Smart Meter: Untersuchung attestiert Messabweichungen

Eine niederländische Untersuchung zur Messgenauigkeit von Smart Metern sorgt für Aufregung. Die Werte sollen bis zu 600 Prozent über dem tatsächlichen Verbrauch gelegen haben. Seitens der Regulierungsbehörde E-Control ist man um Beruhigung bemüht. Die Ergebnisse seien für Österreich nicht relevant. Verbraucherschützer stehen den neuen smarten Strommessgeräten dennoch kritisch gegenüber.

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Die Universität Twente im niederländischen Enschede hat auf ihrer Webseite Untersuchungsergebnisse zur Messgenauigkeit digitaler Stromzähler, so genannter Smart Meter, veröffentlicht. Die Messwerte zeigen erhebliche Ungenauigkeiten auf. Bei einem Modell sollen sie 582 Prozent über dem tatsächlichen Verbrauch gelegen haben. Bei der Regulierungsbehörde E-Control will man die Ergebnisse nicht überbewerten.

Hohe Abweichungen bei Energiespargeräten

Aus der Sicht von E-Control-Vorstand Andreas Eigenbauer wurden die Ergebnisse medial überbewertet. Die Geräte seien unter Extremsituationen getestet worden, so Eigenbauer. Es sei primär darum gegangen, Messverfahren zu vergleichen, um herauszufinden, welches die genausten Ergebnisse liefern würde. Daher hätte man bewusst Zähler ausgesucht, die verschiedene Messverfahren verwenden würden. Darunter vor allem ältere Modelle: Das Gerät welches die größte Abweichung von 582 Prozent gezeigt habe, sei aus dem Jahr 2009.

Besonders unpräzise verliefen die Messungen übrigens bei Energiespargeräten. Die größten Abweichungen habe es nach Angaben der Universität bei einer Anordnung gegeben, bei der eine Reihe von Dimmern mit Energiesparlampen und LED Birnen gekoppelt wurde. Die Tester gehen daher davon aus, dass die Geräte nicht auf moderne Schaltelemente abgestimmt sind. Andreas Eigenbauer sieht in der Untersuchung dennoch eher eine wertvolle Hilfestellung für die Netzbetreiber als einen Grund zur Panik. Das Ergebnis habe zu niedrige, zu hohe aber auch korrekte Messungen geliefert. Man müsse daher darauf achten, dass in Österreich nur Modelle zum Einsatz kommen, die ein präzises Messverfahren anwenden, um Abweichungen gering zu halten, so Eigenbauer.

Eichamt für Überprüfung und Zulassung zuständig

Welche Geräte aber letzten Endes eingekauft werden, ist Sache des Netzbetreibers. Dieser könnte theoretisch auch Zähler anschaffen, die ein schlechtes Messergebnis erzielt haben. Kontrolliert werde das nicht, und auch der Konsument habe keinen Einfluss auf die Gerätewahl. Bei der E-Control geht man aber davon aus, dass kein Netzbetreiber ein Interesse daran haben kann, bewusst veraltete und ungenaue Zähler anzuschaffen. Man setzt also auf Selbstkontrolle. Im Übrigen vertraut man bei der E-Control auf das Eichamt, das in Österreich für die Überprüfung und Zulassung der Zähler zuständig ist.

Smart Meter

E-Control

Smart Meter wissen mehr, als ihre analogen Vorgänger

Grundsätzlich würden auch analoge Messgeräte gewisse Ungenauigkeiten aufweisen, so Eigenbauer. Ähnlich wie eine Zapfsäule an der Tankstelle seien daher auch Stromzähler einer ständigen Eich- und Prüfüberwachung unterworfen. Die Fehlertoleranz betrage lediglich wenige Prozentpunkte.

Taktgenaue Abrechnung bringt Vor- aber auch Nachteile

Noch sind nur wenige österreichische Haushalte mit Smart Metern ausgestattet. Bis spätestens 2019 sollen es aber mindestens 95 Prozent sein. Konsumentenschützer warnen schon länger vor den „smarten Spionen“. Diese können Stromwerte im 15 Minuten Takt liefern. Stromanbieter wüssten also schon bald genau, wer um welche Tageszeit wie viel Energie verbraucht. Von der zeitnahen Abrechnung profitieren Konsumenten insofern, als Sie Ihren Bedarf besser einschätzen können und überraschende Nachverrechnungen wohl der Vergangenheit angehören. Andererseits könnte diese Transparenz aber auch zu dynamischen Preisanpassungen führen, bei denen sich die Höhe des Strompreises am individuellen Kunden und seinem Verbrauch orientiert. In Zeiten, in denen ein Kunde viel Strom benötigt, könnten die Preise also entsprechend nach oben gehen, so die Befürchtung.

Bei den Netztarifen, für deren Regulierung die E-Control verantwortlich ist, seien derartige Preiserhöhungen nicht geplant, so Eigenbauer. Anders sei das in dem Bereich der nicht amtlich geregelt ist. Bei der Preisgestaltung hätten die Energiehändler selbstverständlich freie Hand. Hier sei der Konsument gefordert, zwischen den verschiedenen Angeboten das passendste auszuwählen.

Konsumentenschützer haben Sorge um den Datenschutz

Weitere Kritikpunkte am Smart Meter betreffen den Daten- und Persönlichkeitsschutz. Wäre es etwa möglich, anhand des Stromverbrauchs Verbraucherprofile zu erstellen? Könnte man beispielsweise eine Schlafstörung feststellen, wenn eine Person kontinuierlich über einen längeren Zeitraum gegen drei Uhr in der Nacht die Nachttischlampe aufdreht? Eine Änderung des Stromverbrauchs hinsichtlich der Menge könne man mit den neuen Geräten tatsächlich recht genau und zeitnah erfassen, meint Eigenbauer. Nun käme es aber darauf an, die Ergebnisse zu interpretieren: „Was steckt hinter 100 Watt mehr?“ Ob dieser höhere Strombedarf nun auf eine Glühlampe, eine Waschmaschine oder eine Sprinkleranlage im Garten zurückzuführen sei, könne man per se nicht feststellen, meint der E-Control-Vorstand.

Größere Zusammenhänge ließen sich aber wohl durchaus herstellen, so Eigenbauer. Etwa wann die Österreicher im Schnitt aufstehen oder in die Arbeit fahren. Wann man zu Mittag das Essen kocht und wann man am Abend ins Bett geht.

Opt-Out-Option: Kunden können Umstieg verweigern

Wer den intelligenten Stromzählern eher skeptisch gegenübersteht, kann sich von der Umstellung ausnehmen lassen. Es gibt eine Opt-Out-Option. Dazu muss ein Kunde, nachdem ihm die Umstellung angekündigt wurde, beim Netzbetreiber aktiv werden. Dies könnte die Netzbetreiber aber in eine Zwickmühle bringen. Diese sind nämlich verpflichtet, die gesetzlich vorgegebene Quote von 95 Prozent Smart-Meter-Haushalte bis 2019 zu erfüllen. Sollten plötzlich mehr als fünf Prozent der Konsumenten sich gegen den Smart Meter entscheiden, würde das wohl intensive Diskussionen mit den Netzbetreibern nach sich ziehen, meint Eigenbauer. Diese seien angehalten, den Kunden von den Vorteilen der digitalen Stromzähler zu überzeugen.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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