Proteindrinks: Wer braucht die Extraportion Eiweiß?

Im Supermarkt sind sie relativ neu: Proteindrinks und -riegel, die laut Werbung einen großen Teil des täglichen Eiweißbedarfs decken und so zusätzliche Energie liefern sollen. Doch ist diese Extraportion Eiweiß wirklich gesund?

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In Österreich haben die wenigsten Menschen ein Problem mit der Proteinversorgung. Fast 70 Kilogramm Fleisch und Wurstwaren landen jedes Jahr auf unseren Tellern. Wer auf Fleisch verzichtet, kann den Eiweißbedarf ebenfalls leicht decken. Eier, Milchprodukte, Hülsenfrüchte, Soja, Nüsse - die Liste der nicht-fleischlichen Proteinlieferanten ist lang.

Proteinbedarf zu decken ist leicht

„Wir gehen im Moment davon aus, dass der Mensch 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht braucht“, sagt der Ernährungswissenschaftler Jürgen König von der Universität Wien. Das bedeutet, umgerechnet auf die Energiezufuhr, dass 15 Prozent der täglichen Kalorien aus Eiweiß stammen sollten. „Weil Eiweiß ja auch Energie liefert“, so König weiter.

Das heißt etwa für einen 50 Kilogramm schweren Menschen, dass er pro Tag 40 Gramm Eiweiß zu sich nehmen sollte. Isst man an einem Tag 100 Gramm Käse und 100 Gramm Bohnen, ist der Tagesbedarf an Eiweiß bereits mehr als gedeckt. „Wir haben also keine Probleme mit der Eiweißversorgung“, betont der Ernährungswissenschaftler, „wir nehmen ausreichend Eiweiß zu uns.“ Bei einer ausgewogenen Ernährung werde der tägliche Energie- und Proteinbedarf ohne Schwierigkeiten gedeckt.

Brauchen Sportler extra Eiweiß?

Auf zusätzliches Eiweiß über spezielle Getränke, Shakes oder Riegel könne der Großteil der Bevölkerung deswegen verzichten, sagt Eveline Ledl-Kurkowski vom Institut für präventive und rehabilitative Sportmedizin am Universitätsklinikum Salzburg. „Und das gilt auch für Hobbysportler bzw. auch für Freizeitsportler“, so die Sportmedizinerin. Genau aus diesem Bereich, dem Sport, kommt auch der neue Hype um die Supermarkt-Produkte mit extra viel Eiweiß.

Ein Wissenschaftler schüttet Pulver aus zwei Gläsern auf ein Tablett

dpa/Friso Gentsch

Bei ausgewogener Ernährung wird der Proteinbedarf problemlos gedeckt

Im Kraftsport wurde lange propagiert, dass man täglich vier Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen solle. Eine Menge, die allein mit herkömmlichen Nahrungsmitteln nur schwer zu erreichen ist. Deswegen wurden Proteinpulver für Shakes in Fitnessstudios immer populärer. Aus medizinischer Sicht ist das heute widerlegt. „Wir betreuen viele Sportlerinnen und Sportler und wir empfehlen einen solchen Eiweißersatz in der Regel eigentlich nie“, so Ledl-Kurkowski. Die einzigen Ausnahmen finde man etwa bei Ultralangstreckenbewerbe im Profisport oder in der Rehabilitation nach Chemotherapien oder Operationen.

Auf Bezugsquellen achten

Bei den Bezugsquellen mahnt die Sportmedizinerin auf jeden Fall zur Vorsicht. Produkte aus dem Supermarkt seien unbedenklich. Aber Eiweißpulver aus Onlinequellen sind immer wieder stark verunreinigt. „Wenn die Quellen nicht bekannt sind, ist oft mehr drin, als drauf steht, und da können auch anabole Steroide enthalten sein“, warnt Ledl-Kurkowski. Diese Anabolika werden auf der Zutatenliste nicht angeführt, können jedoch zu gesundheitlichen Problemen führen - von Akne bis zu Leberschäden.

Bei herkömmlichen Supermarktprodukten bestehen solche Risiken nicht. Viele Konsumenten vergessen jedoch, dass die Shakes und Riegel zusätzliche Kalorien liefern, die nicht unbedingt gebraucht werden. „Alles was zusätzlich ist, ist ungünstig, weil wir ohnehin schon zu viel essen“, sagt Jürgen König. Aus geschmacklichen Gründen sei nichts dagegen zu sagen, aber besondere gesundheitliche Effekte solle man sich nicht erwarten.

Der Ernährungswissenschaftler empfiehlt zudem die Liste der Inhaltsstoffe und die Herkunft der Zutaten vor dem Kauf genauer anzusehen. Meistens handelt es sich um Proteine aus Soja oder Molkeerzeugnissen. Hinzukommen künstliche Aromen, Zucker, Süßstoffe und andere Stabilisatoren und Konservierungsstoffe. „Das sind Zusätze, die man vielleicht nicht haben will, deswegen sollte man sich darüber informieren, was in diesen Produkten drin ist“, so König.

Marlene Nowotny, help.ORF.at

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