwände, die mit Bildschirmen bedeckt sind, zur Unterhaltung der Insassen. Spiegellose Fahrzeuge, die stattdessen mit Displays den Blick nach hinten ermöglichen. Und Scheinwerfer mit LCD-Display, die sogar Filme auf die Straße projizieren könnten.

„Das ist aber alles noch nicht erlaubt“, ergänzt Kuhlmann, „weil es den Fahrer von seiner eigentlichen Aufgabe ablenken könnte, nämlich fahren. Wenn wir jetzt ein bisschen weiter denken, im teilautonomen oder autonomen Fahrzeug, wo das Auto eine Zeitlang die Kontrolle übernimmt oder ganz, da ist das natürlich anders. Dann werden sich die gesetzlichen Regeln auch entsprechen ändern. Im Augenblick ist es eigentlich der Gesetzgeber, der davor steht.“

Matthias Däuble, help.ORF.at