Wie man Datensammlern das Leben schwermacht

Im Internet ist nichts privat. Dennoch: Manchmal mag man sich fragen, warum Onlineportale wie Amazon und Facebook persönliche Interessen so treffsicher einschätzen können. Möglich wird das, weil Unternehmen versuchen, persönliche Daten mittels ausgefeilter Überwachungsstrategien abzugreifen. Man kann Datenspionen das Leben aber zumindest ein bisschen komplizierter machen.

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Es wirkt schon fast wie „digitale Zauberei“. Gerade erst hat man auf Amazon ein Buch gekauft, schon bekommt man auf Facebook andere Werke des gleichen Autors angeboten. Eben erst hat man sich auf Google über hohen Blutdruck informiert, schon bekommt man auf seinem Gratis-E-Mail-Konto die entsprechenden Blutdrucksenker serviert. Werbeanzeigen scheinen im Netz oft genau auf den persönlichen Bedarf zugeschnitten zu sein. Aber wieso weiß Facebook eigentlich so genau, welche Produkte man auf Amazon begutachtet hat? Kann die Mannschaft um Mark Zuckerberg tatsächlich alles beobachten, was Facebook-User im Internet tun?

Tracker verfolgen uns quer durch das Netz

In gewisser Weise schon, sagt Joe Pichlmayr, Geschäftsführer von Ikarus-Security-Software. Schließlich gebe es eine Reihe von Firmen, die nichts anderes täten, als Daten aus den unterschiedlichsten Quellen zu sammeln und zusammenzuführen. Diese öffentlich kaum bekannten Firmen entwickeln Tracker. Tracker sind kleine Programme, die auf diversen Websites implementiert sind, und die bei einem Abruf all diese Daten ihren Kunden zur Verfügung stellen können. Zu diesen Kunden zählen beispielsweise Onlinehändler. Unternehmen wie Google bieten daneben auch eigene Tracker an, die man sogar als Privatanwender installieren kann, etwa um zu überprüfen, wie viele Personen ein Webangebot genutzt haben.

Auge in dem sich ein Facebook Logo spiegelt

dpa - Bildfunk

Big Brother is watching you: der gläserne Mensch im Internet

Tracker verfolgen die Anwender quasi quer durch das Netz und protokollieren das Nutzerverhalten. Sie beobachten, welche Websites wir uns ansehen, welche Artikel wir lesen, welche Bilder und Videos uns interessieren. Oft sind zehn Tracker und mehr auf einer einzigen Website im Hintergrund aktiv. Da jeder Einzelne von ihnen wiederum auf Hunderten Websites installiert ist, wird es möglich, die unterschiedlichen Informationen abzugleichen und mit wachsender Treffsicherheit einem einzelnen Anwender zuzuordnen. Sicherheitsexperte Pichlmayr schätzt, dass über jeden durchschnittlichen Websurfer an die 200 verschiedenen Nutzerprofile im Netz zur Verfügung stehen.

Spezielle Software kann Datenspione sichtbar machen

Die Verknüpfung dieser Daten ermöglicht es einem Unternehmen, ein genaues Kundenprofil zu erstellen, um dem Verbraucher eine individuell maßgeschneiderte Produktpalette anbieten zu können. In letzter Konsequenz lassen sich sogar Produkte entwickeln, für die bereits im Vorfeld die Nachfrage erhoben werden konnte. Möglich sei ein solch personalisiertes Kundenservice im großen Stil allerdings nur mit einer möglichst flächendeckenden Netzüberwachung, ohne dass der einzelne Anwender es mitbekommt, so Sicherheitsexperte Pichlmayr. Mit spezieller Software könne man diese unsichtbaren Datenspione sichtbar machen und deaktivieren.

Zwar surft man damit noch lange nicht anonym: Auch mit Anti-Tracking-Diensten werden der Website, die man besucht, die IP-Adresse, die Browserversion, der Ort und möglicherweise sogar die installierten Add-ons und die verwendete Schriftart übermittelt. Aber eben nur dieser einen Website. Die deaktivierten Tracker können die Informationen nicht mehr an andere Webanbieter weitergeben.

Browsereinstellungen können Privatsphäre erhöhen

Vollständige Anonymität im Netz bleibe zwar eine Illusion, so Pichlmayr, schließlich trage fast jeder mit dem Smartphone den eigenen höchstpersönlichen Überwachungscomputer bei sich. Dennoch sollte man zumindest versuchen, den Datensammlern das Leben ein bisschen schwerer zu machen. Und das kann man auch.

Frau mit Laptop

Fotolia/Antonioguillem

Im Privatmodus surft es sich ein wenig unbeobachteter

Sinnvoll sei es, seinen Browser immer im Privatmodus zu betreiben und außerdem nach jeder Session komplett zu beenden, sprich keine Tabs offen zu lassen, die dann bei einem Neustart des Browsers automatisch geladen werden. Außerdem sollte man genau überlegen, welches Cookie man zulasse und welches nicht, so der Sicherheitsexperte.

Experte: Nur ausgewählte Cookies zulassen

Ähnlich wie Tracker sind auch Cookies kleine Programme, die von Webanbietern auf einem Rechner abgelegt werden. Das Cookie kann helfen, schneller zu den Inhalten zu gelangen, die für den bestimmten Anwender interessant sind. Etwa zu den Lieblingsclips auf einer Videoplattform oder zur persönlichen Produktauswahl in einem Onlineshop. Der Nachteil sei aber, dass Cookies meistens einen wesentlich größeren Datenhunger entwickeln, als das manchem Anwender lieb sein könnte, so Pichlmayr.

Anwender, die Cookies mit Hilfe ihrer Browsereinstellungen blockieren, werden in letzter Zeit häufig auf Websites darüber informiert, dass Cookies verwendet werden. Will man die Seite benutzen, bleibt meist nichts anderes übrig, als ihrem Einsatz zuzustimmen. Das sei in der Regel aber unbedenklich, so Pichlmayr. Die Browsereinstellungen würden in so einem Fall nur temporär beeinflusst. Die generellen Sicherheitseinstellungen bleiben intakt und sind nach Verlassen der betreffenden Website wieder aktiv.

Etwas mehr Privatsphäre im Netz ist immer verbunden mit einem gewissen Verlust an Bequemlichkeit. Wer Cookies auf seinem Rechner standardmäßig nicht zulässt, der kommt eben nicht so schnell in das speziell auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnittene Internet. Dafür erhält man einen Teil der Kontrolle über die eigenen Daten zurück. Mit durchdachten Browsereinstellungen und bestimmter Zusatzsoftware könne man den gläsernen Menschen auch heute noch zumindest ein wenig undurchsichtiger machen, so Pichlmayr. Letztlich müsse einem aber bewusst sein, dass man der digitalen Überwachung nicht vollständig entgehen könne, selbst wenn man versuche, den Datenabfluss so gering wie möglich zu halten: Digitale Überwachung „passiert in einem Ausmaß, die unsere Vorstellungen bei Weitem übersteigt“.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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